Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbswidrigkeit durch gleichzeitiges Aufstellen von Geldspielgeräten und Wettautomaten in einer Gaststätte; Keine Wettbewerbswidrigkeit durch gleichzeitiges Aufstellen von Geldspielgeräten und Sportwettterminals in Gaststätte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Gaststätte fällt (nur) dann unter den Begriff der Spielhalle im Sinn von § 3 Abs. 7 GlüStV, wenn sie ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder Wettautomaten dient.

2. § 3 Abs. 1 SpielV enthält keine Regelung über das Aufstellen von Sportwettterminals. Sportwettterminals sind keine Spielgeräte.

3. Aus § 21 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GlüStV folgt weder in direkter noch in analoger Anwendung ein Verbot, in einer Gaststätte zugleich Geldspielgeräte und Sportwettterminals aufzustellen.

4. § 1 GlüStV stellt mangels verbindlichen Regelungscharakters mit Sanktionsmöglichkeit keine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar.

 

Normenkette

EGGVG § 8 Abs. 2; GlüStV § 3 Abs. 7, §§ 10 a, 10 Abs. 6, § 21 Abs. 2; SpielV § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 3; StGB § 284; UWG § 3a

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Urteil vom 08.03.2018; Aktenzeichen 1 HK O 1639/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.11.2019; Aktenzeichen I ZR 42/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 08.03.2018, Az. 1 HK O 1622/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten sich darüber, ob das gleichzeitige Aufstellen von Geldspielgeräten und Wettautomaten in der Gaststätte "S. C." der Beklagten in K., ..., wettbewerbswidrig ist.

Mit Urteil vom 18.03.2018 hat das Landgericht die Klage des Klägers, des Interessenverbands der Automatenunternehmer mit 2.000 Mitgliedern, darunter zwei Mitgliedern aus Ka., einem Mitglied aus dem ca. 10 km entfernten Ma., einem weiteren Mitglied aus dem ca. 40 km entfernten Ke. und einem Mitglied aus Kau., darauf gerichtet, die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung (näher bezeichneter Ordnungsmittel) zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd in der eigenen Schank- oder Speisewirtschaft gleichzeitig sowohl Geldspielgeräte als auch Wettautomaten aufzustellen und/oder aufgestellt zu haben und/oder zu betreiben,

2. an den Kläger Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28.09.2017 zu zahlen,

3. an den Kläger Auskunftskosten in Höhe von 5,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.2017 zu zahlen,

4. an den Kläger Detektivkosten in Höhe von 111,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

abgewiesen.

Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, ausgeführt:

Die Aktivlegitimation des Klägers folge aus der Mitgliedschaft von insgesamt fünf Automatenaufstellunternehmen in Kaufbeuren bzw. in der näheren Umgebung.

Das angegriffene geschäftliche Verhalten der Beklagten verstoße nicht gegen gesetzliche Vorschriften, der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch bestehe daher nicht.

Eine Gaststätte sei keine Spielhalle bzw. Spielbank im Sinne von § 21 Abs. 2 des Glückspielstaatsvertrages vom 15.12.2011 (nachfolgend: GlüStV). Dies folge schon aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 7 GlüStV. Hiernach falle eine Gaststätte unter den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2 GlüStV nur dann, wenn sie ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spiel- oder Wettautomaten diene. Soweit der Kläger behaupte, der Betrieb der Geldspiel- und Wettautomaten im streitgegenständlichen "S. C." bilde den Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit der Beklagten, sei er darlegungs- und beweisbelastet. Entsprechende Nachweise seien nicht geführt worden.

Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf § 3 Abs. 1 der Spielverordnung (SpielV) berufen. Von dieser Vorschrift sei ausschließlich das Aufstellen von Geld- oder Warenspielgeräten umfasst, sie beziehe sich nicht auf Sportwettautomaten. Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, über die in § 3 Abs. 1 SpielV genannte Anzahl an Geld- oder Warenspielgeräten ("höchstens 3") hinaus dürfe in Gaststätten kein weiteres, unter den Begriff des Glücksspiels fallendes Gerät aufgestellt werden, finde dies im Wortlaut der Verordnung keine Grundlage.

Aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV ergebe sich kein gesetzliches Verbot im Sinne von § 3 a UWG. Darin sei nämlich nicht das Aufstellen von Spielgeräten in Gaststätten geregelt. Derartiges ergebe sich ausschließlich aus § 3 SpielV.

Ein Verbot könne auch nicht aus § 1 des GlüStV hergeleit...

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