Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines negativen Bietabkommens

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 19.09.2001; Aktenzeichen 13 O 79/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht aus einem mit den Beklagten abgeschlossenen Bietabkommen die Zahlung eines Teilbetrages von 11.000 DM.

Über das im Miteigentum der Eheleute S. stehende Grundstück wurde auf Antrag der C. bank … AG (künftig nur: C. bank) – erstrangige Grundpfandgläubigerin – das Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet wegen in Höhe von 289.236,42 DM angemeldeter Forderungen. Die Klägerin, die mit den Eheleuten S. in bankmäßiger Geschäftsverbindung stand, machte Darlehensrückzahlungsansprüche geltend und war an dem Zwangsversteigerungsverfahren nachrangig beteiligt.

Die amtliche Schätzung des Werts des zu versteigernden Anwesens ergab einen Verkehrswert in Höhe von 270.000 DM.

Kurz vor oder im Zwangsversteigerungstermin vom 22. Juli 1999 schloss die Klägerin mit den Beklagten ein handschriftlich verfasstes negatives Bietabkommen. Danach verpflichtete sich die Klägerin, keine Gebote abzugeben, während die Beklagten sich verpflichteten, mindestens ein Gebot in Höhe von 190.000 DM abzugeben und an die Klägerin einen Betrag von 50.000 DM zu zahlen. Der Zuzahlungsbetrag war den Eheleuten S. gutzuschreiben.

Nach einem Gebot von zunächst 189.000 DM erhielten die Beklagten auf ihr Gebot von 190.000 DM den Zuschlag. Sie sind als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Aus dem zu verteilenden Erlös erhielt die C. bank einen Betrag in Höhe von 179.579,09 DM. An nachrangige Gläubiger erfolgten keine Zahlungen.

Die Beklagten haben geltend gemacht: Das Bietabkommen verstoße gegen die guten Sitten und sei nichtig. Das Zwangsversteigerungsverfahren sei auf eine Konkurrenz der Bieter ausgerichtet. Diese solle sicherstellen, dass der Grundstückseigentümer und die am Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligten aus einem möglichst hohen Erlös Zuteilung erhielten. Hier komme der Klägerin durch die Ersteher Geld zugute, das ansonsten der erstrangigen Grundpfandgläubigerin, der C. bank, hätte zufließen müssen.

Sie, die Beklagten, hätten in solchen Rechtsdingen keinerlei Erfahrung. Ihre Unwissenheit habe die Klägerin, die von ihrer Bereitschaft gewusst habe, bis zu 240.000 DM zu bieten, ausgenutzt, um einen eigenen Vorteil zu erlangen.

Das Bietabkommen führe auch zu einer Verkürzung von Gebühren und Steuern. Es sei schließlich, da nicht notariell beurkundet, formunwirksam.

Dem ist die Klägerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung und darauf entgegengetreten, die Zuzahlung komme dem Grundstückseigentümer zugute. Überdies seien im vorliegenden Fall keine Bieter ausgeschaltet worden.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Nach der im angefochtenen Urteil niedergelegten Begründung, auf die zur Darstellung der Rechtsauffassung des Landgerichts Bezug genommen wird, ist das Bietabkommen wirksam.

Die Parteien haben ihre Sach- und Rechtsausführungen im Berufungsverfahren weiter vertieft.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Die Klägerin kann aus dem negativen Bietabkommen vom 22. Juli 1999 keine Zahlungsansprüche herleiten, denn diese Vereinbarung ist unwirksam.

1. Die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts folgt jedoch nicht aus § 313 Satz 1 BGB i.V.m. § 125 Satz 1 BGB, da mit der Eintragung der Beklagten als Eigentümer im Grundbuch der im Hinblick auf die im Bietabkommen enthaltene Erwerbs Verpflichtung formbedürftige Vertrag „gültig” im Sinne des § 313 Satz 2 BGB geworden ist (vgl. die umfangreichen Nachweise aus der Rechtsprechung bei Droste, Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer 1995, 37/42 und 43 sowie BGH NJW 1996, 1960).

2. Das negative Bietabkommen ist aber nichtig gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Es verstößt gegen die guten Sitten.

a) Diese Bestimmung hat den Hauptzweck, die Geltung von Rechtsgeschäften zu verhindern, die für eine Rechtsgemeinschaft unverträglich sind, weil sie von ihren ethischen Grundlagen abweichen (vgl. Mayer-Maly/Armbrüster in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 138 Rdnr. 1).

Die Rechtsprechung nimmt Nichtigkeit gemäß § 138 BGB an, wenn das Rechtsgeschäft nach seinem aus Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmende Gesamtcharakter gegen die guten Sitten verstößt (vgl. Nachweise bei Sack in Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung, § 138 Rdnr. 3).

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung zur Feststellung der Sittenwidrigkeit ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen, die sich in erster Linie an den Wertungen auszurichten hat, die in den Regelungen des gesetzten Rechts zum Ausdruck kommen (vgl. Nachweise bei Sack, aaO, Rdnrn. 38/39) sowie in vom Richterrecht gesetzten P...

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