Verfahrensgang
Gründe
I. Der Kläger hatte Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten zu verurteilen, es künftig zu unterlassen zu behaupten, daß es sich bei dem Kläger um einen psychisch schwer angeschlagenen Menschen handeln würde, der ein psychisch totales Wrack sei und deshalb nicht auf die Kinder des Beklagten losgelassen werden dürfe. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beklagte habe im Rahmen eines Sorgerechtsstreits mit seiner Ehefrau bei einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes die im Klageantrag genannte Äußerung gemacht.
Beide Parteien haben den Rechtsstreit in erster Instanz für erledigt erklärt. Das Amtsgericht hat daraufhin dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO auferlegt. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht (Einzelrichter) durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Bei Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Verteidigung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren dienten, fehle es in der Regel an dem für eine Unterlassungsklage erforderlichen Ehrschutzbedürfnis. Hier habe der Beklagte die Äußerung bei einem Gespräch im Jugendamt gemacht, das im Rahmen eines zwischen ihm und seiner Ehefrau anhängigen familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahrens wegen der gemeinsamen minderjährigen Kinder geführt worden sei. Der Ausschluß von Ehrschutzklagen für Äußerungen in einem Rechtsverfahren sei auch dann geboten, wenn die Äußerung eine an dem Verfahren nicht beteiligte Person betreffe, die sachlich zu dem Streitgegenstand in Beziehung stehe. Dies sei beim Kläger der Fall, weil er mit der Ehefrau des Beklagten zusammenlebe und somit ein Aufenthalt der minderjährigen Kinder bei ihrer Mutter zwangsläufig auch einen Aufenthalt beim Kläger darstelle. Zudem sei das Jugendamt nicht nur als nach § 49a Abs. 1 Nr. 9 FGG aus Gründen der Sachaufklärung anzuhörende Fachbehörde tätig geworden, sondern auch als beratende Stelle nach § 17 SGB VIII, so daß eine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bestanden habe.
Mit der vom Beschwerdegericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger das Ziel, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen.
II. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden und damit gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen hat (vgl. BGH, BGHZ 154, 200, 201; Beschlüsse vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02 - MDR 2003, 949 und vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - NJW 2003, 3712). Es ist überdies anerkannt, daß die Rechtsbeschwerde auch im Rahmen von Kostenentscheidungen nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen gemäß § 91a ZPO statthaft ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - NJW 2003, 3712; vom 20. Oktober 2003 - II ZB 27/02 - NJW 2004, 856 und vom 3. März 2004 - IV ZB 21/03 - WM 2004, 833 m.w.N.).
2. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt aber der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hat der Senat von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, BGHZ 154, 201, 202 ff.; Beschlüsse vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02 - aaO.; vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - aaO.).
III. Nach der Zurückverweisung wird der Einzelrichter die Sache der Kammer zu übertragen haben, wenn er nach erneuter Prüfung der Rechtssache weiterhin grundsätzliche Bedeutung beimißt. Der Senat weist insoweit darauf hin, daß die für den angefochtenen Beschluß maßgeblichen Gesichtspunkte in der Rechtsprechung grundsätzlich geklärt sind. Danach können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsverfahren dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Die Parteien sollen nämlich in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof auch auf Äußerungen in behördlichen Verfahren angewandt (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 = NJW 1992, 1314 und BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - I ZR 177/95 - VersR 1998, 515 = NJW 1998, 1399, jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze greifen auch gegenüber Äußerungen in einem Prozeß ein, durch die Dritte, nicht am Verfahren Beteiligte betroffen werden (vgl. Senatsurteil vom 14. November 1972 - VI ZR 102/71 - MDR 1973, 304 m.w.N.; vgl. auch OLG Hamm NJW 1992, 1329 und OLG Düsseldorf NJW 1987, 2522). Dies gilt auch für einen Zeugen, der in einem schwebenden Verfahren aussagt (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1965 - VI ZR 70/64 - NJW 1965, 1803 und vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85 - NJW 1986, 2502). Aus all diesen Entscheidungen ergibt sich, daß eine Ausnahme hiervon allenfalls bei besonderen Umständen in Betracht kommt. Solche lassen sich dem angefochtenen Beschluß nicht entnehmen, weil hier ein innerer Zusammenhang mit dem familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahren zwischen dem Beklagten und seiner Ehefrau besteht.
Unter diesen Umständen ist weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gegeben noch für den Senat ersichtlich, warum eine weitere Leitentscheidung zur Fortbildung des Rechts aufgrund einer Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, die lediglich eine summarische Prüfung zur Grundlage hat, erfolgen soll.
Fundstellen
HFR 2005, 479 |
NJW-RR 2004, 1717 |