rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wehrpflicht. Alarmreserve. Widerruf. Einberufung. BEGÜNSTIGENDER VERWALTUNGSAKT. Partei „Die Republikaner”

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Widerruf eines Einberufungsbescheids in die Alarmreserve kann eine (auch) belastende Wirkung und damit eine Rechtsverletzung in dem weiten Sinne des § 43 Abs. 2 VwGO nicht von vornherein abgesprochen werden. Der Widerruf des hier für den Kläger begünstigenden Einberufungsbescheids Alarmreserve unterliegt nicht grundsätzlich den strengen Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 VwVfG. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Auswahlermessen im Rahmen der Einberufung Wehrpflichtiger grundsätzlich ausschließlich dem öffentlichen Interesse und nicht zugleich auch privaten Interessen des Wehrpflichtigen dient, ergibt sich aus der Zielsetzung des Wehrpflichtgesetzes, dass sich der Wehrpflichtige auf einen etwaigen Ermessensfehler bei der Auswahlentscheidung nicht berufen kann, soweit die Ermessensausübung im Einzelfall nicht auf einer willkürlichen Zwecksetzung zur Diskriminierung des Wehrpflichtigen beruht. Gleiches gilt für den Widerruf eines Einberufungsbescheides. Die Beklagte handelt nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie im Rahmen einer optimalen Bedarfsdeckung in der Bundeswehr die Eignung eines Mandats- und Funktionsträgers in der Partei „Die Republikaner” in Frage stellt und aufgrund einer hierauf gründenden Änderung ihres Einberufungsermessens eine Einberufung in die Alarmreserve widerruft.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1; WehrpflG § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 23; VwVfG §§ 1, 49 Abs. 2; VwGO § 42 Abs. 2

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 05.05.2005; Aktenzeichen 2 BvR 2123/03)

BVerwG (Urteil vom 17.09.2003; Aktenzeichen 6 C 4.03)

 

Tatbestand

Der Kläger – Oberleutnant der Reserve – wendet sich mit seiner Klage gegen seine Ausplanung aus der Mobilmachungsverwendung.

Nach Ableistung seines Dienstes als Zeitsoldat vom 01.07.1991 bis 30.06.1993 hatte er an mehreren Wehrübungen, zuletzt vom 04.08. bis 29.08.1997, teilgenommen. Seit dem 28.06.1996 war er beim Panzerbataillon … in B. F, als Panzeroffizier/Zugführeroffizier „mob” eingeplant und am 26.07.1996 in die Beorderungsreserve einberufen worden.

Während laufender Ermittlungen wegen des Verdachts rechtsextremer Verhaltensweisen wurde der Kläger mit Einberufungsbescheid des Kreiswehrersatzamtes W. vom 05.05.1997 zur Alarmreserve einberufen. Aktenkundig waren dem Bundesministerium der Verteidigung seit März 1997 eine „kleine Antrage” der PDS an den Deutschen Bundestag vom 17.02.1997, woraus sich ergab, dass der Kläger aktives Mitglied der Partei „Die Republikaner” ist und für diese Partei auch verschiedene Funktionen und Mandate (seit 1993 im Stadtparlament von S. A. und im Kreistag M.-B. sowie seit kurzem im Studentenparlament der Universität M.) wahrnimmt. Bekannt war auch, dass der Kläger in mehreren rechtsextremistischen Publikationen verschiedene Artikel unter seinem Namen veröffentlicht hatte. Die zuständigen personalführenden Stellen waren aufgrund der zu diesem Zeitpunkt generellen Prüfung im Bundesministerium der Verteidigung, ob – u.a. – die Mitgliedschaft in einer als extremistisch bewerteten Partei die Eignung für eine weitere Dienstleistung/Förderung als Reserveoffizier in Frage stelle, seit Februar/März 1997 in die Prüfung der bekannt gewordenen Umstände in disziplinarischer Hinsicht und in Bezug auf eine Ausplanung eingetreten. Die disziplinargerichtlichen Vorermittlungen des Wehrdisziplinaranwalts führten zu dem Ergebnis, dass der Kläger durch seine Mitgliedschaft bei den Republikanern kein Dienstvergehen gem. § 23 Soldatengesetz (SG) begangen habe. Mangels weiterer Erkenntnisse entschied das Personalstammamt der Bundeswehr im Mai 1997, von der Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens gegen den Kläger abzusehen. Des Weiteren waren die Erkenntnisse für nicht ausreichend gehalten worden, um den Kläger aus der Beorderung herauszunehmen. Vom 04.08. bis 29.08.1997 leistete dar Kläger eine weitere Wehrübung ab.

Aufgrund ministerieller Weisung wurde dem Kläger vom Personalamt der Bundeswehr mit Schreiben vom 05.11.1997 mitgeteilt, dieses habe die Aufhebung seiner Mobilmachungsbeorderung veranlasst. Die Personalmaßnahme werde mit dem Widerruf des roten Einberufungsbescheides für den Verteidigungsfall durch das Kreiswehrersatzamt wirksam. Er werde ab sofort im Planbestand geführt. Dies bedeute, dass er für eine neue Beorderung nicht mehr vorgesehen sei und mit Einberufungen zu Pflichtwehrübungen voraussichtlich nicht mehr zu rechnen habe.

Mit Bescheid vom 06.11.1997 widerrief das Kreiswehrersatzamt W. – ohne Begründung – den Einberufungsbescheid vom 05.05.1997.

Der Kläger erhob sowohl gegen seine Ausplanung aus der Mobilmachungsverwendung als auch gegen den Widerruf des Einberufungsbescheides Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.1997 wies das Personalamt der Bundeswehr den Widerspruch des Klägers gegen die Aufhebung seiner Mobilmachungsbeorderung mit der Begründ...

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