Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandskraft einer Fehlerfeststellung im Enforcement-Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Enforcement-Verfahren lediglich Widerspruch gegen eine Fehlerfeststellung der BaFin eingelegt, ohne dass dessen aufschiebende Wirkung angeordnet wird, darf auch die Fehlerhaftigkeit der nachfolgenden Rechnungslegungen erneut festgestellt werden, wenn der ursprünglich festgestellte Fehler in den nachfolgenden Rechnungslegungen bei sonst unveränderter Sachlage fortgesetzt wird und nachfolgend die Bestandskraft dieser Fehlerfeststellung eingetreten ist.

2. Jedenfalls mit Eintritt der Bestandskraft einer Fehlerfeststellung steht fest, dass die bisherige Rechnungslegung des betroffenen Unternehmens fehlerhaft ist und ohne nachfolgende Korrektur - die sich nach den materiellen Rechnungslegungsvorschriften richtet - bei unverändertem Sachverhalt auch eine Fehlerhaftigkeit der nachfolgenden Abschlüsse gegeben ist.

3. Jedenfalls die Bestandskraft einer Fehlerfeststellung im Enforcement-Verfahren erstreckt sich auch auf das Beschwerdeverfahren vor dem WpÜG-Senat.

 

Normenkette

WpHG §§ 37n, 27t, 37u, 37q; WpÜG § 50 Abs. 3; HGB §§ 290, 315a

 

Tenor

Die Verfahren WpÜG 1/16 und WpÜG 2/16 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin vom 19.1.2016 und vom 16.2.2016 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin über die Fehlerfeststellung vom 22.12.2015 (= WpÜG 1/16) und die Fehlerveröffentlichungsanordnung vom 11.2.2016 (= WpÜG 2/16) werden zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gegenstandswert: je 200.000,-- EUR; ab Verbindung 400.000,-- EUR.

 

Gründe

I.A. Die Antragstellerin bestand zunächst als A AG und firmierte später seit entsprechender Eintragung im Handelsregister am 14.8.2009 als B Land 1 AG (Handelsregister des AG Stadt1, HRB.1). Ihre Aktien waren erstmals ab dem 9.3.2005 an der Frankfurter Börse im regulierten Markt zum Handel zugelassen.

Als B Land1 AG informierte die Antragstellerin mit Ad-hoc-Meldung vom 17.2.2015 über ein Verfahren zum Ausschluss von Minderheitsaktionären (sog. Squeeze-out-Verfahren), in dessen Folge auf der Hauptversammlung vom 22.7.2015 die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf ihre Hauptaktionärin, die B. Holdings GmbH, beschlossen wurde; dies ist dann am 15.9.2015 im Handelsregisterblatt der Antragstellerin als B Land1 AG eingetragen worden. Am selben Tag beschloss die Frankfurter Wertpapierbörse die Aussetzung des Handels und die Notierungseinstellung der Aktien, veröffentlichte dann am 24.9.2015 ihren Beschluss über den Widerruf der Zulassung der Aktien zum regulierten Markt im Internet und widerrief die betreffende Zulassung mit Bescheid vom selben Tag.

Die Hauptversammlung der Antragstellerin hat dann am 16.11.2015 die formwechselnde Umwandlung der B Land1 von einer Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter deren jetziger Firma beschlossen. Die entsprechende Eintragung im Handelsregisterblatt der B Land1 AG erfolgte am 26.11.2015, genauso wie in dem neuen Handelsregisterblatt der Antragstellerin (nunmehr Handelsregister des AG Stadt1, HRB.2).

B. Vor dem erfolgten Formwechsel der Antragstellerin gab es bereits ein erstes Enforcement-Verfahren gegenüber der Antragstellerin, das im Wesentlichen wie folgt ablief:

In dem dortigen Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.11.2010 (nachfolgend auch: Fehlerfeststellung 2010) hat diese festgestellt, dass der Konzernabschluss der Antragstellerin zum 31.12.2007, der Lagebericht und Konzernlagebericht für das Geschäftsjahr 2007, sowie der verkürzte Abschluss zum 30.6.2008 und der Zwischenlagebericht für die ersten 6 Monate des Geschäftsjahres 2008 fehlerhaft im Sinne des § 37q Abs. 1 WpHG sind.

Dabei hat die Antragsgegnerin unter anderem auch die bilanzielle Behandlung einer Lizenzvereinbarung aus dem Jahr 2007 in den geprüften Abschlüssen der Antragstellerin beanstandet, die den Erwerb von Übertragungsrechten/Lizenzen für die Bundesliga-Saison 2007/2008 und 2008/2009 sowie diverser damit verbundener Geschäftsprozesse und Übernahmen von Mitarbeitern durch die Antragstellerin von der D GmbH betraf (nachfolgend: D). Die Antragstellerin hatte diese D im Konzernabschluss zum 31.12.2007 und in dem verkürzten Abschluss zum 30.6.2008 bilanziell als Unternehmenszusammenschluss im Sinne von IFRS 3.4 behandelt.

Hierzu hat die Antragsgegnerin in dem Fehlerfeststellungsbescheid vom 17.11.2010 einen Fehler wie folgt festgestellt:

"3. a) In der Bilanz ist ein unter den immateriellen Vermögenswerten im Konzernabschluss zum 31.12.2007 erfasster Geschäfts- oder Firmenwert um 248,4 Mio. EUR und im verkürzten Abschluss zum 30.6.2008 um 251,9 Mio. EUR zu hoch angesetzt, weil dieser mangels eines Unternehmenszusammenschlusses tatsächlich nicht besteht. Denn die Lizenzvereinbarung, mit der im Wesentlichen ein Verwertungsrecht an der Fußballbundesliga an die A AG sowie Produktionsverträge von der D GmbH an die A...

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