Leitsatz (amtlich)

Der Verfahrenswert der familiengerichtlichen Genehmigung zur Ausschlagung einer Erbschaft ist auch nach Inkrafttreten des 2. KostRMoG vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) unter Abzug der Verbindlichkeiten in voller Höhe zu bestimmen, so dass bei Nachlassüberschuldung der Wert mit Null anzusetzen ist (im Anschluss an OLG München FamRZ 2013, 904 zur KostO).

 

Normenkette

BGB § 1643 Abs. 2 S. 1; FamGKG § 36; GNotKG §§ 38, 102, 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Landau (Pfalz) (Entscheidung vom 14.09.2017; Aktenzeichen 2 F 156/17)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Landau in der Pfalz - Zweigstelle Bad Bergzabern - vom 14.09.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes ist gebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die nach Maßgabe des § 59 Abs. 1 FamGKG statthafte Beschwerde, über die der Senat gemäß § 59 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 57 Abs. 5 S. 2 FamGKG in seiner Gesamtheit zu entscheiden hat, ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere kann der Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 RVG aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen.

Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Für den Verfahrenswert der familiengerichtlichen Genehmigung der Ausschlagung einer Erbschaft (§§ 1643 Abs. 2 S. 1, 1942 ff. BGB) gilt grundsätzlich § 36 FamGKG (Hellstab in: Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG Stand November 2017, § 36 Rn. 3). Nach § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist der Wert des zugrunde liegenden Geschäfts maßgebend. Dessen Bewertung erfolgt auf Grund der Verweisung in Abs. 1 S. 2 durch die entsprechende Anwendung des § 38 GNotKG und der für eine Beurkundung geltenden besonderen Geschäftswert- und Bewertungsvorschriften des GNotKG.

Nach § 38 S. 1 GNotKG werden Verbindlichkeiten, die auf einem Geschäftsgegenstand lasten, bei der Wertfeststellung nicht abgezogen, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. In Nachlassangelegenheiten ordnet das GNotKG jedoch (entgegen § 38 S. 2 GNotKG) im gerichtlichen Verfahren (§ 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG) und für die notarielle Beurkundung bzw. den Entwurf von Erklärungen gegenüber dem Nachlassgericht (§ 103 Abs. 1 GNotKG) den vollen Abzug bestimmter Verbindlichkeiten an; für erbrechtliche Angelegenheiten gilt § 102 GNotKG. Zu den Erblasserschulden gehören alle Verbindlichkeiten des Erblassers, die bereits bei seinem Tode entstanden waren, einschließlich Hypotheken, Grund- und Rentenschulden in Höhe ihrer Valutierung (dazu OLG Celle DNotZ 1962, 48; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 102; Korintenberg/Bormann, GNotKG, 20. Aufl. 2017, § 38 Rn. 5).

Während im vorliegenden Verfahren kein Fall des § 40 Abs. 1 oder Abs. 5 GNotKG gegeben und eine analoge Anwendung ausgeschlossen ist (Bormann in: Korintenberg/Bormann, a.a.O., § 38 Rn. 4), greift der Regelungsgehalt des § 103 Abs. 1 GNotKG. Danach ist der Wert einer Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht ausgehend vom betroffenen Vermögen oder des betroffenen Bruchteils nach Abzug der Verbindlichkeiten zu bemessen. Der Schuldenabzug findet in voller Höhe statt. Ist der Nachlass überschuldet, ist der Wert grundsätzlich mit Null anzusetzen (Diehn in: Korintenberg/Bormann, a.a.O., § 103 Rn. 14; Krause in: Fackelmann/Heinemann, GNotKG, § 103 Rn. 5, 13). Dies gilt auch für die Genehmigung der Ausschlagung einer Erbschaft zu Gunsten eines Minderjährigen (noch zu § 46 Abs. 4 KostO OLG München, Beschluss vom 06. November 2012 - 4 WF 1441/12 -, juris abgedruckt in FamRZ 2013, 904; zur Ausschlagung selbst Diehn in: Korintenberg/Bormann, a.a.O., § 103 Rn. 15; a.A. Thiel in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl. 2016, Rn. 7695, wonach der (Mindest-) Verfahrenswert mit bis zu 500,00 EUR festzusetzen sei), so dass der Verfahrenswert auch hier mit 0,00 EUR anzusetzen ist. Darauf, ob mit Rücksicht auf eine gegebenenfalls vorzunehmende Wertaddition nach § 33 Abs. 1 FamGKG bzw. § 35 Abs. 1 GNotKG bei mehreren Ausschlagungserklärungen, der Verfahrenswert trotz Fehlen eines wirtschaftlichen Wertes mit 500,00 EUR zu bemessen ist (so Thiel in Schneider/Herget a.a.O.; anders Diehn in: Korintenberg/Bormann, a.a.O., § 103 Rn. 15), kommt es hier nicht an, da auch der Verfahrenswert 0 die Gebühren der niedrigsten Wertstufe auslöst (vgl. Thiel in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG 2. Aufl. 2014 § 36 Rn. 39).

Insbesondere bemisst sich der Verfahrenswert im vorliegenden Verfahren nicht nach § 102 Abs. 1 GNotKG, der an die Stelle des § 46 Abs. 4 KostO getreten ist, und die Verbindlichkeiten nicht in Gänze, sondern nur bis zur Hälfte des Vermögenswertes abzieht (so aber Thiel in: Schneider/Volpert/Fölsch, a.a.O., wonach die Ausschlagung einer Erbschaft eine erbrechtliche Angelegenheit i.S.d. § 102 GNotKG darstelle und § 103 GNotKG nicht einschlägig sei, zumal § 102 GNotKG an die Stelle des § 46 Abs. 4 KostO getreten ist). Der Regelungsgehalt des § 102 GNotKG betrifft nicht alle erbrechtlichen Angelegenheiten, sondern...

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