Leitsatz (amtlich)

1. Zur Berücksichtigung geänderten materiellen Rechts in der Rechtsbeschwerdeinstanz.

2. Zum Vollzug eines Grundstücksgeschäfts mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter im Grundbuch eingetragen sind, nach Inkrafttreten der dafür maßgeblichen Vorschriften des ERVGBG.

3. Es erscheint fraglich, ob bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts Vollmachten, die die Gesellschafter wechselseitig berechtigen, zukünftig noch zur Vertretung der Gesellschaft im Grundbuchverkehr ausreichen. Eine "Altvollmacht" genügt aber dann, wenn beim Grundstückserwerb durch die Gesellschaft im Jahr 2006 eine Vertretung durch den anderen Gesellschafter aufgrund derselben Vollmacht stattfand.

 

Normenkette

GBO §§ 29, 47; BGB §§ 709, 714, 899a; EGBGB Art. 229 § 20 Fassung: 2009-08-11

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Beschluss vom 26.05.2009; Aktenzeichen 41 T 38/09)

AG Coburg (Beschluss vom 06.05.2009; Aktenzeichen Grundbuch von Coburg Bl. 24661)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 werden der Beschluss des LG Coburg vom 26.5.2009 und der Beschluss des AG - Grundbuchamt - Coburg vom 6.5.2009 aufgehoben.

II. Das AG Coburg - Grundbuchamt - wird angewiesen, die beantragte Eintragung der Eigentumsvormerkung an den Grundstücken Fl. St. 1851/5 und 1847 je Gemarkung Coburg vorzunehmen.

 

Gründe

I. Als Eigentümer zweier Grundstücke sind nach Auflassung vom 7.9.2006 seit 23.1.2007 die Beteiligten zu 3 und 4 "als Gesellschafter nach dem bürgerlichen Recht" eingetragen. Beim Erwerb handelte der Beteiligte zu 4 zugleich für den Beteiligten zu 3 aufgrund einer Vollmacht vom 22.8.2000, die die Beteiligten zu 3 und 4 wechselseitig zu Grundstücksgeschäften aller Art berechtigte. Mit notariellem Vertrag vom 24.3.2009 wurde der Grundbesitz an die Beteiligte zu 1 veräußert. Seitens des Verkäufers handelte nun der Beteiligte zu 3 im eigenen Namen und zugleich als Bevollmächtigter für den Beteiligten zu 4 aufgrund derselben Vollmacht. Die Beteiligten bewilligten und die Beteiligte zu 1 als Käuferin beantragte die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung. Mit Schreiben vom 31.3.2009 hat der Notar für die Antragstellerin die Eintragung der Eigentumsvormerkung beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 6.5.2009 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde, der nicht abgeholfen wurde, hat das LG mit Beschluss vom 26.5.2009 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die weitere Beschwerde des Notars, die dieser für die Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 2 (Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR) eingelegt hat.

II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 78, 80 Abs. 1 Satz 2, § 15 GBO). Zur Einlegung der Rechtsbeschwerde berechtigt sind die Beteiligten zu 1 und 2 als Antragsberechtigte (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO). Im Grundbuch eingetragen und in ihrem Recht betroffen ist auch die Beteiligte zu 2 als GbR (vgl. BGH NJW 2006, 3716). Es kommt nicht darauf an, ob die beiden Beteiligten auch von ihrem Recht zur Erstbeschwerde Gebrauch gemacht haben (Budde in Bauer/von Oefele GBO 2. Aufl., § 78 Rz. 12).

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Das AG habe den Eintragungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Eintragungsbewilligung müsse von demjenigen ausgehen, dessen Recht von der Eintragung betroffen werde, also von dem verlierenden Teil. Bewilligen müsse, wer im Zeitpunkt der Eintragung Inhaber des betroffenen Rechts sei. Dies sei die Beteiligte zu 2 als GbR. Seien im Grundbuch die Gesellschafter mit dem Zusatz "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" als Eigentümer eingetragen, so sei die Gesellschaft selbst Eigentümerin des Grundstücks. Die erforderliche Eintragungsbewilligung könne hier nur durch einen Vertreter abgegeben werden, wobei der Nachweis der gesetzlichen Vertretung gem. § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO zu erbringen sei. Dahingestellt könne in diesem Zusammenhang bleiben, ob die von dem Beteiligten zu 4 dem Beteiligten zu 3 erteilte Vollmacht dahingehend auszulegen sei, dass auch Verfügungen zum Gesellschaftsvermögen einer GbR von der Vertretungsbefugnis umfasst sein sollten. Es liege jedenfalls keine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde vor, die die Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 3 nachweise, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für die Beteiligte zu 2 zu bewilligen. Auch aus der Urkunde vom 21.9.2006 über den Grundstückserwerb ergebe sich nichts anderes. Diese vermöge - wenn überhaupt - nur zu belegen, dass die beiden Personen zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde Gesellschafter der Beteiligten zu 2 und mithin vertretungsberechtigt gewesen seien. Hinsichtlich des aktuellen Bestandes der Gesellschaft und der Vertretungsberechtigung habe die Erwerbsurkunde keine Aussagekraft. Die Vertretungsberechtigung ergebe sich auch nicht aus §§ 891, 892 BGB. Das Vertrauen in die Vertretungsbefugnis eines oder mehrerer Gesellschafter werde durch den Grundbucheintrag nicht gesch...

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