Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. War die im Zeitpunkt der Trennung (Ende 2000) 50 Jahre alte Ehefrau ab der Heirat im Jahre 1973 nicht mehr berufstätig, dann ist ihr bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (zunächst im Geringverdienerbereich/Teilzeiterwerbstätigkeit) eine Übergangszeit zu bewilligen, die der Senat bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen ab dem Trennungszeitpunkt mit ca. 1 Jahr bemisst.

2. Verweist der Unterhaltspflichtige seine geschiedene Ehefrau nur auf die Aufnahme einer Tätigkeit im Geringverdienerbereich und verlangt erstmals mit der Berufungsbegründung eine vollschichtige Tätigkeit, dann können erst ab diesem Zeitpunkt Bemühungen um eine solche Stelle verlangt werden. Hierfür ist eine weitere Übergangszeit von ca. 6 Monaten angemessen.

 

Verfahrensgang

AG Bottrop (Urteil vom 21.02.2003; Aktenzeichen 14 F 170/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.2.2003 verkündete Urteil des AG – FamG – Bottrop teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, wie folgt Unterhalt an die Klägerin zu zahlen:

Für die Zeit vom 1.4.2002 bis zum 31.1.2003 noch insgesamt 6.886,49 Euro,

für die Zeit vom 1.2.2003 bis zum 31.10.2003 monatlich Altersvorsorgeunterhalt = 243,08 Euro

Krankenvorsorgeunterhalt = 167,18 Euro

Elementarunterhalt = 805,33 Euro

insgesamt = 1.215,59 Euro.

Für die Zeit ab 1.11.2003

Altersvorsorgeunterhalt = 209,88 Euro

Elementarunterhalt = 791,98 Euro

insgesamt = 1.001,86 Euro.

Die weiter gehende Berufung des Beklagten und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz werden der Klägerin zu 62 % und dem Beklagten zu 38 %, diejenigen der zweiten Instanz der Klägerin zu 65 % und dem Beklagten zu 35 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die am 11.11.1950 geborene Klägerin und der am 2.10.1946 geborene Beklagte waren miteinander verheiratet. Aus der Ehe ist ein inzwischen volljähriger Sohn hervorgegangen, der sich in der Ausbildung befindet und für den der Beklagte monatlich Unterhalt i.H.v. 178,95 Euro zahlt.

Ende 2000 (Bl. 71 d.A.) haben sich die Parteien getrennt. Über den Trennungsunterhalt haben sie sich vergleichsweise dahin gehend geeinigt, dass die Klägerin monatlichen Trennungsunterhalt von 2.045 DM erhalten hat zzgl. des Wertes des freien Wohnens (Bl. 2 d.A.). Die Klägerin hat zunächst in dem Einfamilienhaus der Parteien weitergewohnt.

Am 1.3.2001 ist die Klägerin ausgezogen. Seitdem wohnt sie zur Miete (Bl. 214 d.A.). Im Frühjahr 2002 (Bl. 71 ff. d.A.) haben sich die Parteien in einem notariellen Vertrag über die Vermögensauseinandersetzung geeignet. Der Beklagte hat das Einfamilienhaus erhalten – das er inzwischen bewohnt –, die Klägerin die Eigentumswohnung – die sie vermietet hat – zzgl. einer Ausgleichszahlung von 41.414,64 Euro.

Seit dem 1.3.2002 sind die Parteien rechtskräftig geschieden (Bl. 214 d.A.).

Das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit der Firma Th. ist zum 28.2.2002 gekündigt worden (Bl. 73, 122 d.A.). Der Beklagte ist für eine Übergangszeit bis Ende Februar 2004 von der Personalentwicklungs- und Arbeitsmarktagentur GmbH (PEAG) übernommen worden, von der er gleich bleibende monatliche Zahlungen erhält, nämlich die Abfindung in monatlichen Teilbeträgen.

Die Klägerin hat mit der Klage nachehelichen Unterhalt ab Februar 2002 verlangt. Das AG hat ihr für die Zeit von April 2002 bis Januar 2003 Unterhalt i.H.v. insgesamt 6.964,28 Euro zugesprochen und ab Februar 2003 monatlichen Elementarunterhalt von 833 Euro, Altersvorsorgeunterhalt von 223 Euro und Krankenvorsorgeunterhalt von 167,18 Euro.

Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen. Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das AG habe den Mietwert seiner Wohnung zu hoch angesetzt. Die Klägerin müsse vollschichtig arbeiten und sei daher in der Lage, einen höheren Beitrag zu ihrem eigenen Bedarf zu leisten. Außerdem seien ihr Anlagezinsen für ihr Vermögen zuzurechnen.

Der Beklagte beantragt, unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, für April 2002 Unterhalt zu zahlen, für Mai 2002 bis April 2003 mehr als monatlich 530,99 Euro Elementar- und 135,42 Euro Altersvorsorgeunterhalt und ab Mai 2003 mehr als 460,49 Euro Elementar- und 117,44 Euro Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,

2. unter Abänderung des Urteils des AG den Beklagten zu verurteilen, an sie ab Februar 2003 monatlich Elementarunterhalt i.H.v. 973,45 Euro, Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. 280,10 Euro und Krankenvorsorgeunterhalt i.H.v. 167,18 Euro zu zahlen, für die Monate April 2002 bis einschl. Januar 2003 insgesamt Unterhalt i.H.v. 8.189,82 Euro zu zahlen.

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und trägt zur Begründung ihrer eigenen Berufung vor, das AG habe bei der Er...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge