Leitsatz (amtlich)

Anwendbarkeit der Mindestsätze der HOAI bei Europarechtswidrigkeit

 

Normenkette

BGB §§ 631, 634; HOAI § 7 Abs. 1, 3-4

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 05.11.2018, Az. 4 O 134/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 8.227,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 5.360,00 EUR seit dem 16.05.2014, auf weitere 1.787,00 EUR seit dem 28.05.2015 und auf weitere 1.079,98 EUR seit dem 19.12.2015 sowie weitere 277,03 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.07.2015 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern sämtlichen weiteren Schaden im Zusammenhang mit dem nicht fachgerecht geplanten und nicht vorhandenen zweiten Rettungsweg im Dachgeschoss des Gebäudes W-weg, J zu ersetzen, insbesondere die Kosten für die Umplanung.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

III. Die Revision gegen dieses Urteil wird zur Frage der Nichtanwendbarkeit der Mindestsätze aus § 7 HOAI zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch um Entschädigung für Nutzungsausfall und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aufgrund eines Planungsfehlers der Beklagten.

Nachdem bereits im Jahr 1997 für das im Jahr 2010 erworbene Gebäude der Kläger eine Baugenehmigung zur Errichtung von Wohnraum im Dachgeschoss erteilt worden war, beauftragten diese die Beklagten im Jahr 2010 mit der Planung eines entsprechenden Umbaus. Im Zusammenhang mit der Beantragung einer Baugenehmigung (Anlage B4, Bl. 86 d. A.) erstellten die Beklagten Pläne, in denen die beabsichtigten Umbauten farblich gekennzeichnet eingezeichnet wurden (Blatt 97 f. d. A.). Für die im Giebel befindlichen Fenster waren hier keine Maße eingezeichnet. Die Fenster waren auch als nicht zu ändern gekennzeichnet. Eine Baugenehmigung wurde im vereinfachten Verfahren erteilt (Anlage B5, Bl. 101 d. A.). Die Beklagten rechneten gegenüber den Klägern mit Rechnung vom 10.03.2011 pauschal 1.487,50 EUR ab (Anlage K1, Bl. 12 d. A.).

Die Kläger bauten die Immobilie in der Folgezeit ohne weitere Beteiligung der Beklagten um. Auch die Baugenehmigung war nicht an die Beklagten übersandt worden. Beim Umbau wurde unter anderem ein Dachflächenfenster eingebaut, das die Maße für einen Notausstieg als zweitem Rettungsweg nicht aufweist. Anlässlich einer Kontrollfahrt stellte der Kreis S im August 2012 fest, dass im Dachgeschoss ein solcher zweiter Rettungsweg nicht vorhanden war. Die Kläger nahmen sodann mit den Beklagten Kontakt auf, übersandten Ihnen die erteilte Baugenehmigung und versuchten auf Empfehlung der Beklagten einen Abweichungsantrag bei der Baubehörde zu stellen. Diese teilte im Oktober 2012 mit, dass sie beabsichtige, den Antrag abzulehnen und kündigte den Erlass einer Nutzungsuntersagung für das Dachgeschoss zu Aufenthaltszwecken an (Anlage K5, Bl. 51 d. A.). Die Kläger nahmen daraufhin ihren Abweichungsantrag zurück und erklärten zur Vermeidung einer Nutzungsuntersagung mit Schreiben vom 31.10.2012, auf die Nutzung des Dachgeschosses zu Aufenthaltszwecken zu verzichten (Anlage K6, Bl. 54 d. A.).

Die Parteien stritten vorprozessual über den günstigsten Weg, einen zweiten Rettungsweg herzustellen. Nachdem eine Einigung nicht erzielt werden konnte und die Beklagten bereits mit Schreiben vom 27.12.2012 (Anlage K7, Bl. 56 d. A.) mitgeteilt hatten, dass bei Nichtannahme ihres Vergleichsangebotes eine gerichtliche Klärung erfolgen müsse, leiteten die Kläger ein selbstständiges Beweisverfahren ein, das beim Amtsgericht Flensburg unter dem Aktenzeichen 65 H 5/13 geführt wurde. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die im Dachgeschoss vorhandenen Fenster nicht die Mindestanforderungen an Rettungswege erfüllten und somit ein erforderlicher zweiter Rettungsweg fehle. Nach seiner Ansicht hätten die Beklagten dies im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens berücksichtigen müssen. Für die Herstellung eines zweiten Rettungsweges kam er zu Kosten von 3.700,00 EUR brutto, wovon 1.700,00 EUR auf Sowiesokosten entfielen, sofern der Ausstieg in der Dachfläche hergestellt werde. Für den Fall einer Herstellung eines ausreichend großen Fensters im Giebel bezifferte er die Kosten mit 3.630,00 EUR brutto, wobei hier Sowiesokosten in Höhe von 2.600,00 EUR anfielen. Die Kläger forderten die Beklagten sodann im Mai 2014 zur Zahlung von 2.493,95 EUR und Nutzungsausfa...

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