Leitsatz (amtlich)

Zum Wertersatz für eine Pferd nach Rücktritt vom Vertrag

 

Normenkette

BGB §§ 323, 346

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Aktenzeichen 4 O 473/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.11.2008; Aktenzeichen VIII ZR 311/07)

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt Wertersatz für ein dem Beklagten veräußertes Pferd i.H.v. 6.000 EUR, nachdem sie den Rücktritt vom Vertrag wegen des Verzuges des Beklagten mit der Gegenleistung erklärt hat.

Der Beklagte ist Kfz-Fahrlehrer. Die damals 17-jährige Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, und der Beklagte schlossen am ... 7.2005 einen schriftlichen Vertrag (Anlage K 1), wonach sich die Klägerin verpflichtete, dem Beklagten den ... Wallach "A" zu übergeben und zu übereignen und der Beklagte sich "im Gegenzug" verpflichtete, "alle Aufwendungen zu übernehmen", die der Klägerin "bis zur Erteilung der Fahrerlaubnisklasse B entstehen". Weiter ist geregelt, dass dies alle Fahrstunden, Theoriestunden und Gebühren einschließe. Die Klägerin begann ihre Fahrschulausbildung bei dem Beklagten und wechselte später wegen Differenzen im Einverständnis mit dem Beklagten zur Fahrschule B, nachdem der Beklagte sich - nach seinem Vortrag - dieser gegenüber verpflichtet hatte, alle bis zum Bestehen der Fahrprüfung entstehenden Aufwendungen zu tragen. Der Beklagte übereignete das Pferd in der Folgezeit an seine Tochter. Nach Abschluss der Fahrausbildung im Jahr 2006 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Rechnung der Fahrschule B vom ... 5.2006 i.H.v. 1.531,72 EUR (Anlage K 2) zu bezahlen. Der Zugang dieser Aufforderung und weiterer Schreiben ist zwischen den Parteien streitig. Nachdem bis zum 23.8.2005 der Beklagte weder an die Fahrschule B noch an die Klägerin gezahlt hatte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom selben Tag den Rücktritt von dem Kaufvertrag. Die Klägerin hat behauptet, das Pferd "A" habe im Zeitpunkt der Übergabe an die Tochter des Beklagten und auch heute noch einen Wert von 6.000 EUR.

Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen, der lediglich hinsichtlich der Wiedergabe des Beklagtenvortrages auf S. 5, 2. Abs., 3. Zeile dahin zu berichtigen ist, dass der Beklagte vorgetragen hat, er sei vom 21.7. (nicht 31.7.) bis 15.8.2006 in Urlaub gewesen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Klägerin wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei, denn der Beklagte sei auch dann nicht verpflichtet, einen Betrag in Höhe des Wertes des vom Beklagten veräußerten Pferdes zu zahlen. Nach dem Wortlaut und auch dem Willen des Gesetzgebers knüpfe § 346 Abs. 2 S. 2 BGB die Höhe des Wertersatzes bewusst an die Höhe der Gegenleistung. Diese sei hier der Wert der Fahrschulausbildung für die Klägerin. Hier sei die Höhe dieser Gegenleistung bei Vertragsschluss zwar nicht bestimmt gewesen, weil der Umfang der Fahrausbildung nicht festgestanden habe. Deswegen bestehe aber keine Veranlassung, die Vorstellungen der Parteien über die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zu korrigieren. Im Übrigen müsse sich die Klägerin auch auf den begehrten Zahlungsanspruch den Wert der vom Beklagten erbrachten Fahrstunden anrechnen lassen. Es bedürfe keiner Stellungnahme dazu, ob die Klägerin vom Beklagten Ersatz des von ihr an die Fahrschule B gezahlten Betrages verlangen könne und wer Vertragspartner der Fahrschule B sei, denn Streitgegenstand sei allein die Erstattung des Wertes des Pferdes, nicht Erstattung dieser Kosten. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre Klage weiterverfolgt. Sie trägt zunächst ergänzend dazu vor, warum ihr Rücktritt wirksam gewesen sei. Es sei dem Beklagten eine angemessene Frist zur Bezahlung der Rechnung der Fahrschule B gesetzt gewesen. Er könne sich nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 7.8.2006 im Urlaub gewesen sei, weil das Schreiben gleichwohl i.S.d. § 130 BGB zugegangen sei. Zu berücksichtigen sei auch die vorangegangene Aufforderung vom 23.7.2006 und die frühere Korrespondenz. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Beklagte ihr den objektiven Wert des Pferdes zu ersetzen habe. Zum einen sei die Gegenleistung nicht bestimmbar. Zum anderen sei es entgegen dem vordergründigen Wortlaut des Gesetzes nicht geboten, die Partei, die sich durch Rücktritt vom Vertrag lösen wolle, an die Entgeltabrede zu binden, wenn eine Rückabwicklung in Natur nicht möglich sei. Dies stehe auch nicht mit dem anderen Ziel des Gesetzgebers in Einklang, dass nach einem Rücktritt der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden solle. Die Vorschrift des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB sei deshalb jedenfalls beim Rücktritt wegen Verzuges teleologisch zu reduzieren. Selbst wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folge, habe das LG der Klage jedenfalls in Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Ausbildungskosten für die Fahrschule stattgeben und den Wert gegebenenfalls nach § 287 ZPO schätzen müssen. Der Wert der...

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