Leitsatz (amtlich)

Ein Lagerhalter, der ein Lagergebäude anmietet, ist ohne besondere Anhaltspunkte nicht gehalten, dieses hinsichtlich seiner konstruktiven Sicherheit zu untersuchen beziehungsweise untersuchen zu lassen.

 

Normenkette

HGB § 472

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 404 O 155/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 4 für Handelssachen, vom 27.4.2001 (LG Hamburg v. 27.4.2001 – 404 O 155/00) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Klägerin um 20.287,50 DM.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihrer Klage, mit der sie aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma R. GmbH, Schadensersatz aus einem zwischen ihrer Versicherungsnehmerin und der Beklagten abgeschlossenen Lagervertrag geltend macht. Die Versicherungsnehmerin hatte bei der Beklagten im Jahre 1999 Kunststoffgranulat eingelagert, das diese in einem ihrem eigenen Betriebsgelände benachbarten Lagerhaus der Firma V. untergebracht hatte. In der Nacht vom 3. zum 4.12.1999 kam es zu Nässeschäden, weil ein Sturm das Dach der Lagerhalle abdeckte. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei gem. § 475 S. 1 HGB entlastet, weil der Schaden am eingelagerten Gut auch mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht habe abgewendet werden können. Anhaltspunkte dafür, dass das angemietete Hallengebäude einem Sturm nicht würde widerstehen können, seien von keiner Seite vorgetragen, es habe keine Hinweise auf einen schlechten Unterhaltungszustand des Gebäudes gegeben, der einen desolaten äußeren Zustand oder eine fehlerhafte Dachkonstruktion habe erkennen lassen.

Eine Haftung der Beklagten gem. § 472 Abs. 2 HGB greife nicht ein, denn die Beklagte habe die Lagerhalle der Firma V. für ihren eigenen Lagerbetrieb gemietet und damit ihrer Regie unterstellt.

Gegen diese Begründung des LG wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung ohne Erfolg.

Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Senat folgt der Bewertung des LG dahin, dass die Beklagte für die eingetretenen Nässeschäden nicht gem. § 475 HGB einzustehen hat. Der Senat folgt dem LG in der Beurteilung, dass der Schaden durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte abgewendet werden können.

Die Beklagte war allerdings verpflichtet, das ihr anvertraute Lagergut ordnungsgemäß unterzubringen und vor Schäden zu bewahren. Für die am 3./4.12.1999 eingetretenen Schäden hat die Beklagte jedoch nicht einzustehen, weil sie auch bei der Beachtung des in § 475 HGB genannten Sorgfaltsmaßstabes nicht für die Nässeschäden infolge der Dachabdeckung verantwortlich gemacht werden kann.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte Anlass hatte, der Eignung des von ihr angemieteten Lagers für die Einlagerung von Waren zu misstrauen, dass also insbesondere für sie Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, es könne zu Schäden an der Bausubstanz (hier Dachkonstruktion) kommen.

Es mag sein, dass Stürme der Art, wie sie zu der Abdeckung des Daches an der Lagerhalle im Dezember 1999 geführt haben, nicht außergewöhnlich sind, gleichwohl ist eine Haftung der Beklagten deshalb nicht gegeben, weil allein aus der Tatsache einer solchen Beschädigung des Daches noch nicht gefolgert werden kann, es seien auch für einen sorgfältigen Lagerhalter äußerliche Kennzeichen festzustellen gewesen, die auf eine derartige Schadensträchtigkeit hingewiesen hätten.

Ohne solche Anhaltspunkte war die Beklagte aber nicht verpflichtet, die Sicherheit der Lagerhalle für die Einlagerung von Waren in Zweifel zu ziehen oder aber zumindest einen Sachverständigen einzuschalten, um von diesem die Standfestigkeit und sonstige konstruktive Sicherheit der Halle begutachten zu lassen.

Der Klägerin ist zuzugeben, dass (selbstverständlich) jeder Lagerhalter verpflichtet ist, sich über die Eignung des von ihm angemieteten Lagerraumes für die Einlagerung von Waren zu vergewissern, dies gilt auch für die bauliche Eignung. Voraussetzung für eine intensive Überprüfung des baulichen Zustandes ist aber stets, dass äußerlich erkennbare Anzeichen einer Überprüfung des Bauzustandes vorhanden sind. Grundsätzlich kann der Lagerhalter aber davon ausgehen, dass Bauvorhaben entsprechend den baulichen Vorschriften errichtet und auch entsprechend unterhalten werden, um ihre konstruktive Sicherheit zu gewährleisten.

Die Beklagte hat auch nicht für ein eventuelles Fehlverhalten der Firma V. gem. § 278 BGB einzustehen. Sie schuldet nur die Leistungen, die sich aus dem Inhalt ihres Schuldverhältnisses (Lagervertrag) mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin ergaben. Nicht geschuldet sind Leistungen, die diesen Aufgabenbereich übersteigen. § 278 BGB soll ihr nicht die Haftung für Personen auferlegen, die ihrer Funktion nach nicht in die ...

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