Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die minderjährige Klägerin nimmt die Beklagte wegen drei, vermeintlich zu Unrecht erfolgter Quarantäneanordnungen auf Schmerzensgeld in Anspruch. Im Einzelnen:

Die seinerzeit 5jährige Klägerin besuchte im Frühjahr 2021 die private Kindertageseinrichtung „D” in E, dort den Treffpunkt 5. In dieser Zeit kam es zu Covid-19 Infektionen innerhalb der Einrichtung, welche zur Anordnung von Quarantänemaßnahmen auch gegen die Klägerin führten, wobei die Klägerin als Ansteckungsverdächtige in Anspruch genommen wurde.

So ordnete die Beklagte mit Bescheid vom 03.03.2021 eine häusliche Quarantäne für den Zeitraum 25.02. bis einschließlich 04.03.2021 an, nachdem am 22.02.2021 ein Kind des Treffpunktes 4, G, mittels PCR-Test positiv auf das Coronavirus getestet worden war.

Mit Bescheid vom 08.04.2021 ordnete die Beklagte erneut eine häusliche Quarantäne der Klägerin an, diesmal für den Zeitraum 05.04. (Ostermontag) bis einschließlich 14.04.2021. Ob dieser Anordnung eine Infektion eines Kindes aus dem Treffpunkt 5 – so die Beklagte – oder aus einem anderen Treffpunkt zu Grunde lag, ist zwischen den Parteien streitig.

Im Mai 2021 waren 2 Kinder aus dem Treffpunkt 5 mittels PCR-Test positiv auf das Coronavirus getestet worden: H am 07.05.2021 und I am 09.05.2021. Die Beklagte ordnete daraufhin mit Bescheid vom 14.05.2021 erneut die häusliche Quarantäne der Klägerin an und zwar für den Zeitraum 11.05. bis einschließlich 21.05.2021.

Die vorgenannten Bescheide wurden mit der Post an die Erziehungsberechtigten der Klägerin versandt. Zuvor waren über die Kindertageseinrichtung entsprechende Quarantäneanordnungen durch den J ergangen. Ob darüber hinaus die Beklagte vorab mündlich Quarantäneanordnungen gegenüber den Eltern der Klägerin vornahm, ist streitig. Rechtsmittel oder sonstige Einwendungen erhoben die Eltern der Klägerin weder gegen die Anordnungen des J noch gegen die vorgenannten Anordnungen der Beklagten.

Die Klägerin behauptet, sie habe sich in den vorgenannten Zeiträumen über die Dauer von insgesamt 28 Tagen ordnungsgemäß im häuslichen Bereich isoliert. Neben sozialen Einschränkungen sei sie infolge der Quarantäne erheblichen psychischen Belastungen, wie Frustration, Schlafproblemen, Erschöpfung, Depression und Angstzuständen ausgesetzt gewesen. Langfristig drohe eine posttraumatische Belastungsstörung infolge der dreimaligen häuslichen Absonderung. Nicht nur sie, sondern die gesamte Familie habe unter der Situation gelitten, sei gestresst und gereizt gewesen. Zudem habe sie – mit Ausnahme eines Gartens hinter dem Haus – keinen Zugang zur Natur gehabt; ein Vitamin D Mangel sei entstanden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die vorgenannten Beeinträchtigungen seien von der Beklagten mit einem Schmerzensgeld von mindestens 250,00 EUR täglich für die Gesamtdauer von 28 Tagen, insgesamt also mindestens 7.000,00 EUR zu entschädigen, da die Quarantäneanordnungen rechtswidrig gewesen seien. Ein positiver PCR-Test sei grundsätzlich zum Nachweis einer Infektion ungeeignet, insbesondere treffe er keine Aussage über aktive Erreger, so dass bereits das Vorliegen einer Infektion bei der Indexperson fraglich sei. Zudem habe es die Beklagte unterlassen, Ermittlungen zum konkreten Ansteckungsverdacht der Klägerin aufzunehmen und – rechtswidrig – Negativnachweise der Klägerin mittels PCR-Test außer Acht gelassen. Die – unstreitig – unterbliebene vorherige Anhörung der Eltern, des Jugendamtes oder des Familiengerichts sei ebenso zu beanstanden, wie eine Freiheitsentziehung nicht ohne richterliche Anordnung ergehen dürfe. Ohnehin seien die Maßnahmen unverhältnismäßig gewesen: Es hätten mildere Mittel zur Verfügung gestanden und es sei unberücksichtigt geblieben, dass das Sterblichkeitsrisiko bei Kindern bei 0,02% gelegen habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 7.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.09.2021 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die getroffenen Absonderungsanordnungen seien rechtmäßig gewesen. Ohnedies seien Ansprüche ausgeschlossen, da es die Klägerin schuldhaft verabsäumt habe, Primärrechtsschutz nachzusuchen.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Das Begehren der Klägerin wird weder durch §§ 839 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 34 GG getragen, noch bestehen andere Anspruchsgrundlagen.

I.

Ein An...

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