Leitsatz (amtlich)

1. Es stellt eine die Amtslöschung gemäß § 142 FGG rechtfertigende Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften dar, wenn das Registergericht eine GmbH gemäß § 141a Abs. 1 Satz 1 FGG wegen Vermögenslosigkeit löscht, ohne zuvor über den (fristgerecht) erhobenen Widerspruch gemäß § 141a Abs. 2 Satz 3 FGG i.V.m. § 141 Abs. 3 FGG rechtskräftig entschieden zu haben.

2. In einem solchen Fall ist erst nach der Amtslöschung der Löschung im Verfahren gemäß § 141a Abs. 2 Satz 3 FGG i.V.m. § 141 Abs. 3 FGG zu prüfen, ob die Gesellschaft tatsächlich vermögenslos ist (Anschluss an BayObLG DB 1978, 338).

 

Normenkette

FGG § 141 Abs. 3 und 4, § 141a Abs. 1 und 2, §§ 142-143, 60 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 1 HT 1/01,)

AG Koblenz (Aktenzeichen 5 HRB)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Koblenz vom 2.4.2001 werden aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG Koblenz zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Das AG – Registergericht – Koblenz hat den Geschäftsführern der beteiligten Gesellschaft (GmbH) angekündigt, es beabsichtige, diese gem. § 141a FGG wegen Vermögenslosigkeit zu löschen. Innerhalb der ihnen zugleich gesetzten Frist haben die Geschäftsführer Widerspruch erhoben. Ohne hierüber zu entscheiden, hat das Registergericht die Beteiligte gem. § 141a FGG von Amts wegen gelöscht. Hiergegen hat die Beteiligte „Einspruch” eingelegt. Das AG hat der „Beschwerde” aus den fortbestehenden Gründen der Löschung von Amts wegen nicht abgeholfen und die Akten dem LG Koblenz zur Entscheidung vorgelegt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die 1. Kammer für Handelssachen des LG „auf den Antrag der Antragstellerin” die Löschung der Amtslöschung abgelehnt. Hiergegen hat die Beteiligte „Einspruch” eingelegt.

II. 1. Das von der beteiligten Gesellschaft als „Einspruch” bezeichnete Rechtsmittel ist als Erstbeschwerde zulässig.

Das LG Koblenz hat nach dem Eingang des angefochtenen Beschlusses, der Fassung der Formel und den Gründen eine erstinstanzliche Entscheidung getroffen. Die Frage, ob die Beteiligte nach dem Meistbegünstigungsprinzip (vgl. BGHZ 40, 265 [267] = MDR 1964, 227; BGHZ 72, 182 [187 f.] = MDR 1979, 214; BGHZ 73, 87 [89] = MDR 1979, 382; BGH v. 17.10.1986 – V ZR 169/85, BGHZ 98, 362 [364] = MDR 1987, 221; v. 5.7.1990 – Lw ZR 7/89, MDR 1991, 247 = NJW-RR 1990, 1483; Habscheid, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 50 VII B 3c; Pawlowski/Smid, Freiwillige Gerichtsbarkeit Rz. 111) auch eine weitere Beschwerde hätte einlegen können (vgl. OLG Hamm DNotZ 1954, 92 [93] mit abl. Anm. Grussendorf), bedarf keiner Entscheidung. Denn nach dem erkennbaren Willen der Beteiligten handelt es sich bei ihrem Einspruch um eine Erstbeschwerde: Sie hat das Rechtsmittel privatschriftlich eingelegt (vgl. §§ 21 Abs. 2, 29 Abs. 1 FGG) und es auch mit dem Vortrag neuer Tatsachen begründet (s. §§ 23, 27 Abs. 1 FGG).

Zur Entscheidung über die Erstbeschwerde ist der Senat berufen. Zwar weist § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b Gerichtsorganisationsgesetz (BS 300-1) dem Pfälzischen OLG Zweibrücken die Zuständigkeit auch für den Bezirk des OLG Koblenz nach seinem Wortlaut nur für diejenigen Entscheidungen zu, die auf das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergehen. Aus der Übertragung der letztinstanziellen Entscheidung anstelle des örtlich zuständigen OLG ist jedoch zu schließen, dass das Pfälzische OLG auch insoweit als Beschwerdegericht für das Land Rheinland-Pfalz zuständig ist, als sich das Rechtsmittel gegen eine erstinstanzliche Entscheidung des LG richtet (OLG Zweibrücken NJW 1967, 1760 [1761]; Keidel/Winkler, FG, 14. Aufl. § 199 Rz. 32; vgl. auch BayObLGZ 1950, 648 [649]; BayObLGZ 1951, 650 [653]; BayObLGZ 1953, 36 [37]; BayObLGZ 1956, 89 [91]).

Die – einfache (§ 19 Abs. 1 FGG; vgl. BayObLGZ 1956, 303 [309]; KG v. 13.5.1986 – 1 W 2021/84, OLGZ 1986, 296 f. = AG 1987, 41) – Beschwerde ist gem. § 21 Abs. 2 FGG formgerecht eingelegt worden. Die beteiligte Gesellschaft ist gem. § 20 Abs. 1 FGG (vgl. zur Unanwendbarkeit des § 20 Abs. 2 FGG OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.1.1997 – 3 W 218/96; Keidel/Winkler, FG, 14. Aufl., § 142 Rz. 21) beschwerdeberechtigt, weil die am 21.3.2001 erfolgte Eintragung ihrer Löschung nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG kraft Gesetzes zu ihrer Auflösung und damit zu einem Eingriff in ihren rechtlichen Bestand führt (vgl. BayObLG v. 12.1.1995 – 3Z BR 256/94, BayObLGZ 1995, 9 [10 f.] = GmbHR 1995, 531 = BayObLGReport 1995, 37; v. 4.6.1997 – 3Z BR 44/97, BayObLGReport 1997, 62 = GmbHR 1997, 1003). Für die Durchführung eines Amtslöschungsverfahrens nach § 142 FGG ist die Gesellschaft als fortbestehend anzusehen (OLG Hamm v. 12.11.1992 – 15 W 266/92, GmbHR 1993, 295 = NJW-RR 1993, 547 [548]; Keidel/Winkler, FG, 14. Aufl., § 141a Rz. 15); sie kann in diesem Verfahren deshalb auch von ihrem (verbliebenen) bisherigen Geschäftsführer vertreten werden, obwohl die Löschung der Gesellschaft nach § 141a FGG grundsätzlich...

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