Wärmeabgabe aus Blockheizkraftwerk
Vor dem Schleswig-Holsteinischen FG wurde über die umsatzsteuerliche Behandlung der Abgabe von Wärme an die beiden Gesellschafter der Klägerin in den Streitjahren 2008 bis 2013 gestritten. Die Klägerin ist eine KG, die eine Biogasanlage mit angeschlossenem BHKW betreibt und damit Strom und Wärme produziert. Der im BHKW erzeugte Strom wird entgeltlich an den Netzbetreiber geliefert.
Abgabe von selbst produzierter Wärme
Zur Nutzung der im BHKW produzierten Wärme schloss die Klägerin im Oktober 2006 mit der E-GmbH einen Wärmeabnahmevertrag über die Lieferung von Wärme für Raumheizung und Warmwasser für die an das Wärmenetz angeschlossenen Gebäude zum Preis von 0,03 EUR/kWh (netto). Ein weiterer Teil der im BHKW produzierten Wärme wurde ab dem Streitjahr 2012 auf der Grundlage eines Versorgungsvertrags durch eine im Jahr 2011 gegründete beteiligungsidentische Schwestergesellschaft der Klägerin über eine Gasleitung an die G-GmbH geliefert. Die im BHKW produzierte Wärme wurde in den Streitjahren ferner in den landwirtschaftlichen Betrieben und den Privathäusern der Gesellschafter A und C sowie in den Vermietungsobjekten von A eingesetzt. Die Gesellschafter der Klägerin verfügten in den Streitjahren über eigene Ölheizungsanlagen, die jedoch nicht betrieben wurden. Ein Anschluss an die örtliche Erdgasleitung wäre jederzeit mit einem finanziellen Aufwand von 5.000 EUR bis 6.000 EUR, in dem die Anschaffung eines neuen Brenners eingeschlossen ist, möglich gewesen.
Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage
Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Wärmeabgabe an die Gesellschafter als unentgeltliche Wertabgabe anzusehen sei. Aufgrund des Fehlens eines Marktpreises sei die Bemessungsgrundlage dafür durch Ansatz des fiktiven Einkaufspreises zu ermitteln, da die Gesellschafter der Klägerin die Wärme ohne erheblichen Aufwand auch alternativ mit eigenen Heizungsanlagen hätten erzeugen können. Der fiktive Einkaufspreis wiederum sei auf Grundlage der Heizölpreise aus den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichen Energiedaten zu berechnen. Der so ermittelte fiktive Einkaufspreis lag in jedem Streitjahr deutlich über dem von der Klägerin präferierten Ansatz des marktüblichen Entgelts (0,03 EUR/kWh), der sich aus den Wärmelieferungen der Klägerin an die E- und die G-GmbH ergäbe.
Einkaufspreis ist maßgebend
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Zunächst stellte das Finanzgericht klar, dass sich die Bemessungsgrundlage für die streitige Wärmeabgabe an die Gesellschafter nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG (Einkaufspreis bzw. subsidiär die Selbstkosten) richtet. Dies unabhängig davon, ob es sich bei der Wärmeabgabe um eine entgeltliche Lieferung handelt oder um eine unentgeltliche Wertabgabe, da insoweit im Streitfall § 10 Abs. 4 UStG über § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG entsprechend anzuwenden sei. Die Wärmeabgabe ist nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG mit dem Einkaufspreis von 0,03 EUR/kWh zu bemessen.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem Einkaufspreis für die mit einem BHKW produzierte Wärme wird von der Rechtsprechung des BFH für zulässig erachtet, sofern dieser am Markt angeboten wird. Da die Klägerin in den Streitjahren die Wärme zum Preis von 0,03 EUR/kWh unter anderem an die E-GmbH veräußert hat, sei dieser Preis als Marktpreis heranzuziehen. Durch den Ansatz des Marktpreises für die selbst produzierte Wärme wird der Unternehmer quasi so behandelt, als habe er die Wärme – in gleicher Weise wie fremde Dritte – bei sich selbst eingekauft.
Allerdings stellt der vom Stromnetzbetreiber gezahlte KWK-Bonus (0,02 EUR/kWh für die im BHKW produzierte Wärme) entgegen der Auffassung der Klägerin kein Entgelt von dritter Seite für die Lieferung von Wärme an die Gesellschafter dar und ist damit nicht auf den fiktiven Einkaufspreis anzurechnen. Dies begründet sich aus der gesetzlichen Regelung im EEG, wonach der KWK-Bonus als Entgelt der Lieferung des in der Biogasanlage gewonnenen Stroms einzuordnen ist.
Vereinfachungsregelung im UStAE
Gemäß Abschnitt 2.5 Abs. 22 Satz 8 UStAE ist es aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer die unentgeltliche Wärmeabgabe nach dem bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreis des jeweiligen Vorjahres auf Basis der jährlichen Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (sog. Energiedaten) bemisst. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Vereinfachungsregelung für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach den Selbstkosten, die gegenüber der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem Einkaufspreis subsidiär ist. Ist ein Einkaufspreis feststellbar, kommt dieser zum Ansatz, zumindest wenn sich der Unternehmer gegen die (oftmals für ihn ungünstigere) Vereinfachungsregelung entscheidet. Da die Problematik noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, sind vergleichbare Rechtsbehelfsverfahren bis auf Weiteres offenzuhalten.
Revision beim BFH
Gegen das Besprechungsurteil ist das Revisionsverfahren anhängig, Az beim BFH XI R 38/20. Hier muss der BFH nun konkret entscheiden, nach welcher Methode die Bemessungsgrundlage für die Entnahme von Wärme aus dem Betrieb eines BHKW zu ermitteln ist.
Kein Einkaufspreis ermittelbar
Gelangt man zu der Auffassung, dass sich ein Einkaufspreis nicht ermitteln lässt, richtet sich die Umsatzversteuerung für die Wärmeabgabe ggf. nach den Selbstkosten. Wie diese im Detail aufzuteilen bzw. zuzuordnen sind (nach der sogenannten Marktwertmethode oder energetischen Methode), ist ebenfalls streitanfällig (vgl. hierzu ausführlich FG Münster Urteil vom 01.10.2019 - 15 K 1050/16).
Schleswig-Holsteinisches FG Urteil vom 24.11.2020 - 4 K 3/16
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