Entscheidungsstichwort (Thema)

Spruchverfahren nach börsenrechtlichem Delisting - CompuGROUP Holding AG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein nach dem Börsenrückzug einer Aktiengesellschaft anhängig gemachtes Spruchverfahren erledigt sich in der Hauptsache, wenn die Aktien wieder zum geregelten Markt zugelassen werden und das vorangegangene Delisting für die Minderheitsaktionäre keine negativen Auswirkungen hatte (Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 28.7.2004 - 3Z BR 87/04 -).

2. Tritt die Erledigung der Hauptsache im Beschwerdeverfahren ein, wird das Rechtsmittel unzulässig, wenn keine Beschränkung auf die Entscheidung im Kostenpunkt erfolgt.

3. Die Frist für die Beantragung eines Spruchverfahrens nach einem börsenrechtlichen Delisting beginnt mit der Veröffentlichung der Entscheidung über den Widerruf der Börsenzulassung in einem überregionalen Börsenpflichtblatt (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 3.8.2004 - 3 W 60/04 -). Es besteht kein Anlass, den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des "Macrotron"-Urteils des BGH vom 25.11.2002 (BGHZ 153, 47) hinauszuschieben (Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 1.12.2004 - 3Z BR 106/04 -).

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 28.02.2007; Aktenzeichen 1 HKO 110/03)

 

Tenor

I. Die Beschwerden werden als unzulässig verworfen.

II. Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) haben die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Beteiligten zu 15) deren im zweiten Rechtszug entstandene außergerichtliche Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Berufungsverfahren wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist eine inzwischen wieder börsennotierte Aktiengesellschaft für das Halten und Verwalten von Beteiligungen an anderen Gesellschaften auf dem Gebiet der medizinischen Software. Die Aktien der Gesellschaft waren an der Börse in Frankfurt am Main zum amtlichen Handel zugelassen und wurden in dem für die vorliegend zu treffende Entscheidung maßgeblichen Zeitraum auch durchgängig im Freiverkehr der Stuttgarter Börse gehandelt. Am 30.8.2002 ermächtigte die Hauptversammlung der Gesellschaft den Vorstand, bei der Börse in Frankfurt am Main den Widerruf der Zulassung zum Aktienhandel zu beantragen. Die dem Antrag stattgebende Widerrufsentscheidung der Frankfurter Börse wurde am 21.1.2003 im Handelsblatt veröffentlicht. In der Folgezeit verzeichnete der Kurs der Aktien der Gesellschaft im Freihandel an der Stuttgarter Börse einen erheblichen und dauerhaften Anstieg.

Mit Schriftsatz an das für den Sitz der Gesellschaft zuständige LG Koblenz vom 10./18.5.2003 beantragte die Beteiligte zu 4), aus Anlass des Rückzugs der Antragsgegnerin von der Frankfurter Börse unter entsprechender Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren eine angemessene Barabfindung für die Minderheitsaktionäre gerichtlich festzusetzen. Diesem Begehren schlossen sich danach die Beteiligten zu 1) bis 3), 5) bis 13) sowie der Beteiligte zu 14) als vom LG bestellter Vertreter der außen stehenden Aktionäre an.

Das LG hat am 28.2.2007 sämtliche Anträge unter Berufung auf eine Entscheidung des beschließenden Senats zum Beginn der Antragsfrist für ein Spruchverfahren im Falle des Delisting (Beschluss vom 3.8.2004 - 3 W 60/04 = OLGR 2004, 568) als verfristet zurückgewiesen. Dagegen richten sich die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 14. und 15.3.2007.

Seit dem 3.5.2007 sind die Aktien der Gesellschaft wieder zum Handel im geregelten Markt an der Frankfurter Börse zugelassen.

II.1. Nach dem "Macrotron"-Urteil des 2. Zivilsenats des BGH vom 25.11.2002 (BGHZ 153, 47 = NZG 2003, 280 = NJW 2003, 1032 = WM 2003, 533 = ZIP 2003, 387 = DB 2003, 544 = MDR 2003, 515) erfordert die Beendigung der Notierung einer Gesellschaft an der Börse (sog. Delisting) ein Abfindungsangebot an die Minderheitsaktionäre sowie die Möglichkeit von dessen Überprüfung in einem gerichtlichen Spruchverfahren.

Ausgehend von den in der vorgenannten Entscheidung aufgestellten Grundsätzen sind auf das vorliegende Verfahren die gesetzlichen Bestimmungen über das Spruchverfahren entsprechend anzuwenden, für den ersten Rechtszug in ihrer bis zum 1.9.2003 geltenden Ausgestaltung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG).

Gegen den angefochtenen Beschluss des LG ist danach entsprechend §§ 306 Abs. 2 a.F., 99 Abs. 3 Satz 2 AktG, § 12 Abs. 1 SpruchG das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eröffnet; auf das Beschwerdeverfahren sind die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes (SpruchG) vom 12.6.2003 entsprechend anzuwenden (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG).

2. Zwar ist das Pfälzische OLG Zweibrücken in dem vorliegenden Spruchverfahren für die Entscheidung über die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des nicht zu seinem Bezirk gehörenden LG Koblenz nach dem Gesetz nicht zuständig. Seine Zuständigkeit folgt insbesondere nicht aus einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 2 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (i...

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