Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen eines lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäfts bei der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück an Minderjährige unter dem Vorbehalt eines Rücktrittsrechts.

2. Wenn Eltern von der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder beim Abschluss eines Grundstücksgeschäfts ausgeschlossen sind, ist zur Genehmigung des von einem Pfleger abgeschlossenen Geschäfts nicht das FamG, sondern das VormG zuständig (Vorlage an den BGH wegen Abweichung von OLG Köln v. 11.6.2003 - 2 Wx 18/03, OLGReport Köln 2003, 290 = ZMR 2004, 189 = RPfleger 2003, 570).

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 12.01.2004; Aktenzeichen 13 T 426/04)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des LG München I vom 12.1.2004 wird dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist im Grundbuch als Eigentümerin eines bebauten Grundstücks eingetragen, das nicht vermietet oder verpachtet ist. Zu notarieller Urkunde vom 4.8.2003 räumte sie für sich selbst auf Lebenszeit den unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundbesitz ein. Abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen trägt hiernach der Nießbraucher auf die Dauer des Nießbrauchs auch die außerordentlichen Lasten, die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die Zins- und Tilgungsleistungen der Verbindlichkeiten, die den eingetragenen Grundpfandrechten zugrunde liegen. Mit gleicher Urkunde überließ die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) und 3), ihren minderjährigen Töchtern, unentgeltlich und schenkungsweise im Weg der vorweggenommenen Erbfolge den Grundbesitz in Form eines je hälftigen Miteigentumsanteils. Der Veräußerer behielt sich das Recht vor,

"vom schuldrechtlichen Teil dieses Vertrages zurückzutreten, wenn bei seinen Lebzeiten einer der Erwerber den an ihn überlassenen Vertragsgrundbesitz ganz oder teilweise ohne vorherige Zustimmung des Veräußerers veräußert oder belastet oder wenn einer der Erwerber vor dem Veräußerer versterben sollte. Der Rücktritt kann auch eingeschränkt nur hinsichtlich des Miteigentumsanteils erklärt werden, der demjenigen Erwerber gehört, bei dem die vorstehenden Voraussetzungen eingetreten sind."

Weiterhin ist bestimmt, dass im Falle der Rücktrittsausübung alle Kosten, Steuern und Gebühren der Erwerber trägt, der zu Lebzeiten des Veräußerers das Vertragsobjekt veräußert oder belastet hat.

Den Antrag auf Vollzug der Urkunde hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 9.10.2003 u.a. dahingehend beanstandet, dass der Überlassungsvertrag, weil er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil für die minderjährigen Erwerber darstelle, von einem zu bestellenden Pfleger zu genehmigen und eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vorzulegen sei. Der Beschwerde hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen. Das LG hat am 12.1.2004 die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II. Der Senat möchte die zulässige weitere Beschwerde zurückweisen. Er hält in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung ebenso wie der anderer OLG den zum Vollzug vorgelegten Überlassungsvertrag für nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Er sieht sich jedoch an einer Entscheidung in der Sache gehindert, weil er in der Frage des für die Genehmigung des notariellen Vertrags zuständigen Gerichts von der Entscheidung des OLG Köln vom 11.6.2003 (OLG Köln v. 11.6.2003 - 2 Wx 18/03, OLGReport Köln 2003, 290 = ZMR 2004, 189 = RPfleger 2003, 570) abweichen will. Bei dem Vertrag handelt es sich um ein einheitliches Rechtsgeschäft; das Erfordernis gerichtlicher Genehmigung erfasst den gesamten Vertragsinhalt. Der Senat kann deshalb auch nicht selbständig über diejenigen Auflagen in der Zwischenverfügung des Grundbuchamts entscheiden, in denen er nicht abweichen will.

1. Das LG hat zur Genehmigungsbedürftigkeit des vorgelegten Vortrags ausgeführt:

Die mit dem Vertragsabschluss verbundenen Willenserklärungen der Minderjährigen seien für diese nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Vorteilhaft sei, wenn der Minderjährige aus seinem vorhandenen Vermögen nichts aufgeben und keine neue Belastung auf sich nehmen müsse, damit der Vertrag zustande kommt. Hier stelle bereits die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts ohne Beschränkung der Erwerberhaftung auf die Herausgabe nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung einen rechtlichen Nachteil dar. Fehle nämlich eine Haftungsbeschränkung, so bestehe jedenfalls die abstrakte Gefahr, dass der Beschenkte mit seinem gesamten übrigen Vermögen auf Wertersatz hafte. Zudem komme auch eine Haftung des Minderjährigen auf Schadensersatz in Betracht. Darüber hinaus solle der Erwerber vertraglich für alle Kosten, Steuern und Gebühren aufkommen. Es sei im Vertrag zum einen nicht festgelegt, welche Kosten, Steuern und Gebühren davon erfasst seien; zum anderen stelle die Regelung eine Erweiterung der Erwerberhaftung dar.

2. Der Senat teilt den Standpunkt des LG.

a) Nach § 20 GBO hat das Grundbuchamt vor der Ein...

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