Leitsatz (amtlich)

Sind in der Sphäre des Anwalts bei vorzeitiger Beendigung des Pachtvertrages fällig werdende Ansprüche des Pächters verjährt, hat er dem Mandanten Schadensersatz u.a. in Höhe des Werts der bei Beendigung nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung noch nicht getrennten Früchte (Halmtaxe) zu leisten. Der Wert ist anhand einer Schätzung nach dem Bestand bei Beendigung des Pachtverhältnisses unter Berücksichtigung des Ernterisikos zu ermitteln. Auf den tatsächlich erzielten Ertrag nach Trennung der Früchte kommt es nicht an.

 

Normenkette

BGB §§ 591b, 596a

 

Verfahrensgang

LG Stade (Beschluss vom 20.04.2010; Aktenzeichen 2 O 437/09)

 

Tenor

Die (sofortige) Beschwerde der Antragsteller vom 25.5.2010 gegen den ihnen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Stade vom 20.4.2010 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung der Kammer vom 9.6.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragstellern auferlegt; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner Schadensersatz wegen Pflichtverletzung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages.

Die Antragsteller, die auf der Grundlage des Pachtvertrages vom 1.3.1996 (Anl. K 1, Bl. 56 ff. d.A.) den Hof "M." bewirtschafteten, beauftragten den Antragsgegner mit ihrer Vertretung u.a. in einem vor dem AG Otterndorf (Landwirtschaftsgericht) geführten Verfahren. Darin ging es um die Wirksamkeit der vom Verpächter wegen Zahlungsverzuges zum Oktober 2004 ausgesprochenen Kündigung des Pachtvertrages. In diesem Verfahren wurden die Antragsteller mit Beschluss vom 3.11.2004 zur Räumung des Pachtobjekts verpflichtet; ihre hiergegen gerichtete Berufung wurde mit Beschluss des OLG Celle (Landwirtschaftssenat) vom 21.3.2005 zurückgewiesen. Nach diversen Rechtsbehelfen gegen die Zwangsräumung wurden die Antragsteller schließlich am 18.5.2005 aus dem Besitz der Pachtsache gesetzt. In einem weiteren Verfahren, in dem der Verpächter die Antragsteller auf Zahlung rückständigen Pachtzinses in Anspruch genommen hat, ist auf der Grundlage ihres Anerkenntnisses am 2.5.2005 ein Anerkenntnisurteil i.H.v. 19.208,40 EUR ergangen. Nach Maßgabe eines vom Verpächter eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. agr. Dr. B. E. vom 5.6.2005 (Anl. B 4, Bl. 25 ff. d.A.), in dem dieser den - wegen des vor Ende des Pachtjahres zum 30.9.2005 beendeten Pachtverhältnisses - bestehenden Anspruch auf Halmtaxe mit 3.865 EUR bewertet hat, ist dieser Betrag vom Verpächter mit seiner titulierten Forderung verrechnet worden. Ein beim AG Otterndorf vom derzeitigen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller gestellter Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen den ehemaligen Verpächter auf Zahlung von Halmtaxe i.H.v. 53.328,20 EUR sowie Aufwendungsersatz für eine erstellte Drainage i.H.v. 35.500 EUR, wurde am 23.1.2009 mit der Begründung zurückgewiesen, dass Ansprüche am 17.11.2005 verjährt seien (Bl. 78 ff. d.A.), worauf sich der Verpächter auch berufen hat.

Die Antragsteller meinen, ihnen wäre der in dem Verlust der Forderungen für Halmtaxe und Aufwendungsersatz liegende Schaden (insgesamt 88.828,20 EUR) nicht entstanden, wenn der Antragsgegner rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen- Klageerhebung oder Aufrechnung in dem gegen den Verpächter geführten Prozess um den rückständigen Pachtzins - ergriffen hätte. Den Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens von 88.828,20 EUR verlangen sie mit der beabsichtigten Klage vom Antragsgegner.

Dieser hat eingewandt, dass es den Antragstellern bei der Auseinandersatzung mit ihrem Verpächter in erster Linie darum gegangen sei, bis zum 17.5.2005 im Besitz der Pachtflächen zu bleiben, um die zu dem Stichtag anfallenden EU-Mittel für sich zu vereinnahmen. Der Anspruch auf Halmtaxe und weitere Ansprüche hätten deshalb nur als Druckmittel dienen sollen, um eine Verlängerung des Pachtvertrages zu erreichen. Überdies seien die von den Antragstellern geltend gemachten Ansprüche übersetzt; zutreffend seien vielmehr die vom Sachverständigen von Essen für angemessen erachteten Beträge.

Das LG hat einen den vom Sachverständigen für angemessen erachteten Betrag von 3.865 EUR übersteigenden Anspruch auf Halmtaxe nicht für substantiiert dargelegt gehalten. Das gelte ebenso für behauptete Aufwendungen betreffend der erstellten Drainage, deren Wert lediglich mit 480 EUR pro Hektar pauschal behauptet worden sei.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie ihr Vorbringen wiederholen und vertiefen, insbesondere meinen, das Gutachten zur Höhe der ihnen zustehenden Halmtaxe sei fehlerhaft. Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. §§ 567, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingegangene (sofortige) Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg. Die Antragsteller haben keine Tatsachen vorgetragen, die ...

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