Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung angemessener Abfindung anhand Net Asset Value

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ermittlung der angemessenen Abfindung nach § 327b AktG i.V.m. § 62 Abs. 5 UmwG anhand des Net Asset Value (NAV) der Gesellschaft

 

Normenkette

AktG § 327 b; SpruchG § 1; UmwG § 62 Abs. .5

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 25.04.2019; Aktenzeichen 3-05 O 45/16)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2019 abgeändert.

Die auf die Heraufsetzung der gewährten Abfindung gerichteten Anträge der Antragsteller werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Auslagen des gemeinsamen Vertreters trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens werden einheitlich auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragsteller waren Aktionäre der X Aktiengesellschaft (im Folgenden X AG), deren Aktien im Regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard) notiert waren und seit dem 9. April 2015 im Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse (Entry Standard) und der Börsen in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart sowie im elektronischen Handelssystem XETRA und Tradegate gehandelt wurden. Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 10.400.000 EUR war in 10.400.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt, von denen sich am 19. Februar 2016 noch 811.696 Aktien im Streubesitz befanden. Hauptaktionärin war die damalige A AG (im Folgenden Y AG), deren Rechtsnachfolgerin mittlerweile auf die Antragsgegnerin verschmolzen ist. Die Antragsgegnerin befindet sich derzeit in Liquidation.

Die X AG mit Sitz in Stadt1 war im Handelsregister des Amtsgerichts Stadt1 eingetragen. Das Geschäftsjahr war das Kalenderjahr, der Gegenstand des Unternehmens bestand in dem Ankauf, Verkauf und der Vermittlung von Immobilien sowie der Vermittlung von Finanzierungen. Bei der Gesellschaft handelt es sich um eine Immobiliengesellschaft mit zahlreichen Tochtergesellschaften, deren maßgebliche "Geschäftsbereiche X Studentisches Wohnen" und "Dienstleistungen" waren, wobei die Gesellschaft einen wesentlichen Teil der gesamten Wertschöpfungskette abdeckte, nämlich vom Erwerb der Grundstücke über die Projektentwicklung inklusive Planung, Baurechtschaffung und Bau bis hin zum Halten und Bewirtschaften der realisierten Immobilien. Im Kerngeschäft X Studentisches Wohnen umfasste der bewirtschaftete Eigen- und Fremdbestand laut Halbjahresfinanzbericht der X AG insgesamt 2.597 Appartements, von denen sich 2.396 Einheiten in der Bewirtschaftung und 201 Einheiten im Bau bzw. in der Planung befanden. Von den 2.396 Wohnungen gehörten insgesamt 1.247 Einheiten zum Eigenbestand und 1.149 Einheiten zum Fremdbestand der X AG. Alle Einheiten wurden von der Gesellschaft selbst bewirtschaftet, wobei sich die Projekte in verschiedenen Hochschulstädten Deutschlands befanden. Bei dem Eigenbestand handelte es sich um Studentenwohnheime in Stadt2, Stadt1, Stadt3 und Stadt4.

Am 10. November 2014 machte die Y AG nach dem Erwerb der Kontrolle der Gesellschaft im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG ein öffentliches Pflichtangebot in Höhe von 1,02 EUR je Aktie der X AG, das mit Blick auf insgesamt 290.031 Aktien angenommen wurde. Hiernach verfügte die Y AG über 92,2 % der Aktien der X AG.

Mit Schreiben vom 10. August 2015 erfolgte eine abstrakte Absichtserklärung der Y AG, wonach sie eine Verschmelzung mit Ausschluss der Minderheitsaktionäre der X AG beabsichtige. Die Absicht wurde mittels Ad hoc Mitteilung am 4. September 2015 allgemein bekannt gegeben (vgl. S. 94 des Übertragungsberichts). Zum Zweck der Durchführung der beabsichtigten unternehmerischen Maßnahme beauftragte die Antragsgegnerin die Z GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Ermittlung des Unternehmenswertes der X AG und damit verbunden der Höhe der nach § 62 UmwG iVm § 327b AktG zu gewährenden Abfindung. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, bezüglich deren Ausführungen auf den zu den Akten gereichten Übertragungsbericht verwiesen wird (vgl. Anlage AG 1), ermittelte einen anteiligen Ertragswert von 1,42 EUR und einen Net Asset Value in Höhe von 1,49 EUR je Aktie. Dem Ertragswert lagen ein Basiszins in Höhe von 1,5 % nach Steuern, eine Marktrisikoprämie in Höhe von 5,5 % nach Steuern und ein mittels einer Peer group ermittelter Betafaktor unverschuldet in Höhe von 0,3 sowie ein Wachstumsabschlag in Höhe von 1,0 zugrunde.

Der umsatzgewichtete Börsenkurs 3 Monate vor der Ad hoc Mitteilung über die geplante Maßnahme am 3. September 2015 belief sich auf 1,70 EUR (vgl. Übertragungsbericht S. 94), weshalb eine Abfindung in dieser Höhe vorgeschlagen wurde. Die gerichtlich bestellte, sachverständige Prüferin, die C GmbH & Co.KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigte den Wert als angemessen, wobei auf den als Anlage AG 2 zu den Akte...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge