Leitsatz (amtlich)

Im Anwendungsbereich des § 20 GBO müssen Existenz und Identität der erwerbenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie die Vertretungsberechtigung der für sie handelnden Personen in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden (wie OLG Schleswig vom 9.12.2009 - 2 W 168/09, Rpfleger 2010, 320; gegen OLG Saarbrücken vom 26.2.2010 - 5 W 371/09-134 = ZfIR 2010, 329).

 

Normenkette

GBO §§ 20, 29 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Wolfratshausen (Beschluss vom 26.04.2010; Aktenzeichen Bl. 463)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Wolfratshausen - Grundbuchamt - vom 26.4.2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdewert beträgt 3.050.000 EUR.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Unter dem 5.12.2008 verkaufte der Beteiligte zu 1 Grundstücke an die Beteiligte zu 2, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus drei Gesellschaftern, als die sich die Beteiligten zu 3 bis 5 bezeichnen. Im notariellen Urkundeneingang heißt es dazu:

Frau J. N., Herr P. K. und Herr N. K. haben vor Beurkundung eine GbR gegründet. An der GbR sind J. K. zu ¾ und P. und N. K. zu je 1/8 beteiligt, die Gründung wird bestätigt.

Am 11.12.2008 wurde zugunsten der Beteiligten zu 3 bis 5 "als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend der in der Urkunde vom 5.12.2008 erteilten Bewilligung eine Eigentumsvormerkung eingetragen. Die notarielle Urkunde vom 5.12.2008 enthält zudem die Auflassung und die Vollmacht an den Urkundsnotar zur Erteilung der Eintragungsbewilligung.

Unter dem 22.3.2010 hat der Urkundsnotar schließlich unter Bezug auf die Urkunde vom 5.12.2008 den Vollzug der Auflassung bewilligt und beantragt sowie zugleich Löschungsantrag hinsichtlich der Eigentumsvormerkung gestellt. Mit Beschluss vom 26.4.2010 hat das Grundbuchamt die Anträge zurückgewiesen. Es hat dies darauf gestützt, dass die Auflassung an die GbR nicht im Grundbuch eingetragen werden könne, da aus der Auflassungsurkunde die Identität der Gesellschaft nicht bestimmt genug feststellbar sei. Im Anwendungsbereich des § 20 GBO müsse neben der Vertretungsberechtigung auch die Existenz und Identität der Gesellschaft nachgewiesen sein. Selbst die nachträgliche Vorlage eines in der Form des § 29 GBO geschlossenen Gesellschaftsvertrags nebst eidesstattlicher Versicherung sei nicht geeignet, den Nachweis für Identität, Existenz und Vertretung der Gesellschaft zu erbringen.

Hiergegen richtet sich die vom Urkundsnotar erhobene Beschwerde, der das Grundbuchamt am 10.5.2010 nicht abgeholfen hat.

II. Die ersichtlich namens sämtlicher Urkundsbeteiligten notariell eingelegte Beschwerde (§ 71 Abs. 1, § 73 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO) erweist sich als unbegründet. Die Auflassung an die Beteiligte zu 2 ist nicht eintragungsfähig. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beteiligte zu 3 identisch ist mit der in der Urkunde als mit ¾-Anteilen an der Gesellschaft beteiligten Person anderen (Nach-)Namens (Josée K. einerseits, Josée N. andererseits).

1. Existenz und Vertretungsverhältnisse der GbR ergeben sich nicht bereits aus der (einseitig bewilligten) Eintragung der Eigentumsvormerkung (dazu OLG Schleswig Rpfleger 2010, 320; Leitsätze 1 - 3). § 899a BGB, der auch für Eintragungen vor dem 18.8.2009 gilt (Art. 229 § 21 EGBGB; vgl. OLG München vom 18.8.2009, 34 Wx 047/09 = Mitt-BayNot 2009, 466; OLG München vom 26.8.2009, 34 Wx 054/09 = MittBayNot 2010, 126 m. Anm. Ruhwinkel), erlaubt die Vermutung (nur) in Ansehung des eingetragenen Rechts, d.h. für Rechtshandlungen mit unmittelbarem Bezug auf den Eintragungsgegenstand (Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 899a Rz. 5 u. 7), also das jeweils verzeichnete Grundstücksrecht (Miras DStR 2010, 604/607). Das folgt daraus, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, dem Grundbuch die Funktion eines allgemeinen Gesellschaftsregisters zukommen zu lassen (vgl. BT-Drucks. 16/13473, 30).

2. Nachgewiesen werden können Existenz und Vertretungsberechtigung einer GbR durch den Abschluss eines (notariellen) Gesellschaftsvertrags in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft (vgl. Böttcher ZNotP 2010, 173/176; auch Bestelmeyer Rpfleger 2010, 169/183). Eine explizite Gesellschaftsgründung ist in der Auflassungsurkunde (Kaufurkunde) nicht vorgenommen worden. Dort ist nur von einer Gründung "vor Beurkundung" die Rede. Soweit die Beschwerdebegründung darauf abhebt, die GbR sei "unmittelbar vor der Beurkundung des Kaufvertrags mündlich ge-gründet" worden, ist diese Erklärung nicht grundbuchtauglich (vgl. § 29 Abs. 1 GBO).

3. Die vom Grundbuchamt herangezogene Senatsentscheidung vom 5.2.2010 (34 Wx 116/09 = DNotZ 2010, 299 m. Anm. Ruhwinkel) würde eine Antragszurückweisung im konkreten Fall nicht rechtfertigen. Der Senat hat dort im Hinblick auf das grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgebot die Eintragungsfähigkeit verneint und jedenfalls Angaben verlangt, die es ermöglichen, die Gesellschaft als unverwechselbares Rechtssubjekt zu identifizieren (vgl. auch § 15 Abs. 1 Buchst. c GBV). Diesen Anfor...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge