Leitsatz (amtlich)

1. Verwendet der Betreiber eines Blockheizkraftwerks ein Gemisch aus zertifiziertem und nicht zertifiziertem Palmölraffinat zum Betrieb der Anlage, verliert er für den eingespeisten Strom auch dann die Ansprüche auf die Grundvergütung, den KWK-Bonus und den Nawaro-Bonus, wenn er dem Anlagentank für die Erzeugung des Stroms weniger Palmölraffinat entnommen hat als sich an zertifiziertem Palmölraffinat im Lagertank befand.

2. Das Massenbilanzsystem darf nur auf der Hersteller- und der Lieferantenebene von flüssigen Biomasse, nicht aber auf der Ebene der Anlagenbetreiber angewendet werden.

3. Auf der Hersteller- und auf der Lieferantenebene darf unter Einhaltung der Vorgaben von §§ 15, 16 BioSt-NachV bzw. § 17 BioSt-NachV eine Vermischung von zertifizierter und nicht zertifizierter Biomasse erfolgen. Auf der Ebene der Anlagenbetreiber darf dagegen keine Vermischung von zertifizierter und nicht zertifizierter Biomasse im Anlagentank erfolgen, weil sonst nicht gewährleistet wäre, dass nur zertifizierte Biomasse zur Stromerzeugung eingesetzt wird.

 

Normenkette

EEG 2009 § 16 Abs. 1, § 27 Abs. 1, § 64 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; EEG 2009 § Abs. 2 Nr. 1; EEG 2009 § 66 Abs. 1; EEG 2004 § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Nr. 2, § 8 Abs. 2. S. 1 Nr. 1a, Abs. 3; BioSt-NachV §§ 1, 2 Abs. 1 S. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3, §§ 10, 11 S. 1, § 3 S. 2 Nr. 1, §§ 14-17

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 14.01.2014; Aktenzeichen 24 O 38/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.10.2016; Aktenzeichen VIII ZR 141/15)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.1.2014 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Duisburg (24 O 38/13) wird zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin handelt mit Biokraftstoffen und betreibt seit dem Jahr 2006 ein Blockheizkraftwerk in Straelen.

Im Jahr 2011 erzeugte das Blockheizkraftwerk aus flüssiger Biomasse 15.683 kWh Strom und speiste ihn in das Stromnetz der Beklagten ein. Die zur Stromerzeugung verwendete flüssige Biomasse, nämlich insgesamt 3.509 kg Palmölraffinat, entnahm die Klägerin einem Anlagentank, in dem sich am 31.12.2010 insgesamt 14.638 kg Raffinat befanden, von denen 10.092 kg als nachhaltig zertifiziert und 4.546 kg nicht als nachhaltig zertifiziert waren.

Die Beklagte verweigerte der Klägerin die Zahlung der sog. EEG-Grundvergütung, des Nawaro-Bonus (nachwachsende Rohstoffe-Bonus) und des KWK-Bonus (Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus) für das Jahr 2011 i.H.v. insgesamt 3.058,19 EUR, weil die Klägerin ihr keinen Nachhaltigkeitsnachweis nach den Vorschriften der BioSt-NachV (Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von flüssiger Biomasse zur Stromerzeugung - Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung) für den gesamten Tankinhalt von 14.638 kg, sondern nur für 10.092 kg vorlegte. Ferner erklärte sie, dass der Nawaro-Bonus nicht nur für das Jahr 2011, sondern auch für die Folgejahre entfalle.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, sie müsse keinen Nachhaltigkeitsnachweis für den gesamten Tankinhalt vorlegen, weil sie aus dem Anlagentank weniger zertifiziertes Palmölraffinat zur Stromerzeugung verbraucht habe als darin enthalten gewesen sei. Dass im Anlagentank auch nicht zertifiziertes Palmölraffinat gewesen sei, welches sich mit dem zertifizierten Palmölraffinat gemischt habe, sei rechtlich bedeutungslos. Zur Begründung ihrer Auffassung beruft sie sich auf die Vorschriften der BioSt-NachV über das Massenbilanzsystem.

Die Beklagte hat erstinstanzlich demgegenüber die Auffassung vertreten, die Klägerin müsse einen Nachhaltigkeitsnachweis für den gesamten Tankinhalt vorlegen. Die Vorschriften der BioSt-NachV über das Massenbilanzsystem seien auf einen Anlagenbetreiber nicht anwendbar.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, ein Zahlungsanspruch bestehe nicht, weil die Klägerin zertifizierte und nicht zertifizierte Biomasse im Anlagentank gemischt habe. Daher entfalle die Grundvergütung und der KWK-Bonus für das Jahr 2011 sowie der Nawaro-Bonus für das Jahr 2011 und die Folgejahre. Entgegen der Auffassung der Klägerin reiche es nicht aus, dass nur ein Teil des Tankinhalts zertifiziert gewesen sei, auch wenn zur Stromerzeugung nur ein geringerer Teil des Tankinhalts verbraucht worden sei als zertifiziert gewesen sei. Die Vorschriften der BioSt-NachV betreffend das Massenbilanzsystem seien auf Anlagenbetreiber nicht anwendbar. Resultierend aus der Unbegründetheit des Zahlungsanspruchs seien auch die weiteren Klageanträge unbegründet.

Gegen dieses Urteil hat die K...

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