Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Leitsatz (amtlich)
1. Der Verwalter haftet den Wohnungseigentümern auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung des Verwaltervertrags, wenn er es schuldhaft unterläßt, die Wohnungseigentümer auf den drohenden Ablauf von Gewährleistungsfristen hinzuweisen und eine Entscheidung der Wohnungseigentümerversammlung über das weitere Vorgehen herbeizuführen.
2. Wird dem Verwalter im Zusammenhang mit der Erläuterung und Genehmigung der Abrechnung Entlastung erteilt, so beschränkt sich die Entlastung auf das Verwalter handeln, das in der Abrechnung seinen Niederschlag gefunden hat.
3. Die Entlastung des Verwalters erfaßt nur solche Vorgänge, die bei der Beschlußfassung darüber bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren; abzustellen ist dabei auf den Kenntnisstand aller Wohnungseigentümer.
4. Allein daraus, daß der Bauträger nach Ablauf der Verjährungsfrist einen Teil der Baumängel anerkennt und beseitigt, kann nicht gefolgert werden, daß er darauf verzichtet habe, auch gegenüber den weiteren Ansprüchen der Wohnungseigentümer die Einrede der Verjährung nicht zu erheben. Im übrigen setzt ein Verzichtswille voraus, daß der Verzichtende sich bewußt ist oder jedenfalls damit rechnet, Verjährung sei eingetreten.
Normenkette
WEG § 27 Abs. 1 Nr. 2, § 28; BGB § 222 a.F.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 15.07.2002; Aktenzeichen 1 T 21332/01) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 1049/94) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Grundbeschluß des Landgerichts München I vom 15. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren wird jedoch abgesehen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 245.304 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Streithelferin als Bauträgerin errichtet und von der Antragsgegnerin verwaltet wurde.
Das Gemeinschaftseigentum wurde am 27.3.1986 abgenommen. Ein Sachverständiger erstellte am 27.7.1990 ein Gutachten, aufgrund dessen den Antragstellern ein Mängelbeseitigungsanspruch wegen Baumängeln an den Balkonen zusteht. Mit Schreiben vom 27.6.1991 erkannte die Streithelferin die Mängel zum Teil an und beseitigte sie; im übrigen wies sie die Beanstandungen zurück. Die Wohnungseigentümer erhielten von dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens erst nach dem 27.3.1991 Kenntnis.
Die Antragsteller sind der Auffassung, daß die Antragsgegnerin wegen positiver Verletzung des Verwaltervertrags zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil sie es versäumt habe, vor Ablauf der Verjährungsfrist der Gewährleistungsansprüche eine Entscheidung der Wohnungseigentümer darüber herbeizuführen, ob und welche Maßnahmen gegen die Streithelferin zu ergreifen sind. Abgesehen davon sei die Antragsgegnerin zum Schadensersatz auch deshalb verpflichtet, weil deren Geschäftsführer S. unter anderem in der Eigentümerversammlung vom 20.7.1994 „unter dem Vorbehalt einer Abklärung, inwieweit Folgeschäden durch die Antragsgegnerin verursacht worden sind”, anerkannt habe, daß die Antragsgegnerin die Kosten für sämtliche Mängel an den Balkonen und für die Folgeschäden zu übernehmen habe.
Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 429.773 DM nebst Zinsen zu verpflichten und festzustellen, daß die Antragsgegnerin sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen habe, der aufgrund der Pflichtverletzung der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der notwendigen Sanierung der Balkone entstanden ist und noch entstehen wird. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 8.11.2001 die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragsteller 70.000 DM nebst Zinsen zu bezahlen. Im übrigen hat es den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 15.7.2002 einen Grundbeschluß erlassen; danach ist der Schadensersatzanspruch der Antragsteller dem Grunde nach gerechtfertigt. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Antragsgegnerin sei dem Grunde nach verpflichtet, den Antragstellern wegen schuldhafter Verletzung des Verwaltervertrages Schadensersatz zu leisten.
Die Balkone wiesen erhebliche, im einzelnen näher bezeichnete Baumängel auf. Die Verjährungsfrist der Gewährleistungsansprüche habe fünf Jahre betragen und sei am 27.3.1991 abgelaufen. Die Antragsgegnerin habe es unterlassen, die Antragsteller rechtzeitig auf die Baumängel und die drohende Verjährung hinzuweisen und eine Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen.
Durch das Schreiben der Streithelferin vom 27.6.1991 sei die Verjährung nicht unterbrochen worden, weil dieses Schreiben erst nach Ablauf der Verjährungsfrist abgefaßt worden sei. Das Schreiben enthalte auch keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Ausdrüc...