Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgerechtsfeststellung bei gesetzlicher Vaterschaft zweier Ehemänner infolge Doppelehe

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Feststellung des Sorgerechts für ein Kind bei gesetzlicher Vaterschaft zweier Ehemänner infolge Doppelehe (unabsichtliche oder absichtliche Bigamie).

Zur Vermeidung einer doppelten Vaterschaft ist die gesetzliche Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB bei einer Doppelehe auf einen der Ehemänner zu beschränken.

Wenn die Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit zwei verschiedenen Männern wirksam die Ehe geschlossen hat, gilt § 1593 Satz 3 BGB analog. Gesetzlicher Vater des in die zweite Ehe geborenen Kindes ist allein der später geheiratete, zweite Ehemann.

 

Normenkette

BGB §§ 1306, 1592 Nr. 1, §§ 1593, 1594 Abs. 2, § 1599 Abs. 1, § 1600d Abs. 4, § 1626 Abs. 1, §§ 1666, 1671; EGBGB Art. 11, 13; ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1, § 621e Abs. 1, 4, § 640 Abs. 2 Nr. 5

 

Verfahrensgang

AG Kaiserslautern (Beschluss vom 29.08.2008; Aktenzeichen 1 F 842/06)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen Auslagen des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3 000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

5. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt. Ihr wird antragsgemäß Rechtsanwältin ..., ..., zur Vertretung im Beschwerdeverfahren beigeordnet.

 

Gründe

Die Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige und hat mit dem Antragsgegner, der die nigerianische Staatsangehörigkeit inne hat, am ... 2001 in .../Nigeria die Ehe geschlossen. Sie reichten die Heiratsurkunde bei der deutschen Botschaft in ... zur Erlangung eines Visums für den Antragsgegner ein. Auf Grund der dortigen Auskünf-

te ging die Antragstellerin davon aus, dass es einer Anerkennung der Eheschließung in Deutschland für deren Wirksamkeit bedürfe.

Am ... 2003 heirateten die Antragstellerin und der weiter Beteiligte zu 3 in ...

Am ... 2003 wurde das betroffene Kind von der Antragstellerin geboren.

Die Ehe der Antragstellerin mit dem Antragsgegner wurde durch Urteil des AG - FamG - Kaiserslautern vom 25.7.2006 - 1 F 1053/05, geschieden.

Die Antragstellerin hat die Feststellung begehrt, dass sie gemeinsam mit dem weiter Beteiligte zu 3 die elterliche Sorge für L. innehat.

Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten.

Das FamG hat dem Feststellungsantrag entsprochen. Das Gesetz regle die Vaterschaft bei gleichzeitigem Bestehen zweier Ehen nicht. In Analogie zu § 1593 Satz 3 BGB sei hier der zweite Ehemann der Antragstellerin als Vater anzusehen. Dies sei Grundlage für die Feststellung, dass die Antragstellerin mit dem weiter Beteiligte zu 3 die elterliche Sorge für L. ausübe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des weiter Beteiligten zu 2. Er beanstandet die Analogie zu § 1593 Satz 3 BGB, da es an einer vergleichbaren Interessenlage fehle, weil hier nicht ein in Betracht kommender Vater verstorben sei. Es sei unstreitig, dass der Beklagte zu 2 der biologische Vater des Kindes sei. Dagegen sei die Ehe der Antragstellerin mit dem Beteiligten zu 3 aufhebbar, so dass der Ehe mit dem weiter Beteiligten zu 2 ein Vorrang zukomme.

II.1. Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist nach §§ 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und begegnet auch sonst keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

a) Der Feststellungsantrag der Antragstellerin ist zulässig, es besteht insbesondere ein Feststellungsinteresse, wer von den weiter Beteiligten neben der Antragstellerin auf Grund der Vaterschaftsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB sorgeberechtigt ist. Hier steht § 1600d Abs. 4 BGB, der die Feststellung der Vaterschaft als Vorfrage im Rahmen eines anderen Verfahrens ausschließt, schon deshalb nicht entgegen (zu sonstigen Ausnahmen nach der neueren Rechtsprechung vgl. BGH FamRZ 2009,32), da eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nach § 1600d Abs. 1 BGB gerade voraussetzt, dass keine Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB besteht. Hier dagegen liegt - sogar - eine doppelte Vaterschaftsvermutung nach § 1592 Nr. 1 BGB vor.

§ 640 Abs. 2 Nr. 5 ZPO, wonach Verfahren über die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge der einen Partei für die andere Kindschaftssache im Sinne des Gesetzes ist, findet hier keine Anwendung, da sich der Antrag weder gegen das betroffene Kind richtet ist noch von ihm gestellt wurde.

Ob es sich vorliegend um eine Familiensache i.S.v. § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO handelt, wonach es für die Zuständigkeit des FamG auf die Vorschriften des BGB über die elterliche Sorge ankommt (die ein Feststellungsverfahren des FamG betreffend die elterliche Sorge nicht vorsehen), ist in zweiter Instanz nicht mehr zu prüfen (§ 621e Abs. 4 Satz 1 ZPO).

b) Die elterliche Sorge für ein Kind wird von den Eltern ausgeübt, § 1626 Abs. 1 BGB. Wird ein Kind während...

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