Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragbarkeit der sog. "Faktorrechtsprechung" auf Computerspiele; Deckelung der Rechtsanwaltskosten bei Zugänglichmachen von urheberrechtlich geschützten Werken über das Internet

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die sog. "Faktorrechtsprechung" des Bundesgerichtshofs zu Rechtsverletzungen durch Filesharing von Musikstücken (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, I ZR 19/14) ist auf Computerspiele übertragbar.

2. Es genügt für die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes des § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG nicht, dass der private Nutzer ein urheberrechtlich geschütztes Werk über das Internet zugänglich mache. Vielmehr bedarf es einer besonderen Häufigkeit oder eines qualifizierten Verstoßes, welcher die Berechnung des Erstattungsanspruchs nach einem höheren Gegenstandswert rechtfertigt. Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus Art. 14 der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004/48/EG).

 

Normenkette

UrhG § 97 Abs. 2, § 97a Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG H. (Aktenzeichen 13 O 27/19)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der

13. Zivilkammer des Landgerichts H. vom 15. Januar 2019 teilweise abgeändert und dem Beklagten für die erste Instanz ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er sich gegen den Klageantrag zu 2 in Höhe von 1.673,50 EUR sowie gegen den Klageantrag zu 5 in Höhe von 860,60 EUR jeweils zzgl. darauf entfallender Zinsen sowie insgesamt gegen Zinsansprüche für die Zeit vor dem 21. Juni 2018 verteidigt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, wobei die Gebühr gemäß KV-GKG Nr. 1812 auf die Hälfte ermäßigt wird. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht innerhalb der einmonatigen Notfrist (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Die gegen den Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts vom 26. Februar 2019 (Bl. 91 ff. d.A.) vorgebrachten Einwendungen des Beklagten in seiner ergänzenden Beschwerdebegründung vom 28. März 2019 (Bl. 106 ff. d.A.) greifen nur im Hinblick auf einen Teil der gegen ihn geltend gemachten Zahlungsansprüche durch.

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten durfte das Landgericht für die Erfolgsprognose gemäß § 114 ZPO auf den Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der erlassenen Entscheidung abstellen, weil Entscheidungsreife hinsichtlich des Prozesskostenhilfegesuchs erst dann eintritt, wenn die antragstellende Partei es schlüssig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und der Gegner Gelegenheit gehabt hat, sich zu dem Gesuch zu äußern (vgl. Geimer in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 119 Rn. 44 m.w.N.). Die Stellungnahme der Klägerin auf den Prozesskostenhilfeantrag aus der Klageerwiderung ist hier erst mit der Replik erfolgt; im Übrigen hat der Beklagte auch zunächst keine vollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.

2. Das Verteidigungsvorbringen des Beklagten hat hinsichtlich eines Teils des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs sowie des Aufwendungsersatzanspruchs für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und der jeweils auf beide Positionen entfallenden Zinsansprüche Aussicht auf Erfolg, so dass der angefochtene Beschluss insoweit abzuändern und dem Beklagten teilweise Prozesskostenhilfe zu bewilligen war.

Im Einzelnen gilt hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche Folgendes:

a) Der Klägerin steht der mit dem Antrag zu 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu.

Der Beklagte bestreitet nicht, urheberrechtlich geschützte Rechte der Klägerin verletzt zu haben. Die Wiederholungsgefahr ergibt sich - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - aus dem Umstand, dass der Beklagte die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung verweigert. Eine bereits begangene Rechtsverletzung indiziert die Wiederholungsgefahr. Die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - wie hier durch das behauptete Fehlen eines Internetanschlusses - berührt die Wiederholungsgefahr nicht (vgl. BeckOK UrhR/Reber, 23. Edition 2018, § 97 UrhG Rn. 93 f.).

Die vom Beklagten in erster Instanz erhobene Einrede der Verjährung greift aus den vom Landgericht angeführten zutreffenden Gründen nicht durch. Insoweit greift der Beklagte den angefochtenen Beschluss mit der Beschwerdebegründung vom 28. März 2019 auch nicht mehr an.

Die Androhung von Ordnungsmitteln folgt aus § 890 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Insofern besteht entgegen der Auffassung des Beklagten kein Zusammenhang zu der Frage der - vom Beklagten aus den o.g. Gründen unzutreffend verneinten - Wiederholungsgefahr.

b) Die Verteidigung des Beklagten gegen den mit dem Antrag zu 2 geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Klägerin hat zwar dem Grunde nach keine Aussicht auf Erfolg, jedoch hat d...

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