Leitsatz (amtlich)

Wenn bei einem Notstopp auf der Autobahn kein Warndreieck aufgestellt wird, kann dies Versäumnis im Falle eines Unfalls eine 50 % Mithaftung begründen.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17-18; BGB § 823; STVO § 15; StVO § 18

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 07.12.2012; Aktenzeichen 016 O 195/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7.12.2012 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Münster abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend wird auf das Vorbringen der Parteien in den zweitinstanzlichen Schriftsätzen verwiesen.

II. Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Entgegen der Auffassung des LG steht der Klägerin kein weiterer Zahlungsanspruch gem. §§ 7,17,18 StVG, 823 BGB mehr zu, da die Beklagte zu 3 bereits in ausreichender Weise die mittlerweile unstreitige Schadenshöhe von 28.934,56 EUR mit ihrer hälftigen Zahlung von 14.467,29 EUR ausgeglichen hat.

Der Senat hält den Unfall weder für den Zeugen I noch für den Beklagten zu 1 für unabwendbar.

Hinsichtlich des Zeugen I gilt, dass das Versagen der Gesundheit eines Fahrers dem Versagen der technischen Betriebsvorrichtungen des Fahrzeugs gleichgestellt wird, weil Fahrer und Fahrzeug eine Einheit darstellen und erst durch das Zusammenwirken von Mensch und Maschine die Gefahr verursacht wird (BGHZ 23, 90,93).

Ebenso wenig ist festzustellen, dass die Beklagten den Unabwendbarkeitsbeweis führen können; denn ein Idealfahrer hätte zu jeder Zeit dafür Sorge getragen, dass er ausreichende Sicht über die Verkehrsvorgänge vor ihm hat.

Im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahr hat der Senat berücksichtigt, dass der Verkehr auf der Autobahn wegen des Verbots gem. § 18 Abs. 8 StVO grundsätzlich nicht mit haltenden Fahrzeugen rechnen muss, insbesondere nicht mit einem Lkw, der noch recht weit in die Fahrspur hineinragt. Bereits aus diesem Grund ist ein Halten nur in zwingenden Fällen zulässig, erfordert dann aber alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen nach § 15 StVO. Insoweit ist unstreitig, dass der Zeuge I bei seinem berechtigten gesundheitlichen Notstopp (BGH VersR 1975, 1024 [1025 m.w.N.]; 1979, 323, 324) zwar ein Warnblinklicht eingeschaltet, aber kein Warndreieck aufgestellt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei seinem Verhalten, zunächst den Eimer auszukippen und sich selbst zu säubern statt entweder ein Warndreieck aufzustellen oder sofort weiterzufahren, sogar um eine schuldhafte Handlung handelt; denn in jedem Fall ist es dadurch zu einer erheblichen Erhöhung der vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr gekommen, die vom Senat mit mindestens 50 % angesetzt wird, und zwar auch unter Berücksichtigung der vom klägerischen Lkw selbst ausgehenden Betriebsgefahr.

Unter Berücksichtigung einer solchen Quotierung ergibt sich kein weiterer Zahlungsanspruch der Klägerin mehr, da in diesem Umfang der Schaden von der Beklagten zu 3 bereits ausgeglichen worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Einer Zulassung der Revision bedurfte es nicht, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6307797

DAR 2014, 30

NZV 2014, 6

VuR 2014, 116

SVR 2014, 4

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