Normenkette

BGB §§ 242, 307; VBLS § 43; VBLS a.F. § 59

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 12.07.2006; Aktenzeichen 6 O 430/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 12.7.2006 - 6 O 430/05 - im Kostenpunkt aufgehoben sowie im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Abfindung ihrer Betriebsrente. Sie war als Angestellte im öffentlichen Dienst in der Zeit vom 1.11.1980 bis zum 31.12.1989 bei der Beklagten pflichtversichert.

Mit Ablauf des 31.12.2001 hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem umgestellt von einer an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgung auf ein auf die Verzinsung von Beiträgen ausgerichtetes Punktemodell. Die zum Stichtag bestehenden Anwartschaften wurden betragsmäßig festgestellt, in Versorgungspunkte umgerechnet und auf die neuen Versorgungskonten als sog. Startgutschriften übertragen. Die Umstellung des Versorgungssystems beruht auf einer Einigung der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1.3.2002 (ATV). Die Beklagte hat die Tarifregelungen durch eine Neufassung ihrer Satzung (VBLS) rückwirkend zum 1.1.2002 umgesetzt.

Gemäß Mitteilung vom 23.9.2003 erhielt die Klägerin eine Startgutschrift über 20,46 Versorgungspunkte entsprechend einer monatlichen Rentenanwartschaft von 81,84 EUR. Seit 1.6.2003 erhält sie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente von der Beklagten. Gemäß Mitteilung vom 16.3.2005 beträgt die auf der Grundlage der Startgutschrift errechnete Betriebsrente 74,47 EUR monatlich. Sie wird jeweils zum 01.07. eines Jahres fortlaufend mit 1 % dynamisiert.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.938,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren Feststellungen verwiesen wird, hat der Klage stattgegeben. Die Klägerin könne die Abfindung ihrer Betriebsrente in entsprechender Anwendung von § 59 der bisherigen Satzung (VBLS a.F.) verlangen. Die Berufung der Beklagten auf die Neufassung ihrer Satzung und die Abschaffung der Abfindungsmöglichkeiten in § 43 VBLS sei treuwidrig (§ 242 BGB). Die Klägerin habe bis zur Beendigung der Pflichtversicherung im Jahre 1998 ihre Arbeitsleistung erbracht, so dass gewissermaßen nur noch die Gegenleistung ausstehe. Sie habe zudem unbestritten vorgetragen, dass sie bei Beendigung der Pflichtversicherung und auf der Grundlage der Angaben der Beklagten in einer Rentenauskunft vom 10.6.1999 darauf vertraut habe, dass sie bei Eintritt des Versicherungsfalles statt der Rente eine Abfindung verlangen könne. Demgegenüber wögen die Gründe für das Beharren der Beklagten auf die Satzungsänderung weniger schwer. Rechnerisch dürfte die Beklagte im Ergebnis durch den Abfindungsbetrag nicht mehr belastet werden als durch die Rentenzahlung.

Mit der Berufung beantragt die Beklagte, as Urteil des LG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Neuregelung ihrer Satzung sei auch ggü. der Klägerin wirksam. Zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles sei die aktuelle Satzung schon lange in Kraft gewesen. Die Klägerin habe also überhaupt keine Möglichkeit mehr gehabt, sich mit Erfolg abfinden zu lassen. Ein rechtlich geschütztes Vertrauen der Klägerin gäbe es nicht. Die dem angeblichen Vertrauen zugrunde liegenden Angaben der Klägerin würden mit Nichtwissen bestritten.

Die Klägerin beantragt unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils, ie Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II. ie Berufung ist begründet und führt zur Abweisung der Klage. Der geltend gemachte Anspruch auf Abfindung der Betriebsrente durch einen einmaligen Zahlbetrag besteht nicht.

I. Ob eine monatliche Betriebsrente (§ 35 Abs. 1 VBLS) abgefunden werden kann, richtet sich nach § 43 VBLS. Die Beklagte beruft sich insoweit auf § 43 Abs. 1 Satz 1 VBLS in der ursprünglichen, auch im Zeitpunkt des bei der Klägerin eingetretenen Versicherungsfalls (1.6.2003) gültigen Fassung. Danach werden Betriebsrenten, die aus einem Monatsbetrag nach § 35 Abs. 1 berechnet sind, der 30 EUR nicht überschreitet, abgefunden. Außerdem soll die Anstalt gem. § 43 Abs. 1 Satz 3 der selben Fassung bei Betriebsrenten, die nicht nach Satz 1 abgefunden werden, eine Abfindung anbieten, wenn die Kosten der Übermittlung unverhältnismäßig hoch sind. Außer Betracht bleiben kann im Streitfall die durch die 6. Satzungsänderung vom 17.6.2005 mit Wirkung vom 1.1.2005 eingeführte Absenkung der Abfindungsgrenze nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VBLS auf unter 30 EUR entsprechend dem Betrag, der 1 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht übersteigt. Hierauf beruft sich die Beklagte nic...

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