Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.12.2018; Aktenzeichen 2-02 O 48/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.03.2021; Aktenzeichen VI ZR 140/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 06.12.2018 wird zurückgewiesen.

2. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherung (Weiter-)Zahlung einer monatlichen Rente nach einem Verkehrsunfall aus dem Jahr 2000, für den die Beklagte dem Grunde nach unstreitig schadensersatzpflichtig ist.

Wegen des streitigen und unstreitigen Parteivortrags in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es Folgendes ausgeführt:

Die Klage sei überwiegend zulässig und - soweit zulässig - auch begründet. Der Kläger habe einen Anspruch auf Zahlung von 7.669,36 EUR sowie auf Feststellung, dass seine Forderungen aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall nicht jährlich auf einen Höchstbetrag von 23.008,13 EUR begrenzt seien, aus §§ 7 Abs. 1, 12 StVG a.F. i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, wobei die Beklagte durch Zahlung einer Rente von 1.917,34 EUR ihren Rechtsbindungswillen zum Ausdruck gebracht habe, den Kläger nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVG zu entschädigen. Eine Haftungshöchstgrenze für zu leistende Rentenbeträge gebe es im Rahmen des § 12 StVG in der zum Zeitpunkt des Unfalls geltenden Fassung nicht. Die Übertragung des Kapitalhöchstbetrages als Höchstsumme einer Rentenzahlung sei mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar und sei auch nicht im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelung geboten. Die gesetzgeberische Intention, einen Ausgleich für die weite Gefährdungshaftung des § 7 StVG zu schaffen, werde bei dem Kapitalbetrag durch eine absolute Summe und bei der Rentenzahlung durch eine Maximalrente erreicht, ohne dass es zusätzlich einer Übertragung bedürfe. Eine Übertragung des Kapitalbetrags auf die Summe der Rentenzahlung widerspreche auch gesetzestechnisch der an anderer Stelle existierenden absoluten Begrenzung von Rentenzahlungen. Die Haftungshöchstgrenzen würden insofern nämlich nicht erreicht durch die einfache Summe der einzelnen Rentenzahlungen, sondern gälten für den Kapitalwert einer als Schadensersatz zu leistenden Rente. Es ergebe sich weder aus den Gesetzesmaterialien noch aus dem Sinn und Zweck einer Haftungsbegrenzung ein Anhaltspunkt, dass im Rahmen des § 12 Abs. 1 StVG a.F. eine Übertragung des Kapitalbetrages auf die einfache Summe der Rentenzahlungen vorzunehmen sei; vielmehr müsse sich der Geschädigte im Hinblick auf die jeweiligen Höchstbeträge entscheiden, ob für ihn wegen eines kurzfristigen hohen Schadens die Kapitalzahlung günstiger sei oder bei einer längeren Laufzeit die Rentenzahlung.

Die Abweisung der Klage rechtfertige sich daraus, dass es im Hinblick auf die Geltendmachung der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten an einem hinreichend bestimmten Klageantrag fehle, so dass die Klage insoweit unzulässig sei. Die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgenommene Änderung des Klageantrags sei unbeachtlich.

Mit ihrer Berufung hält die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag aufrecht.

Zur Begründung macht sie Folgendes geltend: Das Landgericht habe das zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls geltende Recht nicht zutreffend angewendet. Richtig sei, dass ein Schädiger, der die Schädigung nicht verschuldet habe, nach der Intention des § 12 StVG a.F. nicht in unbegrenzter Höhe haften solle, womit sich aber die weitere Auffassung des Landgerichts nicht vereinbaren lasse, die Beklagte schulde Rentenzahlung in unbegrenzter Höhe. Die Vorschrift sei eingeführt worden als Korrelat für die Einführung der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 7 StVG, diene deswegen ausschließlich dem Schutz der Schuldner von Ersatzleistungen und begründe eine Höchstgrenze für ihre Zahlungsverpflichtungen. Bei Fehlen einer Höchstgrenze auch für Rentenzahlungen könne ein Versicherer die Höhe der Versicherungsprämien nicht kalkulieren, weshalb § 12 Abs. 1 StVG a.F. einen Maximalbetrag für das gesamte Schadensereignis ohne Unterscheidung zwischen Kapital- und Rentenzahlung enthalte. Die Änderung der Fassung des § 12 StVG im Jahr 2007 habe ausschließlich europarechtliche Gründe gehabt und sei keine Abkehr von der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelung gewesen. Im Übrigen werde ergänzend auf die rechtlichen Ausführungen im Schriftsatz erster Instanz vom 24.04.2018 verwiesen.

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