Verfahrensgang

LG Lübeck (Beschluss vom 11.04.2005; Aktenzeichen 10 O 56/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.01.2009; Aktenzeichen IX ZB 42/06)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung einer Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 19.11.2003 - Prozess Nr. FO030456/U1, die ergangen ist, nachdem der Antragsgegner mitgeteilt hatte, dass er die Klage des Antragstellers auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von CHF 2.330 zzgl. Verzugszins zu 5 % seit 27.1.2003, anerkenne.

Das LG hat den Antrag mit Beschluss vom 11.4.2005 zurückgewiesen. Eine Entscheidung i.S.v. Art. 31 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1988 (BGBl. 1994 II 2658) - LugÜ - sei nicht ergangen, weil der Prozess "durch Anerkennung der Klage als erledigt abgeschrieben" worden sei. Es fehle ein Schweizer Titel, der für vollstreckbar erklärt werden könne. Die in der Schweiz bestehende Möglichkeit einer Schuldbeitreibung ohne titulierte Forderung gebe es in der Bundesrepublik Deutschland nicht.

Mit der am 17.5.2005 eingelegten Beschwerde macht der Antragsteller geltend, dass angesichts der Regelungen in § 188 Abs. 2 und 191 der Züricher ZPO die Verfügung vom 19.11.2003 einem Anerkenntnisurteil nach deutschem Recht entspreche. Dass man eine Entscheidung vergleichbaren Inhalts in Deutschland nicht kenne, sei unerheblich. Die Verfügung habe einen vollstreckbaren Inhalt und sei in der Schweiz vollstreckbar, weil sie nach § 80 Abs. 2 SchKG die gleiche Wirkung wie ein vollstreckbares Urteil habe.

II. Die gem. § 16 Abs. 1 AVAG i.V.m. § 10 AVAG statthafte und ohne Einhaltung einer Frist zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung liegen nicht vor. Gemäß Art. 31 Abs. 1 LugÜ werden die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind. Hier fehlt es an der Vollstreckbarkeit der vorgelegten Entscheidung in der Schweiz.

Die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 19.11.2003 ist keine in der Schweiz vollstreckbare Entscheidung. Der Gläubiger muss zunächst den sog. Betreibungsweg beschreiten (vgl. Walter, Wechselwirkungen zwischen europäischem und nationalem Zivilprozessrecht: Lugano-Übereinkommen und Schweizer Recht, ZZP 107 (1994), 301 (342); Schlosser, EuGVÜ, 1996, Art. 31 EuGVÜ Rz. 7). Er muss dem Schuldner einen Zahlungsbefehl zustellen lassen und auf den - einem Widerspruch gegen einen Mahnbescheid vergleichbaren - Rechtsvorschlag des Schuldners das sog. Rechtsöffnungsverfahren betreiben. Beruht die in Betreibung gesetzte Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil oder einem gesetzlichen Surrogat, wozu u.a. die hier streitgegenständliche Verfügung nach Schuldanerkennung gehört (Walter, a.a.O., S. 312 zu Rz. 46), so findet das sog. definitive Rechtsöffnungsverfahren statt. Der Gläubiger kann beim Richter die definitive Aufhebung der Einstellungswirkung des Rechtsvorschlags erlangen, wobei der Schuldner - anders als beim sog. provisorischen Rechtsöffnungsverfahren - nur mit Einwendungen gehört wird, die die Tilgung, Stundung oder Verjährung der Schuld seit Erlass des Urteils betreffen. Bringt der Schuldner keine begründeten Einwendungen vor, so wird der Rechtsvorschlag beseitigt und dem Gläubiger die definitive Rechtsöffnung erteilt, womit er zur Vollstreckung im eigentlichen Sinn schreiten kann.

Hieraus folgt, dass die Gleichstellung der Verfügung nach Schuldanerkennung mit einem Urteil deshalb nicht die Vollstreckbarkeit der Verfügung begründet, weil selbst der Inhaber eines Schweizer Urteils zunächst den Betreibungsweg beschreiten muss (Walter, a.a.O., S. 311).

Das mag zwar mit Grundregeln des Lugano - Abkommens unvereinbar sein (Walter, a.a.O., S. 317). Der Antragsteller muss sich indes diese im schweizer Recht angelegte "Inländerdiskriminierung" (dazu, a.a.O., S. 342) entgegenhalten lassen, weil er aus einem schweizer Titel vollstrecken will.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Festsetzung eines Beschwerdewerts bedarf es nicht, weil eine Festgebühr erhoben wird (Nr. 1510, 1520 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2130820

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