Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Anforderungsprofil an das Amt eines Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Über die Festlegung des für ein richterliches Beförderungsamt maßgeblichen Anforderungsprofils (hier: Vizepräsident des OVG) entscheidet der Dienstherr nach freiem organisatorischem Ermessen.

2. Es überschreitet die Grenzen des dem Dienstherrn zustehenden Organisationsermessens nicht, an die Bewerber um das Amt des Vizepräsidenten des OVG als ständigem Vertreter des Präsidenten die gleichen Qualifikationsanforderungen zu stellen wie bei der Besetzung der Präsidentenstelle selbst.

3. Die Eignung für das Amt des Vizepräsidenten des OVG setzt nicht zwingend eine langjährige obergerichtliche Tätigkeit in der betreffenden Gerichtsbarkeit voraus; die erforderliche Eignung kann sich auch aus der erfolgreichen Wahrnehmung herausgehobener Aufgaben in der Justizverwaltung ergeben.

4. Es erweist sich nicht als sachwidrig, bei der Besetzung der Stelle des Vizepräsidenten des OVG neben den geforderten herausragenden Rechtskenntnissen besonderes Gewicht auch auf die “Verwaltungserfahrung” der Bewerber als wesentliches Merkmal des Anforderungsprofils zu legen.

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 2; VwGO § 123 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; ZPO § 920 Abs. 2; SBG § 9 Abs. 1; SRiG § 4 Abs. 1; SPersVG § 75

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

 

Gründe

Das von dem Antragsteller mit seinem Antrag verfolgte Begehren, dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu untersagen, die unter dem 23.06.2008 ausgeschriebene Stelle der Vizepräsidentin bzw. des Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts in B…-Stadt (Besoldungsgruppe R 3 mit Amtszulage) mit der Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über seine Bewerbung rechtskräftig entschieden ist, bleibt ohne Erfolg.

Der Antragsteller hat nicht in hinreichender Weise gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass die von dem Antragsgegner beabsichtigte Besetzung der in Rede stehenden Stelle mit der Beigeladenen zu seinem Nachteil rechtsfehlerhaft ist. Vielmehr ist nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen Prüfung mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass der Antragsteller gegenüber der Beigeladenen keine eigenen Beförderungschancen hat. Dies wäre aber Voraussetzung für den Erlass der von dem Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Auszugehen ist zunächst davon, dass ein Richter ebenso wie ein Beamter grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Beförderung hat. Er kann lediglich beanspruchen, dass über seine Bewerbung um ein richterliches Beförderungsamt ohne Rechtsfehler entschieden wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Dazu zählt insbesondere, dass der Dienstherr nicht zu seinem Nachteil vom Grundsatz der Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 4 Abs. 1 SRiG, 9 Abs. 1 SBG) abweicht. In Bezug auf die Einschätzung der Eignung eines Richters wie eines Beamten für ein Beförderungsamt steht dem Dienstherrn grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zu, gegenüber dem sich die gerichtliche Nachprüfung darauf zu beschränken hat, ob der Dienstherr den rechtlichen Rahmen und die anzuwendenden Begriffe zutreffend gewürdigt, ob er richtige Sachverhaltsannahmen zugrunde gelegt und ob er allgemeingültige Wertmaßstäbe beachtet und sachfremde Erwägungen unterlassen hat. Dabei bleibt es der Entscheidung des Dienstherrn insbesondere auch überlassen, welche besonderen Eignungsvoraussetzungen der künftige Stelleninhaber mitbringen muss und welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Gesichtspunkten er das größere Gewicht beimisst

vgl. zu Vorstehendem BVerwG, u.a. Urteil vom 16.08.2001 –2 A 3/00–, ZBR 2002, 207 und Beschluss vom 10.11.1993 –2 ER 301/93–, DVBl. 1994, 118; ferner OVG des Saarlandes, Beschluss vom 29.08.1994 –1 W 30/94– m.w.N.

Hat der Dienstherr –wie hier– die betreffende Beförderungsstelle in bestimmter Weise ausgeschrieben und mit einem Anforderungsprofil versehen, kommt dem für das Auswahlverfahren besondere Bedeutung zu. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils einer Stelle legt der Dienstherr nämlich die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. An ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um die Beförderungsstelle bemessen, um eine optimale Besetzung zu gewährleisten. Erst dieser wertende Vergleich ermöglicht eine sachgerechte Aussage darüber, ob und inwieweit ein Bewerber voraussichtlich den mit der Stellenvergabe verbundenen Aufgaben besser als sonstige Mitbewerber gerecht werden und damit auch – ggf. nach entsprechender Bewährung auf der höherwertigen Stelle – für ein Beförderungsamt geeignet sein wird

vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 a.a.O.; ferner OVG des Saarlandes, Beschluss vom 11.10.2002 – 1 W 21/02 – m. w. N.

Ausgehend von dem Anforderungsprofil ist die Eignungsprognose im Weiteren unter Heranziehung der aus ...

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