Leitsatz (amtlich)

Eine "Anerkennung" der Vaterschaft kann auch darin liegen, dass ein Mann anlässlich der Eheschließung mit der Mutter ihres minderjährigen Kindes gemeinsam mit dieser beantragt, das Kind in ein vom Standesamt anzulegendes Familienbuch einzutragen. Wird diesem Antrag entsprochen, ist nach Ablauf von fünf Jahren die Anerkennung wirksam, sofern keine anderweitige rechtliche Vaterschaft besteht.

 

Normenkette

BGB § 1592 Nr. 2, §§ 1594, § 1594 ff., § 1598 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Weilheim (Beschluss vom 22.02.2011; Aktenzeichen 1 F 521/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Weilheim i. OB. vom 22.2.2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch zulässig eingelegte Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat zu Recht das Begehren des Antragsgegners auf Verfahrenskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt.

1. Soweit sich der Antragsgegner gegen seine Unterhaltsverpflichtung mit der nach wie vor aufrechterhaltenen Einwendung wehren will, er sei mangels bestehender rechtlicher Vaterschaft nicht zum Unterhalt verpflichtet, trifft das nicht zu.

a) Wie bereits der 16. Zivilsenat des OLG München im Beschl. v. 12.1.2011 - 16 UF 307/10 eingehend dargelegt hat, ist in der am 30.4.1999 gemeinsam mit der Mutter abgegebenen Erklärung des Antragstellers gegenüber dem zuständigen Standesbeamten eine Anerkennung der Vaterschaft zu sehen.

Denn mit dem Antrag, das Kind solle in das nach der Eheschließung anzulegende Familienbuch eingetragen werden, bringt der Erklärende zum Ausdruck, dass es im Rechtssinne sein Kind sein solle und er - spätestens - damit die Vaterschaft anerkenne.

Deshalb kann das Rechtsgeschäft der Anerkennung, welches § 1592 Nr. 2 BGB verlangt und das in § 1594 Abs. 1 BGB näher geregelt wird, in diesem Vorgang gesehen werden. Die nach § 1595 Abs. 1 BGB erforderliche Zustimmung der Mutter liegt darin, dass sie ebenfalls beantragt, das Kind in das Familienbuch einzutragen.

Zwar handelt es sich hier um eine Erklärung, die inhaltlich abweicht von der üblichen Art der Anerkennung mit Zustimmung, welche jeweils wörtlich oder sinngemäß zum Ausdruck bringt: "Ich erkenne an, der Vater des am& geb. Kindes &. zu sein", worauf die Mutter ausdrücklich dieser beurkundeten Erklärung zustimmt.

Jedoch kann es keinem begründeten Zweifel unterliegen, dass der gemeinsame Antrag von Ehegatten auf Eintragung eines Kindes in ein nach der Eheschließung anzulegendes Familienbuch in seinem inhaltlichen Erklärungswert eine Anerkennung mit Zustimmung darstellt. Denn der Antragsgegner hat damit gegenüber dem - auch für die Entgegennahme von Vaterschaftsanerkennungen zuständigen - Standesbeamten eine Erklärung abgegeben, welche zur Voraussetzung die eindeutige Aussage hatte: "Ich will im Rechtssinne der Vater dieses Kindes sein."

b) Dass eine Vaterschaftsanerkennung nicht "biologisch wahr" sein muss und daher auch von einem Mann abgegeben werden kann, der in Wirklichkeit nicht der Erzeuger des Kindes sind, entspricht allgemeiner Auffassung. Sogar die bewusst unrichtige Anerkennung entfaltet unter Beachtung der sonstigen Voraussetzungen Wirksamkeit (vgl. z.B. OLG Hamm NJW 2008, 1240; Rauscher FPR 2002, 359 [360]; Muscheler FPR 2005, 177); allerdings besteht auch bei bewusst wahrheitswidriger Anerkennung die Möglichkeit der Anfechtung der Vaterschaft.

c) Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass die Anerkennung durch den Antragsgegner einer ausdrücklichen und eigenständigen Erklärung - noch dazu in der Form des § 1597 Abs. 1 BGB - bedurft hätte und nicht als stillschweigender Bestandteil des Antrags auf Anlage eines Familienbuchs zu betrachten war, greift hier, wie das AG und der 16. Zivilsenat zutreffend bemerkt haben, die Vorschrift des § 1598 Abs. 2 BGB ein: Die Anerkennung selbst, nämlich die Erklärung, der rechtliche Vater des Kindes zu sein, hätte dann zwar an einem Formmangel gelitten. Dieser wurde aber durch Zeitablauf geheilt. Seit der anschließenden Eintragung in einem deutschen Personenstandsregister waren im Mai 2004 fünf Jahre verstrichen, so dass die Anerkennung wirksam wurde.

Diese zeitliche Begrenzung betrifft sämtliche in § 1598 Abs. 1 BGB erfassten Gründe ursprünglicher Unwirksamkeit (vgl. BGH FamRZ 1985, 271 zur früheren Vorschrift § 1600f BGB), also auch das Fehlen einer öffentlichen Beurkundung der Anerkennung und Zustimmung.

d) Zwar hat die genannte Entscheidung des 16. Zivilsenats keine formelle Bindungswirkung für anderweitige Verfahren, weil lediglich ein Feststellungsantrag auf Nichtbestehen der Vaterschaft des dortigen Antragstellers - der zugleich Antragsgegner im hier anhängigen Unterhaltsverfahren ist - abgewiesen wurde. Insoweit erstrecken sich die Wirkungen nur auf das konkrete Verfahrensverhältnis der Beteiligten und entfalten keine allgemeine Rechtskraftwirkung für das Bestehen des Eltern-Kind-Verhältnisses.

Gleichwohl folgt das hier erkennende Gericht bei der Vorfrage der rechtlichen Vater...

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