Leitsatz (amtlich)

1. Aus dem vertraglichen Charakter des Vorschussanspruchs folgt, dass der Auftragnehmer grundsätzlich berechtigt ist, den zur Mängelbeseitigung gezahlten Vorschuss zurückzufordern, wenn der Auftraggeber die Mängelbeseitigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist durchführt oder diese nicht mehr ernsthaft betreibt.

2. In welcher Zeit der Auftraggeber die Nachbesserung vorzunehmen und eine Abrechnung zu erteilen hat, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Allgemein wird ein Richtwert von einem halben, äußerstenfalls von einem Jahr nach Zahlung des im vorliegenden Fall titulierten Vorschussanspruches angenommen Im Einzelfall kann aber auch eine Frist von vier Jahren angemessen sein.

3. Im konkreten Fall kann selbst unter Beachtung der umfangreichen und teilweise technisch schwierigen Mängelbeseitigungsarbeiten und des Umstandes, dass das Haus des Beklagten bewohnt und teilweise vermietet ist und er als Handelsvertreter nicht täglich zu Besprechungen mit dem Architekten und den Handwerkern zur Verfügung stand, allenfalls eine Frist von 1 ½ Jahren nach Zahlung des Vorschusse als angemessen für die Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten angenommen werden.

4. Der Senat folgt nicht der vereinzelt gebliebenen Auffassung, dass der zur Mängelbeseitigung gezahlte Vorschuss bei seiner verspäteten Verwendung nicht zurück zu zahlen sei, sondern dass der Bauherr in diesem Fall mit Erfolg mit den Kosten der Mängelbeseitigung abrechnen könne, die bei rechtzeitiger Verwendung des Vorschusses angefallen wären. Denn aus dem vertraglichen Charakter des Rückzahlungsanspruches bei nicht rechtzeitiger Verwendung des zur Mängelbeseitigung gezahlten Vorschusses innerhalb einer angemessen Frist und der Zweckgebundenheit des Vorschusses folgt, dass nach Ablauf der angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung die Berechtigung des Bauherrn entfällt, den zweckgebunden gezahlten Vorschuss zu behalten

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 23.11.2007; Aktenzeichen 3 O 1694/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.01.2010; Aktenzeichen VII ZR 108/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23.11.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Osnabrück unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 38.656 EUR nebst 10,25 % Zinsen seit dem 26.8.2006, 10,5 % Zinsen seit dem 1.1.2007, 10,75 % Zinsen seit dem 1.4.2007 sowie 11 % Zinsen seit dem 1.7.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit i.H.v. 742,40 EUR erledigt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 20 % der Klägerin und zu 80 % dem Beklagten auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 14 % die Klägerin und zu 86 % der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung eines zur Beseitigung von Baumängeln geleisteten Kostenvorschusses sowie Erstattung eines ihm zuerkannten Minderungsbetrages.

Die Klägerin errichtete gemäß Bauvertrag vom 3.4.1993 für den Beklagten in I. ein Wohnhaus mit Garage. Wegen Baumängel führte der Beklagte gegen die Klägerin einen Rechtsstreit vor dem LG Osnabrück (Az: 3O 3441/98). Mit Urteil des LG Osnabrück vom 14.5.2004 wurde die Klägerin zur Zahlung eines Betrages von 34.642,14 EUR (67.754,14 DM) nebst 4 %Zinsen seit dem 7.1.1999 verurteilt. Das LG hat dabei festgestellt, dass dem Beklagten wegen Baumängel ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung von Sachverständigenkosten i.H.v. 1.842,62 EUR (3.630,83 DM) und ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung von Mängeln i.H.v. insgesamt 32.397,57 EUR (63.364,14 DM) netto, dass sind 37.581,18 EUR (73.502,40 DM) brutto, sowie ein Minderungsanspruch i.H.v. 2.423,52 EUR (4.740 DM) zustehe. Nach Abzug eines Einbehaltes von 7.516,01 EUR (14.700.03 EUR) verbleibe der ausgeurteilte Betrag. Weiter wurde festgestellt, dass die Klägerin zum Ersatz darüber hinausgehender Mängelbeseitigungskosten verpflichtet ist. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil vom 14.5.2004 Bezug genommen. Die Klägerin zahlte an den Beklagten am 30.7.2004 einen Betrag von 42.712,57 EUR, der sich aus dem Kostenvorschussbetrag von 37.581,18 EUR sowie 4 % Zinsen hierauf vom 7.1.1999 bis zum 30.7.2004 zusammensetzt. Der Beklagte ließ in der Folgezeit über den von ihm beauftragten Architekten N. Angebote für die Mängelbeseitigung einholen. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19.7.2006 übersandte er der Klägerin eine Angebotsübersicht mit der Bitte um Stellungnahme. Die Klägerin rügte daraufhin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 15.8.2006 die Höhe der vorgelegten Angebote und verlangte unter Fristsetzung bis zum 25.8.2006 die R...

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