Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Bonuszahlung durch einen Stromanbieter bei unklarer Vertragsklausel
Leitsatz (amtlich)
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Stromversorgers enthaltene Klausel "Wenn Sie als Neukunde einen Vertrag mit (dem Stromanbieter) schließen, gewährt Ihnen (der Stromanbieter) einen einmaligen Bonus. Dieser wird nach zwölf Monaten Belieferungszeit fällig und spätestens mit der ersten Jahresrechnung verrechnet (...) Der Bonus entfällt bei Kündigung innerhalb des ersten Belieferungsjahres, es sei denn, die Kündigung wird erst nach Ablauf des ersten Belieferungsjahres wirksam", gibt auch demjenigen Kunden, dessen Vertragsverhältnis bereits mit Wirkung zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit gekündigt wird und damit nicht länger als zwölf Versorungsmonate andauert, einen Anspruch auf die Bonuszahlung.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305 Abs. 2
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2010 zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin 46,41 EUR (außergerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten) zu zahlen.
3.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus Vertrag auf Auszahlung des Aktionsbonus' in Höhe von 100,00 EUR. In der hier entscheidungserheblichen Ziffer 7.3. der AGB der Beklagten in der Fassung vom 20.05.2010 heißt es u.a.:
Unstreitig sind die AGB der Beklagten in der vorgenannten Fassung in den Vertrag einbezogen worden. Ebenso unstreitig war die Klägerin Neukundin der Beklagten und wurde genau zwölf Monate von ihr mit Strom beliefert. Sie erklärte während dieser zwölf Monate die Kündigung nach Ablauf des ersten Bezugsjahres.
Die Regelung der Ziffer 7.3. der AGB ist mehrdeutig. Zweifel über die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Bei der Auslegung ist auf den durchschnittlichen Kunden ohne juristische Ausbildung abzustellen. Die Formulierung des letzten Satzes ist für den Kunden missverständlich. Sie kann einerseits so interpretiert werden, dass ein Bonusanspruch bei Kündigung während des ersten Vertragsjahres dann entfällt, wenn der Kündigungsausspruch innerhalb dieses Jahres wirksam wird oder wenn die Kündigungswirkung noch innerhalb dieses Jahres liegt. Für den Durchschnittskunden ist diese Formulierung jedenfalls nicht eindeutig verständlich. In aller Regel wird er sie sogar, wie die Klägerin, so verstehen, dass die Kündigungswirkung noch innerhalb eines Jahres liegen muss, damit der Bonusanspruch entfällt. Will die Beklagte ausschließlich die Vertragstreue des Kunden belohnen, also Neukunden einen Treuebonus (eine Prämie) nur auszahlen, wenn sie mehr als 1 Jahr in der Belieferung verbleiben, so muss sie dies in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch so unmissverständlich ausdrücken.
Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ab dem 22.07.2010 in Verzug, nachdem sie per Email vom 21.07.2010 eine Bonuszahlung ernsthaft und endgültig verweigert hatte.
2.
Die Klägerin hat gem. den §§ 280 Abs.1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ebenfalls einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 46,41 EUR für die ihr außergerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten für das anwaltliche Schreiben vom 3.08.2010 (vorgelegt als Anlage K3). Aufgrund ihrer Zahlungsverweigerung befand sich die Beklagte seit dem 22.07.2010 in Verzug. Eine anwaltliche Rechtsverfolgung der Klägerin war geboten.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die über die Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung wird gem. § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.
Fundstellen