Leitsatz (amtlich)

1. Ein Grundstücksmiteigentümer und Ersteher im Teilungsversteigerungsverfahren kann dem Anspruch des Miteigentümers auf Einwilligung in die Auszahlung des hälftigen Erlöses nach Hinterlegung des gesamten Versteigerungserlöses und Begleichung der Gemeinschaftsverbindlichkeiten weder ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer möglichen Zugewinnausgleichsforderung oder nichtgüterrechtlicher gemeinschaftsfremder Ansprüche noch die Aufrechnung mit derartigen Ansprüchen entgegenhalten.

2. Mit den Nutzungsentschädigungsansprüchen vor Rechtskraft der Scheidung gem. § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB, die in der ehelichen Gemeinschaft und gerade nicht in der Grundstücksgemeinschaft wurzeln, kann gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zur Auskehrung des hälftigen Teilungsersteigerungserlöses nicht aufgerechnet und auch insoweit kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.

 

Normenkette

BGB § 749 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Böblingen (Beschluss vom 26.08.2015; Aktenzeichen 16 F 1545/14)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.02.2017; Aktenzeichen XII ZB 137/16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Böblingen - 16 F 1545/15 - vom 26.8.2015 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 126.528,-- EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen und beschränkt auf folgende Frage:

Kann ein Grundstückseigentümer und Ersteher im Teilungsversteigerungsverfahren nach Hinterlegung des gesamten Versteigerunserlöses und Begleichung der Gemeinschaftsverbindlichkeiten dem Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung des hälftigen Erlöses ein Zurückbehaltungsrecht oder die Aufrechnung mit gemeinschaftsfremden Rechten entgegenhalten?

 

Gründe

I. Die geschiedenen Beteiligten streiten über die Auszahlung des Teilungsversteigerungserlöses aus dem ursprünglich im hälftigen Miteigentum der Beteiligten stehenden Hausgrundstück W.-Weg in N., das der Antragsgegner ersteigert hat. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich gegen seine Verpflichtung zur Zustimmung zur hälftigen Auszahlung des bei der Hinterlegungsstelle des AG N. hinterlegten Versteigerungserlöses im Wege eines erstinstanzlichen Versäumnisbeschlusses.

Die am 22.8.1991 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde durch Beschluss des AG N. -, rechtskräftig seit 19.7.2011, geschieden. Die Beteiligten lebten bereits seit April 2009 getrennt voneinander, wobei die Antragstellerin mit den beiden seinerzeit 14 und 17jährigen Kindern in dem beschwerdegegenständlichen Anwesen verblieb und der Antragsgegner in die Region S., wo er berufstätig ist, verzog. Eine ausdrückliche Regelung über die Trennungsmodalitäten wurde nicht getroffen. Die Antragstellerin verblieb mit den Kindern bis 31.12.2012 in dem Haus W-Weg in N., während der Antragsgegner die laufenden Hauskosten bestritt und keinen Trennungs- oder nachehelichen Ehegattenunterhalt bezahlte. Die Antragstellerin hatte als Folge der Trennung ihre Erwerbstätigkeit von 18 Stunden auf 30 Stunden wöchentlich erhöht. Ende 2012 informierte die Antragstellerin den Antragsgegner schriftlich über den Auszug aus dem Eigenheim.

Der Antragsgegner hatte bereits am 31.8.2012 das ursprünglich ebenfalls im Miteigentum der Beteiligten stehende Anwesen in der B. in N. ersteigert und erhielt auch in dem vorliegenden von der Antragstellerin betriebenen Teilungsversteigerungsverfahren im Versteigerungstermin am 6.12.2013 mit einem Gebot von 120.001,-- EUR den Zuschlag. Die Antragstellerin hatte bis zur Höhe bis 120.000,-- EUR im Versteigerungsverfahren mitgeboten und für den nach Abzug der Sicherheitsleistung noch zu bezahlenden Betrag in voller Höhe bei der Hinterlegungsstelle des AG N. Hinterlegungsantrag gestellt. Nach Abzug diverser Kosten verblieb eine zu verteilende Teilungsmasse in Höhe von 116.357,04 EUR. Mit Schreiben vom 29.12.2013 teilte die Antragstellerin dem AG N. mit, dass sie mit der Aufteilung des Betrages zu gleichen Teilen einverstanden sei. Eine entsprechende Erklärung wurde vom Antragsgegner jedoch nicht abgegeben, sondern von ihm die Auskehrung eines Betrages von 72.178,52 EUR an ihn verlangt, da ihm u.a. noch Ansprüche auf anteilige Nutzungsentschädigung gegen die Antragstellerin zustünden. Hinsichtlich der Nutzungsentschädigung für zwei Monate (Juli und August 2011) hatte der Antragsgegner auch unter dem Aktenzeichen beim AG N. ein Mahnverfahren betrieben, nach dem Widerspruch der Antragstellerin seinen Anspruch jedoch nicht begründet. Im Verteilungstermin zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft am 7.1.2014 vor dem AG N. (vgl. AZ) hatte der Antragsgegner die Nutzungsentschädigung für insgesamt 35 Monate á 400,-- EUR geltend gemacht. Nachdem eine Einigung nicht erzielt wurde wurde der verbleibende Erlös in der genannten Höhe bei der Hinterlegungsstelle des AG N. (AZ) in Ausführung des Teilungsplanes hinterlegt und festgestellt (Bl. 87), dass die restliche Teilungsmasse der ehemaligen Eigentümergemeinschaft gemeinschaftlich zusteht.

Neb...

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