Leitsatz (amtlich)

Der Versicherer ist zum Rücktritt einer Berufsunfähigkeits- (Invaliditäts-)-Zusatzversicherung berechtigt, wenn der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss erhebliche Gefahrumstände nicht anzeigt. Im Falle ausdrücklicher und schriftlicher Befragung kommt es nicht einmal darauf an, ob der Versicherungsnehmer Kenntnis von der Erheblichkeit des Gefahrumstands hatte. Es ist Sache des Versicherers, das Risiko von Beschwerden, Krankheiten und Gesundheitsstörungen, ggf. unter Einschaltung der Gesellschaftsärzte oder nach Rückfrage bei den behandelnden Ärzten, zu beurteilen. Da ein Versicherungsnehmer in der Regel mangels medizinischer Kenntnisse nicht in der Lage ist, die Gefahrerheblichkeit körperlicher Beschwerden zu beurteilen, muss er alle, auch die als belanglos empfundenen Krankheiten oder Beschwerden anzeigen (OLG Koblenz, Urt. v. 16.3.2001 - 10 U 187/00, OLGReport Koblenz 2001, 376 = NVersZ 2001, 413 = r+s 2001, 339; Urt. v. 18.1.2002 - 10 U 374/01, NVersZ 2002, 260 = VersR 2002, 1091 LS = ZfS 2002, 591).

Gibt der VN auf ausdrückliche Nachfrage des Versicherers in einer zusätzlichen Erklärung zum Versicherungsantrag wahrheitswidrig an, in den letzten fünf Jahren vor Abschluss des Vertrages nur 1 mal wegen Wirbelsäulenbeschwerden in ärztlicher Behandlung gewesen zu sein, während er tatsächlich mehrmals wegen eines BWS- und LWS-Syndroms in Behandlung war und verschweigt er eine, ein halbes Jahr zuvor erfolgte Quaddelbehandlung wegen Muskelverspannungen im paravertrebralen Lendenwirbelsäulenbereich, reicht dies als Rücktrittsgrund aus.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 16 O 132/03)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis 7.10.2004.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeits-(Invaliditäts-)Zusatzversicherung in Anspruch.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente auf der Grundlage eines zwischen den Parteien bestehenden Investment-Berufsunfähigkeits-Zusatzsicherungsvertrages gem. dem Versicherungsschein L. v. 12.11.2001 (GA 5-8). Nach den vertraglichen Vereinbarungen hat die Beklagte bei vollständiger Berufsunfähigkeit des Klägers eine monatliche Rente von 1.278,25 Euro (2.500 DM) zu zahlen.

Dem Vertragsschluss ging der Antrag des Klägers v. 20.8.2001 voraus, in dem er die Frage der Beklagten, ob er in den letzten zehn Jahren an Krankheiten u.a. der Wirbelsäule gelitten habe, mit"ja" beantwortete. Ferner gab er an, in den letzten fünf Jahren ärztlich untersucht bzw. behandelt worden zu sein und teilte die Anschrift des behandelnden Arztes mit. Insoweit wird auf den Antrag v. 20.8.2001 Bezug genommen (GA 4). Daraufhin übersandte ihm die Beklagte einen Fragebogen ("Zusätzliche Erklärung Wirbelsäulenbeschwerden/Erkrankungen").

Dort gab er an, einmal im Dezember 1999 wegen Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule einen Arzt konsultiert zu haben, deshalb drei Wochen arbeitsunfähig und sich drei Wochen stationär in einem Krankenhaus aufgehalten zu haben. Er beantwortete die Frage nach der gestellten Diagnose mit"LWS-Syndrom" und die Frage"Sind sie völlig geheilt?" mit "Ja, seit 07/2000". Wegen der Einzelheiten wird auf die Erklärung zum Versicherungsantrag v. 26.9.2001 (Anlage B 1, GA 33/34) ergänzend Bezug genommen.

Am 15.1.2002 erlitt der als Gas-/Wasserinstallateur tätige Kläger einen Bandscheibenvorfall und musste sich deshalb einer Operation an der Bandscheibe unterziehen. Hieran schloss sich eine weitere Heilbehandlung in der W.-Klinik in Bad H. Anfang Februar 2002 an. Noch im Februar 2002 stellte der Kläger bei der Beklagten aufgrund des eingetretenen Krankheitsbildes einen Antrag auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente.

Die daraufhin von der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen ergaben, dass sich der Kläger bereits in den Monaten März, April und Oktober 1996 sowie im April 1997 und März 1999 wegen eines "BWS-LWS-Syndroms" in ärztliche Behandlung seines Hausarztes K. B., D. begeben hatte. Darüber hinaus ließ er sich am 6.2.2001 wegen Muskelverspannungen im paravertebralen Lendenwirbelsäulenbereich von seinem Hausarzt behandeln. Insoweit wird auf die ärztlichen Bescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin B. v. 28.3.2002 (Anlage B 2, GA 35/36) und v. 31.10.2003 (GA 54) Bezug genommen.

Mit Schreiben v. 2.5.2002 (Anlage B 3, GA 37) trat die Beklagte unter Hinweis auf eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht des Klägers von dem Versicherungsvertrag zurück. An dieser Entscheidung hielt sie mit Schreiben v. 22.11.2002 fest und teilte dem K...

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