Verfahrensgang
Gründe
I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig.
1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, auf die sich die Rechtsbeschwerde allein stützt, erfordert eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur in Fällen einer Divergenz oder dann, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722 S. 67, 104, 116; BGHZ 151, 221, 225 ff.). Letzteres ist vor allem der Fall, wenn Verfahrensgrundsätze, insbesondere die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt sind. Dabei sollen Art und Weise eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers aber nur dann Bedeutung erlangen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen. (BT-Drucks. aaO. S. 104; BGHZ 151, 42; BGHZ 151, aaO., 227). Regelmäßig ist eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde deswegen nur dann zulässig, wenn dargelegt ist, daß ein Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist, und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht (BGHZ 151, aaO. 227).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör gebieten es daher, den Zugang zu den Gerichten und den weiteren Instanzen nicht in unzumutbarer, sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu erschweren. Deswegen dürfen gerade bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen an die Sorgfalt eines Rechtsanwalts und die Kausalität einer Pflichtverletzung nicht überspannt werden (BGHZ 151, aaO., 227 f. m.w.N. aus der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts).
2. Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoßen.
a) Die Rechtsbeschwerde hat keinen erheblichen Unterschied des vorliegenden Sachverhalts zu den der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Prüfungspflicht bei fristgebundenen Prozeßhandlungen zugrundeliegenden Sachverhalten und somit keine rechtliche Divergenz aufgezeigt. Eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn nach den Darlegungen der Rechtsbeschwerde der angefochtenen Entscheidung ein Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz eines höherrangigen Gerichts, eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (vgl. BGH Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 75/02 - NJW 2002, 2957 und vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - NJW 2003, 437).
Das ist hier nicht der Fall. Nach der von der Rechtsbeschwerde zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen zwar nicht bei jeder Vorlage der Handakten, aber dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden (BGH Beschlüsse vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552, vom 16. März 2000 - VII ZR 320/99 - HFR 2001, 297 und vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - NJW 2003, 437). Dieser Rechtsprechung ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - schon nicht zu entnehmen, daß eine eigenverantwortliche Prüfung der Rechtsmittelbegründungsfrist "nur dann" veranlaßt ist, wenn ihm die Handakte zur Vorbereitung der (später versäumten) Rechtsmittelbegründung vorgelegt wurde. Der Bundesgerichtshof hat die eigene Prüfungspflicht des Rechtsanwalts stets auf alle Fälle erstreckt, in denen ihm die Handakte im Zusammenhang mit nur einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt wurde (BGH Beschlüsse vom 16. März 2000 - VII ZR 320/99 - HFR 2001, 297, vom 25. November 1998 - XII ZB 204/96 - FamRZ 1999, 649, vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552, vom 14. Oktober 1987 - VIII ZB 16/87 - VersR 1988, 414 und vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632). Darauf, ob die Vorlage der Handakten wegen der Berufungsbegründungsfrist oder aus Anlaß einer anderen fristgebundenen Prozeßhandlung erfolgt ist, kommt es mithin nicht an (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 1993 - XII ZB 120/93 - EzFamR ZPO § 234 Nr. 6). Das gilt schon deswegen, weil der Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung eigenverantwortlich stets auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen muss. Für die Berufungsbegründungsfrist ist ihm das seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes zum 1. Januar 2002 schon ab der Zustellung des Urteils möglich und zumutbar, weil der Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr vom Zeitpunkt der Berufungseinlegung abhängt, sondern nach § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Monate ab Zustellung des vollständig abgefaßten Urteils beträgt.
b) Entgegen § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO hat die Rechtsbeschwerde nicht dargelegt, inwieweit das Oberlandesgericht gegen diese Rechtsgrundsätze zur Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts bei der Vorlage von Handakten für eine fristgebundene Prozesshandlung verstoßen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 2962008 |
FamRZ 2004, 696 |
FuR 2005, 135 |
JurBüro 2004, 402 |