Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 05.08.2005; Aktenzeichen 6 O 601/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.8.2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf - 6 O 601/04 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Auszahlung von Gutschriften, die der Klägerin aufgrund des am 2.11.2001 abgeschlossenen Mobilfunkvertrag über 115 sog. SIM-Karten erteilt wurden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag betreffend die Auszahlung der in dem Vertrag so bezeichneten "Gutschrift statt Handy" i.H.v. 250 DM je SIM-Karte weiter.

Sie macht geltend, die Klägerin habe offensichtlich von Beginn des Vertragsverhältnisses an nicht vorgehabt, die erworbenen Mobilfunkkarten vertrags- und bestimmungsgemäß zu nutzen. Die vertragliche Vereinbarung "Gutschrift statt Handy 250 DM pro Vertrag/SIM-Karte" sei eine Kulanzgutschrift im Sinne von Ziff. 4.8 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Sie beantragt, unter teilweiser Abänderung des Urteils des LG die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Ansicht des LG vermag der Senat nicht bereits aufgrund des Inhalts der handschriftlich in das Vertragsformular der Klägerin eingefügten Klausel "Gutschrift statt Handy 250 DM pro Vertrag/pro SIM-Karte" festzustellen, dass der Klägerin nach den vertraglichen Vereinbarung der Parteien ein Anspruch auf Barauszahlung für den Fall zustehen sollte, dass die "Gutschriften" bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht durch Verrechnung mit Nutzungs- und Verbindungsentgelten, die durch die Nutzung der SIM-Karten anfielen, aufgebraucht sein würden. Wird - wie im Streitfall - im Rahmen der Akquisition eines Mobilfunkkunden zu Beginn des Vertragsverhältnisses eine "Gutschrift" ohne vorherige vertragliche Verpflichtung des Mobilfunkanbieters gewährt, ist dies nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) dahin zu verstehen, dass die künftig für die Nutzung des Mobilfunkanschlusses und die Herstellung von Mobilfunkverbindungen entstehenden Entgelte mit dem Gutschriftenbetrag verrechnet werden, dem Kunden also bis zu dessen Erreichen eine unentgeltliche Nutzung des Mobilfunknetzes des Anbieters ermöglicht wird. Dass eine derartige Gutschrift, die nicht aufgrund einer vorangegangenen Leistung des Kunden, sondern ohne vorherige vertragliche Verpflichtung freiwillig zu Beginn des Vertragsverhältnisses gewährt wird, in dem Fall, dass sie nicht durch Verrechnung mit Entgelten erloschen ist, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgezahlt werden muss, ist dem schriftlichen Vertragstext nicht zu entnehmen. Entgegen der Ansicht des LG folgt dies nicht aus dem Umstand, dass die Gutschrift anstelle eines Handys gewährt wurde. Bei dem Neuabschluss von Mobilfunkverträgen insb. mit Privatkunden ist es vielfach üblich, dass Mobiltelefongeräte dem Kunden gleichsam als "Zugabe" ohne oder nur gegen ein geringes Entgelt zum endgültigen Verbleib überlassen werden, dieser sie also auch dann nicht zurückgeben muss, wenn entgegen der hiermit verbundenen Erwartung des Mobilfunkanbieters keine aktiven Gespräche geführt werden und deshalb keine Verbindungsentgelte anfallen. Aus dieser Praxis folgt aber nicht, dass dann, wenn eine Einigung darüber getroffen wird, dass anstelle eines "subventionierten" Handys eine (weitere) Gutschrift eingeräumt werden soll, diese dem Kunden unabhängig davon, ob der gutgeschriebene Betrag durch Leistungen des Mobilfunkanbieters im Verlauf des Vertragsverhältnisses erschöpft wird, zur freien Verfügung zufließen soll. Die Vereinbarung einer Gutschrift statt eines Handys bedeutet keinen Verzicht auf einen vertraglich begründeten Anspruch auf Übereignung eines Handys, der durch einen zur freien Verfügung stehenden Geldbetrag vergütet werden müsste. Insbesondere im Privatkundenbereich stellt die von den Mobilfunkanbietern im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mobilfunkvertrages eingeräumte Möglichkeit, nahezu kostenlos ein Handygerät zu erwerben, einen Anreiz zum Abschluss des Mobilfunkvertrags dar. Der Übereignungsanspruch entsteht aber erst nach Abschluss eines entsprechenden Vertrags. Wenn, wie hier, ein Geschäftskunde von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, sondern eine andere Vertragsgestaltung wählt, verzichtet er daher nicht a...

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