Leitsatz (amtlich)

Ein Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO setzt im Falle einer Unterlassungsverfügung zum einen die Existenz eines Vollstreckungsdrucks und zum anderen eine Kausalität zwischen diesem Vollstreckungsdruck und dem eingetretenen Schaden voraus (Folgerungen aus der Zulässigkeit des Betriebs einer Rechtsberatungs-Hotline).

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 4 O 137/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen IX ZR 94/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 7.6.2002 – 4 O 137/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.d. aufgrund des vorliegenden Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.d. jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ein Schadensersatzanspruch wegen Vollziehung einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung.

Der Kläger ist Rechtsanwalt mit Sitz in B. In dieser Eigenschaft betätigte er sich unter anderem im Rahmen einer „Rechtsberatungs-Hotline”, die von den Firmen G. GmbH/Berlin und I. GmbH/Berlin (nachfolgend: Hotline-Betreiber) betrieben wurde. Bei dieser Hotline erhält der ratsuchende Anrufer von einem Rechtsanwalt nach dem Anwählen einer „0190”-Nummer Rechtsauskünfte. Grundlage der Zusammenarbeit zwischen den Hotline-Betreibern und dem jeweiligen Rechtsanwalt ist dabei ein Rahmennutzungsvertrag, aufgrund dessen der betreffende Rechtsanwalt Beratungszeiträume von insgesamt 3,5 Stunden pro Tag (sog. „Zeitscheiben”) buchen kann. Wegen der Ausgestaltung dieses Rahmennutzungsvertrags wird auf Anlage B1/K5 Bezug genommen. Nach diesem Vertrag erhielt der Rechtsanwalt für seine Beratungstätigkeit die von den Anrufern zu entrichtenden Telefongebühren i.H.v. 3,63 DM pro Minute abzüglich der Gebührenanteile der Deutschen Telekom i.H.v. 1,15 DM pro Minute. Im Gegenzug schuldet der Rechtsanwalt der G.-GmbH eine Gebühr i.H.v. 50 DM pro Zeitscheibe sowie eine monatliche Pauschalgebühr von weiteren 50 DM. Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger durch seine Tätigkeit bei der Hotline in den Monaten Januar und Februar 1998 Einnahmen i.H.v. 185,53 Euro bzw. 147,98 Euro zzgl. Mehrwertsteuer verdient (vgl. hierzu den Schriftsatz des Klägers vom 14.4.1998 – Anl. B 5).

Der Beklagte ist Rechtsanwalt mit Sitz in M. Auf den Antrag des Klägers und seiner Kanzleikollegen (nachfolgend: Antragsteller) hin untersagte das LG München I durch Beschluss vom 2.4.1998 im Wege der einstweiligen Verfügung den Hotline-Betreibern und dem Kläger, die Hotline weiterhin zu betreiben bzw. an ihrem Betrieb mitzuwirken. Sowohl der Kläger als auch die Hotline-Betreiber legten hiergegen Widerspruch ein. Nachdem der Kläger jedoch mit Schriftsatz vom 7.5.1998 seinen Widerspruch wieder zurückgenommen hatte, wurden die Verfahren gegen den Kläger und gegen die Hotline-Betreiber durch Beschluss des LG München vom 13.5.1998 getrennt und im weiteren Verlauf unabhängig voneinander fortgeführt.

Im Hinblick auf die Hotline-Betreiber bestätigte das LG München I zwar zunächst durch Urt. v. 14.5.1998 die einstweilige Verfügung. Auf die Berufung der Hotline-Betreiber hin wurde diese Entscheidung jedoch durch Urteil des OLG München vom 23.7.1998 aufgehoben, nachdem die Antragsteller bereits am 24.6.1998 auf ihre Rechte aus der Verfügung verzichtet hatten.

Demgegenüber gab der Kläger nach Rücknahme seines Widerspruchs mit Schriftsatz vom 18.5.1998 ggü. den Antragstellern folgende Unterlassungserklärung ab:

„Hiermit verpflichte ich mich bei Meidung einer betragsmäßig in das billige Ermessen der Antragsteller gestellten schuldangemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung, es zu unterlassen, für mich und die von mir zu erbringende anwaltliche Dienstleistung durch die in Anlage K 5 abgebildete Annonce werben zu lassen und an der unzulässigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten durch die Antragsgegnerin zu 1 derart mitzuwirken, dass ich auf die von mir gemäss Antrag I der einstweiligen Verfügung vermittelten Anrufe telefonisch Rechtsrat erteile. Diese Verpflichtung ist auflösend bedingt, solange meine Handlung vom Gericht der Hauptsache als wettbewerbswidrig angesehen wird …. Alle Rechte einschließlich Schadensersatz bleiben vorbehalten.”

Diese Unterlassungserklärung ging bei den Antragstellern am 24.5.1998 ein und wurde dort als geeignet angesehen, eine Wiederholungsgefahr zu beseitigen (vgl. den auf den 29.4.1998 datierten, tatsächlich aber wohl am 25.5.1998 gefertigten Schriftsatz des Beklagten gemäss Aktenblatt 83 der beigezogenen Akten). Nachdem im Parallelverfahren die Hotline-Betreiber eine Aufhebung der sie betreffenden einstweiligen Verfügung erwirkt hatten, legte auch der Kläger mit Schriftsatz vom 17.8.1998 erneut Widerspruch ein. Daraufhin erklärten die Antragsteller mit Schrif...

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