Aberkennung des Ruhegehalts wegen fehlender Verfassungstreue

Ein Ruhestandsbeamter, der bei einer Landtagswahl für eine verfassungsfeindliche Partei kandidiert und sich auf seinem Facebook-Profil öffentlich verfassungsfeindlich äußert, verstößt gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue. Das schwere Dienstvergehen rechtfertigt die Aberkennung des Ruhegehalts.

Der Beklagte und Berufungsführer, ein 1963 geborener Ruhestandsbeamter, war zunächst Berufssoldat und ab 1991 zunächst als Angestellter und später als Berufsbeamter bei der Bundeswehrverwaltung tätig. Der seit Januar 2013 krankheitsbedingt dienstabwesende Beklagte befindet sich seit April 2020 wegen Dienstunfähigkeit im Ruhestand. Im Rahmen des gegen ihn im Jahr 2016 eingeleiteten beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens wird dem Beklagten u. a. vorgeworfen, dass er bei der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt für die NPD kandidiert und unter seinem Facebook-Profil öffentlich Beiträge gepostet habe, welche eindeutig Bezüge zum Rechtsextremismus enthielten. Mit Urteil vom 19. Oktober 2021 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt (VG Magdeburg, Urteil vom 19. Oktober 2021, 15 A 5/21).

Verstoß gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht zur Verfassungstreue

Die hiergegen vom Beklagten eingelegte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass der Beklagte durch die Kandidatur für die NPD bei der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht zur Verfassungstreue verstoßen habe. Beamte, die zum Staat in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, die für diesen Anordnungen treffen können und damit dessen Machtstellung durchsetzen, müssten sich zu der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und für sie einstehen. Dies sei bei dem Beklagten nicht der Fall. Die NPD strebe nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Das politische Konzept der NPD sei mit der Garantie der Menschenwürde im Sinne von Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

Unterstützung für verfassungsfeindliche Organisation

Mit der Kandidatur für die NPD bei der Landtagswahl 2016 habe der Beklagte sich danach für eine verfassungsfeindliche Organisation engagiert und für die Öffentlichkeit seine Unterstützung dieser Organisation und deren Ziele sichtbar gemacht. Darüber hinaus habe der Beklagte durch seine öffentlich einsehbaren Äußerungen auf seinem Facebook-Profil gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen. Die öffentlichen Äußerungen des Beklagten seien gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet und dazu angetan, die Bundesrepublik Deutschland, ihre verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung zu diffamieren und lächerlich zu machen.

Aberkennung des Ruhegehalts

Im Rahmen der dem Gericht obliegenden Maßnahmenbemessung sei die Aberkennung des Ruhgehalts des Beklagten die gebotene Maßnahme, weil er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müsste. Durch sein schweres Dienstvergehen habe der Beklagte das Vertrauen seiner Dienstherrin - der Bundesrepublik Deutschland - und der Allgemeinheit endgültig verloren.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig.

(OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.1.2023, 11 L 2/21)


Schlagworte zum Thema:  Beamte, Grundgesetz