Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich. hier: Keine Berücksichtigung einer auf eine Kapitalleistung gerichteten betrieblichen Altersversorgung
Leitsatz (amtlich)
Eine als betriebliche Altersversorgung begründete Anwartschaft, die auf eine Kapitalleistung gerichtet ist, unterliegt nicht dem Versorgungsausgleich. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich das Recht vorbehalten hat, das Anrecht zu verrenten, diese Befugnis aber bis zum Ende der Ehezeit nicht ausgeübt hat (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt: BGH, Beschl. v. 5.2.2003 - XII ZB 53/98, MDR 2003, 748 = BGHReport 2003, 489 m. Anm. Borth = FamRZ 2003, 664).
Der Umstand, dass die Ehegatten den Zugewinnausgleich ausgeschlossen haben, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Normenkette
BGB § 1587
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Beschluss vom 30.06.2003; Aktenzeichen 15 UF 358/01) |
AG Ludwigsburg |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG Stuttgart v. 30.6.2003 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 5.328 EUR
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Einbeziehung einer betrieblichen Altersversorgung in den Versorgungsausgleich.
Die am 15.5.1987 geschlossene Ehe der Parteien, die durch notarielle Vereinbarung v. 22.8.2000 u.a. Gütertrennung vereinbart und auf etwa entstandene Zugewinnausgleichsansprüche verzichtet hatten, wurde auf den der Ehefrau (Antragsgegnerin) am 7.10.2000 zugestellten Antrag des Ehemannes (Antragsteller) durch Verbundurteil des AG - FamG - v. 20.7.2001 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 26.10.2001) und der Versorgungsausgleich geregelt.
Während der Ehezeit (1.5.1987 bis 30.9.2000; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Ehegatten Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Verfahrensbeteiligte zu 1), BfA), und zwar die am 14.5.1956 geborene Ehefrau i.H.v. 257,44 DM und der am 21.3.1960 geborene Ehemann i.H.v. 1.145,44 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 30.9.2000.
Der Ehemann hat in der Ehezeit außerdem bei seinem Arbeitgeber, der R. B. GmbH (im Folgenden: GmbH), eine unverfallbare Anwartschaft auf ein Versorgungskapital i.H.v. 161.978 DM = 82.818 EUR erworben (Basiskonto). Nach den maßgebenden betrieblichen Regelungen stellt die GmbH für Mitarbeiter, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, jährliche Beiträge zum Basiskonto bereit. Aus diesem Beitrag ergibt sich durch Multiplikation mit einem Altersfaktor ein Versorgungsbaustein. Die Auszahlung der Versorgung erfolgt bei einem Versorgungsguthaben von bis zu 90.000 DM als "Einmalkapital", d.h. als einmalige Zahlung, bei einem höheren Versorgungsguthaben in Raten. Die GmbH behält sich vor, das Versorgungsguthaben ganz oder teilweise zu verrenten, wenn dieses 240.000 DM übersteigt.
Das AG hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften i.H.v. (1.145,44 - 257,44 = 888: 2 =) 444 DM, monatlich und bezogen auf den 30.9.2000, übertragen hat. Eine Einbeziehung der Anwartschaft bei der GmbH in den Versorgungsausgleich hat das AG abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das OLG zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Ehefrau ihr Begehren weiter, auch die bei der GmbH begründete Anwartschaft in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Nach Auffassung des OLG handelt es sich bei der Anwartschaft des Ehemannes bei der GmbH um eine betriebliche Altersversorgung, die, weil sie auf eine Kapitalleistung gerichtet sei, nicht im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden könne. Im Zeitpunkt der Entscheidung des FamG stehe nicht fest, in welcher Form das Versorgungskapital - ob als Kapital oder als Rente - ausgezahlt werde. Insoweit sei kein wesentlicher Unterschied zu den Fällen zu erkennen, in denen für den Arbeitnehmer eine Kapitallebensversicherung oder eine Direktversicherung auf Kapitalbasis mit Rentenwahlrecht abgeschlossen werde; derartige Anwartschaften seien auch dann in den Zugewinnausgleich einzubeziehen, wenn sie auf einer Zusage der betrieblichen Altersversorgung beruhten und das Wahlrecht noch nicht ausgeübt sei. Da das Versorgungsguthaben des Ehemannes unterhalb der Grenze von 240.000 DM liege, erfolge seine Auszahlung als Kapital in Raten; es werde also nicht verrentet. Die Anwartschaft auf dieses Guthaben sei mithin einer Kapitallebensversicherung vergleichbar und unterliege nicht dem Versorgungsausgleich.
2. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden.
a) Das OLG hat die Anwartschaft des Ehemannes bei der GmbH zu Recht nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen (vgl. für die bei der GmbH begründeten Anrechte auf Versorgungskapital bereits: OLG Bamberg v. 15.12.2000 - 2 UF 81/00, FamRZ 2001, 997; OLG Stuttgart v. 26.2.2001 - 16 UF 202/00, OLGReport Stuttgart 2001, 281 = FamRZ 2001, 998). Die Anwartschaft ist auf eine - in Raten zahlbare - Kapitalleistung gerichtet. Ein Anrecht auf Kapitalleistungen fällt aber grundsätzlich nicht in den Versorgungsausgleich, da dessen System auf den Ausgleich wiederkehrender Leistungen zugeschnitten ist und für den Ausgleich von Kapitalleistungen nicht passt (BGH v. 9.11.1983 - IVb ZB 887/80, BGHZ 88, 386 [395 f.] = MDR 1984, 211). Dies gilt auch dann, wenn das Anrecht als betriebliche Altersversorgung begründet worden ist (BGH, Beschl. v. 9.11.1983 - IVb ZB 887/80, MDR 1984, 211 = FamRZ 1984, 156 [158]; Urt. v. 17.7.2002 - XII ZR 218/00, BGHReport 2003, 69 = FamRZ 2003, 153). Der Umstand, dass der Arbeitgeber möglicherweise später von seiner Befugnis, das Anrecht zu verrenten, Gebrauch macht, falls das bis dahin angesammelte Versorgungskapital 240.000 DM übersteigt, steht nicht entgegen. Bis zum Ende der Ehezeit hat der Arbeitgeber dieses Recht nicht ausgeübt. Eine spätere Ausübung des Verrentungsrechts ändert an dem Charakter des Anrechts zum maßgebenden Ehezeitende nichts; sie führt insb. nicht dazu, das Anrecht nachträglich doch noch dem System des Versorgungsausgleichs zu unterwerfen (BGH, Beschl. v. 5.2.2003 - XII ZB 53/98, MDR 2003, 748 = BGHReport 2003, 489 m. Anm. Borth = FamRZ 2003, 664).
Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, beitragsorientierte Versorgungen unterfielen, auch soweit sie als Kapitalleistungen ausgezahlt würden, dem Versorgungsausgleich, teilt der Senat diese Meinung nicht. Sie übersieht, dass die §§ 1587, 1587a BGB - auch nach der teilweisen Neuregelung durch das Altersvermögensgesetz (v. 26.6.2001 BGBl. I, 3610) - unverändert nur Rentenleistungen als versorgungsausgleichspflichtig ansehen und das Gesetz derzeit für Kapitalleistungen keine Ausgleichsform zur Verfügung stellt (Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 Rz. 26; zum Wortlaut des § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB: BGH, Beschl. v. 9.11.1983 - IVb ZB 887/80, MDR 1984, 211 = FamRZ 1984, 156 [158]).
b) Etwas anderes ergibt sich für den vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass die Parteien Gütertrennung mit der Folge vereinbart haben, dass ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet und damit auch ein Ausgleich des Anrechts auf das Versorgungskapital nicht möglich ist. Zwar mag es nicht voll befriedigend erscheinen, die Frage, ob und in welcher Weise ein Ausgleich der Anwartschaft auf das Versorgungskapital stattfindet, unter formaler Anknüpfung an die primär vereinbarte Form der Leistung zu beantworten. Die Rechtsstellung des Ehegatten des Inhabers einer Versorgungsanwartschaft weist, wie der Senat dargelegt hat, je nachdem, ob ein Ausgleich nach Maßgabe des Güterrechts oder aber ein Versorgungsausgleich stattfindet, erhebliche Unterschiede auf. Diese Unterschiede sind jedoch in der unterschiedlichen Ausgestaltung des güterrechtlichen Vermögensausgleichs einerseits und des Versorgungsausgleichs andererseits begründet und müssen hingenommen werden (BGH, Beschl. v. 9.11.1983 - IVb ZB 887/80, MDR 1984, 211 = FamRZ 1984, 156 [158]). Dies gilt auch und gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Zugewinnausgleich und damit auch eine Ausgleichung von Anrechten auf Kapitalleistungen nicht in Betracht kommt, weil die Parteien den Zugewinnausgleich vertraglich ausgeschlossen haben. Hier beruht der Nachteil, der mit der Zuordnung des Anrechts zum Zugewinnausgleich einhergeht und dieses ausgleichsfrei stellt, auf der Willensentschließung der Parteien, die vor dem Abschluss ihrer güterrechtlichen Vereinbarung vom beurkundenden Notar über die Rechtsfolgen belehrt und - im vorliegenden Fall - bei der Vorbereitung dieser Vereinbarung sogar anwaltlich beraten worden sind. Ob der vereinbarte Ausschluss des Zugewinnausgleichs einer richterlichen Inhaltskontrolle nicht standhält oder mit Willensmängeln behaftet ist, kann dahinstehen. Etwaige Mängel könnten nämlich allenfalls auf den güterrechtlichen Ausgleich der Parteien von Einfluss sein, nicht aber dazu führen, dass der hier allein zur Entscheidung stehende Versorgungsausgleich (auch) auf das Anrecht des Ehemannes auf das Altersvorsorgekapital erstreckt wird.
Fundstellen
Haufe-Index 1397877 |
BGHR 2005, 1448 |
FamRZ 2005, 1463 |
NJW-RR 2005, 1379 |
ZAP 2005, 1133 |
MDR 2006, 32 |
FamRB 2005, 285 |
NJW-Spezial 2005, 491 |