Verfahrensgang

AG Bocholt (Aktenzeichen 14 F 37/09)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die unter laufender Nr. 6 der Tabelle im Insolvenzverfahren des Beklagten (88 IN 26/08 AG Münster) festgestellte Forderung des Klägers in Höhe eines Betrages von 2.580,09 EUR nebst 4 % Zinsen auf einen Betrag von 2174,63 EUR ab dem 21.2.2002 bis zum 16.7.2008 sowie nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz, höchstens jedoch 8 %, auf weitere 405,46 EUR seit dem 21.2.2002 bis zum 16.7.2002 auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners i.S.d. § 302 Nr. 1 InsO beruht.

Die Kosten des Rechtsstreites werden zu 70 % dem Kläger und zu 30 % dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 8.276,72 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

I. Gegenstand der Prüfung, ob eine unerlaubte Handlung vorliegt, kann nur die Forderung sein, die der Kläger tatsächlich zur Insolvenztabelle angemeldet hat. Soweit der Insolvenzverwalter einen höheren Betrag anerkannt hat, entfaltet dies keine Bindungswirkung für die Frage, ob und in welcher Höhe die Forderung auf unerlaubter Handlung beruht.

Sowohl die Eintragung in die Insolvenztabelle (Bl. 7 d.A.) als auch die Anmeldung durch den Kläger selbst sind missverständlich. Angemeldet sind dem Wortlaut nach (Bl. 155 f. d.A.) "rückständige Unterhaltsforderungen aus übergegangenem Recht". Zu deren Höhe wurde der Vollstreckungsbescheid des AG Hagen vom 19.12.2001 vorgelegt, der seinerseits zur Individualisierung der Forderung auf die Leistungsaufforderung des Klägers vom 14.11.2001 (Bl. 183 -185 d.A.) Bezug genommen hat. Danach handelte es sich um auf den Kläger gem. § 91 BSHG übergegangene Unterhaltsansprüche der getrennt lebenden bzw. geschiedenen ersten Ehefrau des Beklagten, Frau M, sowie der gemeinsamen Kinder Laura und Anna sowie solche Unterhaltsansprüche der Kinder, die infolge der Leistung von Unterhaltsvorschuss auf das Land NRW übergegangen waren. Solche Unterhaltsansprüche beruhen nicht auf unerlaubter Handlung. Eigene Ansprüche der Familienangehörigen aus unerlaubter Handlung sind auch nicht auf den Kläger übergegangen.

Aber aus dem weiter beigefügten Anmeldungsschreiben des Klägers vom 28.7.2008 (Bl. 157 f. d.A.) ergibt sich, dass auch Forderungen des Klägers selbst aus unerlaubter Handlung gem. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 170 StGB angemeldet werden sollten, nämlich soweit der Kreis den Unterhalt der Angehörigen des Beklagten hatte sicherstellen müssen. Ausdrücklich wurde sodann auf die Sicherstellung des Unterhaltes aus "Sozialhilfemitteln" Bezug genommen (vgl. S. 2 2. Absatz am Ende).

Aus Sozialhilfemitteln ist aber nach der von dem Kläger vorgelegten Aufstellung (Bl. 149 f. d.A.) nur der Unterhalt der getrennt lebenden bzw. geschiedenen Ehefrau M sichergestellt worden. Die Kinder haben ausschließlich Unterhaltsvorschuss aus Landesmitteln erhalten. Diese Ansprüche sind daher von der Anmeldung nicht erfasst.

Anspruchsinhaber der Forderung aus unerlaubter Handlung ist insoweit das Land NRW. Der von dem Kläger vorgelegte Abtretungsvertrag vom 23.7.2008 (Bl. 147 f. d.A.) erfasst solche Ansprüche schon vom Wortlaut her nicht, denn abgetreten werden nur übergegangene Unterhaltsansprüche der Kinder, nicht aber eigene Schadensersatzansprüche des Landes.

II. Der Beklagte hat gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau M in der Zeit von März 1998 bis Mai 1999 sowie in der Zeit von Oktober 1999 bis Juli 2001 (mit Ausnahme der Monate Juni und August 2000 sowie März und April 2001) seine Unterhaltspflicht i.S.v. § 170 StGB vorsätzlich verletzt.

Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist in diesem Verfahren festzustellen. Sie steht nicht aufgrund des ergangenen Vollstreckungsbescheides fest. Dieser erfasste bereits nicht eigene Schadensersatzansprüche des Klägers, sondern nur Unterhaltsforderungen aus übergegangenem Recht. Aber selbst wenn er einen Anspruch aus unerlaubter Handlung genannt hätte, stünde damit die rechtliche Qualifizierung nicht fest, da eine gerichtliche Überprüfung nicht stattgefunden hat. Insoweit stellt sich die Rechtslage so dar wie bei der Prüfung der erweiterten Vollstreckungsmöglichkeiten i.S.d. § 850 f. Abs. 2 ZPO, für die der BGH (NJW 2005, 1663, 1664) eine gesonderte Feststellungsklage für erforderlich hält.

Es bedarf daher der Feststellung des Anspruches aus unerlaubter Handlung hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale, wozu insbesondere die Höhe des Unterhaltsanspruches und die Leistung öffentlicher Mittel als auch der Vorsatz des Unterhaltsschuldners gehören. Die Auffassung des Klägers, der Unterhaltsanspruch sei im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung der rechtskräftigen Feststellung im Unterhaltsverfahren nicht zu prüfen, ist somit unzutreffend.

Soweit zwischen den Parteien Streit über den Umfang der Berücksichtigung des Kredites des Beklagten bei der Sparkasse C besteht, ...

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