Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. Februar 2001 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Wert: 14.270 DM.
Gründe
I.
Das Scheidungsverbundurteil des Familiengerichts wurde der Antragsgegnerin am 8. August 2000 zugestellt. In diesem Urteil wurde der Antragsteller unter anderem verurteilt, an die Antragsgegnerin 16.298,31 DM als Zugewinnausgleich zu zahlen. Einen entsprechenden Anspruch der Antragsgegnerin hatte der Antragsteller ausdrücklich anerkannt. Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 31. August 2000, bei Gericht eingegangen am 1. September 2000, beantragte die Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe für die Durchführung einer Berufung. Sie kündigte an, daß sie mit der Berufung einen um 11.000 DM höheren Zugewinnausgleichsanspruch geltend machen wolle, außerdem einen höheren monatlichen Unterhaltsanspruch und daß die Befristung des Unterhaltsanspruchs entfallen solle.
Am 18. September 2000 überwies der Antragsteller der Antragsgegnerin die ihr als Zugewinnausgleich zugesprochenen 16.298,31 DM. Der Betrag wurde der Antragsgegnerin sofort gutgeschrieben, sie erfuhr davon aber erst am 27. September 2000, als sie einen Kontoauszug abholte. Noch am 27. September 2000 überwies die Antragsgegnerin ohne Rücksprache mit ihrem Rechtsanwalt die 16.298,31 DM an den Antragsteller zurück, weil sie der unzutreffenden Ansicht war, wenn sie das Geld behalte, verzichte sie damit auf die von ihr zusätzlich begehrten 11.000 DM.
Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2000 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers dem Berufungsgericht mit, daß der Antragsteller die 16.298,31 DM überwiesen habe, und vertrat die Ansicht, daß die Antragsgegnerin daraufhin die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht mehr erfülle. Dieser Schriftsatz wurde der Antragsgegnerin zu Händen ihrer Prozeßbevollmächtigten am 5. Oktober 2000 zugestellt mit der Aufforderung mitzuteilen, wann der Geldbetrag ihrem Konto gutgeschrieben worden sei. Der Prozeßbevollmächtigte der Antragsgegnerin teilte nach Rücksprache mit ihr dem gegnerischen Prozeßbevollmächtigten mit, die Zurücküberweisung des Geldes sei aus den oben dargelegten Gründen irrtümlich erfolgt und er schlage vor, den Betrag auf ein Konto seiner Kanzlei zu überweisen. Das Geld ging bei ihm am 13. Oktober 2000 ein. Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2000, bei Gericht eingegangen am 18. Oktober 2000, legte er für die Antragsgegnerin Berufung ein und beantragte wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Prozeßkostenhilfegesuch nahm er später zurück.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 519 b Abs. 2, 538 Abs. 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der Berufungsfrist des § 516 ZPO eingelegt worden ist.
a) Nach § 233 ZPO darf einer Partei wegen Versäumung (unter anderem) der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann gewährt werden, wenn sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, die Frist einzuhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Partei, der die Mittel fehlen, einen bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit der Einlegung und Durchführung eines Rechtsmittels zu beauftragen, infolge dieser Mittellosigkeit ohne ihr Verschulden an der Wahrung der Rechtsmittelfrist gehindert (Senatsbeschluß vom 20. Oktober 1993 – XII ZB 133/93 – BGHR ZPO § 233 Prozeßkostenhilfe 8). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist darf in solchen Fällen einer bedürftigen Partei aber nur gewährt werden, wenn sie innerhalb der Rechtsmittelfrist einen den gesetzlichen Anforderungen genügenden Antrag auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe eingereicht hat. Dazu gehört, daß sie die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung hinreichend dargelegt hat und davon ausgehen kann, daß ihr die beantragte Prozeßkostenhilfe aufgrund der von ihr gemachten Angaben nicht mangels Bedürftigkeit verweigert werden kann (Senatsbeschluß vom 21. September 1988 – IVb ZB 101/88 – BGHR ZPO § 233 Prozeßkostenhilfe 4). In dem von der Klägerin in der Berufungsinstanz ausgefüllt eingereichten Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” wird ausdrücklich nach „Forderungen, Außenständen” gefragt. Die Klägerin hat hierzu angegeben: „s. Unterheft Güterrecht”. Damit weist sie erkennbar – und zu Recht – hin auf ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich, der zu einem Teilbetrag unstreitig, von dem Antragsteller anerkannt und in dem erstinstanzlichen Verbundurteil zugesprochen war. Daß sie diese Forderung, soweit sie sie verwerten konnte, zur Deckung der Prozeßkosten einsetzen mußte, wird von der sofortigen Beschwerde zu Recht nicht in Zweifel gezogen. Die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin hätte deshalb, um ihre Bedürftigkeit zu belegen, darlegen müssen, warum sie die von dem Antragsteller ausdrücklich anerkannte Forderung nicht kurzfristig realisieren könne. Sie hätte allenfalls Prozeßkostenhilfe beantragen können mit der Erklärung, sie habe den Antragsgegner zur Zahlung des von ihm anerkannten Betrages aufgefordert und werde den Prozeßkostenhilfeantrag zurücknehmen, sobald das Geld bei ihr eingegangen sei. Im Zusammenhang mit einem so begründeten Prozeßkostenhilfeantrag hätte der Prozeßbevollmächtigte der Antragsgegnerin seine Mandantin darauf hinweisen müssen, daß sie ihn über den Eingang des Geldes sofort informieren müsse. Insofern ist ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin, der das Prozeßkostenhilfegesuch für sie eingereicht hat, zumindest nicht ausgeschlossen. Dieses Verschulden muß sich die Antragsgegnerin nach § 85 Abs. 2 ZPO anrechnen lassen.
b) Prozeßkostenhilfe könnte der Antragsgegnerin aber selbst dann nicht bewilligt werden, wenn dieser Gesichtspunkt anders zu bewerten wäre. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wäre der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann als unzulässig zurückzuweisen, weil er verspätet gestellt worden ist. Nach § 234 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO muß der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen gestellt werden, beginnend mit dem Tage, an dem das Hindernis behoben oder sein Fortbestand nicht mehr unverschuldet ist (BGH, Beschluß vom 19. Dezember 1988 – II ZR 243/88 – BGHR ZPO § 234 Abs. 1 Fristbeginn 2). Im vorliegenden Fall war das Hindernis spätestens am 27. September 2000 behoben, weil die Antragsgegnerin an diesem Tag erfahren hat, daß der Antragsteller ihr die vom Familiengericht als Zugewinnausgleich zugesprochenen 16.298,31 DM überwiesen hatte. Von diesem Zeitpunkt an konnte die Antragsgegnerin nicht mehr damit rechnen, daß ihr Prozeßkostenhilfe bewilligt werden würde. Deshalb begann von diesem Zeitpunkt an die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO zu laufen.
Dem steht nicht entgegen, daß die Antragsgegnerin der irrigen Meinung war, wenn sie den überwiesenen Betrag behalte, erkenne sie an, keinen höheren Zugewinnausgleichsanspruch zu haben, und daß sie deshalb das Geld sofort zurücküberwiesen hat. Dadurch wurde sie zwar wieder bedürftig. Diese Bedürftigkeit war aber nicht mehr unverschuldet. Sie war anwaltlich vertreten und hätte, bevor sie eine solche, offensichtlich schwerwiegende Entscheidung traf, ihren Anwalt konsultieren müssen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, daß der Prozeßbevollmächtigte der Antragsgegnerin – wie oben ausgeführt – schon im Zusammenhang mit der Einreichung des Prozeßkostenhilfegesuchs verpflichtet gewesen wäre, die Antragsgegnerin darauf hinzuweisen, daß sie Zahlungen des Antragstellers auf ihren Zugewinnausgleichsanspruch zur Deckung der Prozeßkosten einsetzen müsse und daß das Prozeßkostenhilfegesuch dann keine Aussicht auf Erfolg mehr habe. Auch in diesem Zusammenhang muß sich die Antragsgegnerin ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten zurechnen lassen.
Die sofortige Beschwerde macht geltend, die Rechtsprechung räume einem bedürftigen Rechtsmittelkläger nach der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe eine Überlegungsfrist von einigen Tagen ein und lasse die Wiedereinsetzungsfrist erst danach beginnen. Eine solche Überlegungsfrist müsse auch im vorliegenden Fall der Antragsgegnerin eingeräumt werden. Ob dies grundsätzlich richtig ist und ob eine solche Überlegungsfrist auch dann noch in Betracht kommt, wenn der Rechtsmittelkläger – wie im vorliegenden Fall die Antragsgegnerin – durch die sofortige Zurücküberweisung des Geldes vollendete Tatsachen geschaffen hat, kann offenbleiben. Die Antragsgegnerin hat am 27. September 2000 – einem Mittwoch – erfahren, daß der Antragsteller das Geld überwiesen hatte. Selbst wenn man ihr eine Überlegungsfrist von einigen Tagen zubilligen wollte, hätte die Wiedereinsetzungsfrist spätestens Montag, den 2. Oktober 2000 zu laufen begonnen und wäre mit dem 16. Oktober 2000 abgelaufen. Eingegangen ist das Wiedereinsetzungsgesuch aber erst am 18. Oktober 2000.
Zwar kann auch gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, dies scheitert im vorliegenden Fall aber daran, daß auch diese Frist aus den gleichen Gründen nicht unverschuldet versäumt worden ist.
c) Geht man mit der sofortigen Beschwerde davon aus, daß die Antragsgegnerin jedenfalls bis zum 27. September 2000 unverschuldet daran gehindert war, das Rechtsmittel rechtzeitig einzulegen, so hätte ihr Prozeßbevollmächtigter die von diesem Tage an laufende Wiedereinsetzungsfrist ohne weiteres einhalten können. Durch die Zustellung des gegnerischen Schriftsatzes am 6. Oktober 2000 wußte er, daß der Antragsteller den im erstinstanzlichen Verbundurteil zugesprochenen Zugewinnausgleichsbetrag überwiesen hatte. Ihm mußte klar sein, daß die naheliegende Gefahr bestand, das Berufungsgericht werde daraus folgern, daß die Antragsgegnerin nun nicht mehr bedürftig sei und daß die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO zu laufen begonnen habe. Er mußte auch erkennen, daß diese Gefahr nicht behoben war, nachdem er von der Antragsgegnerin erfahren hatte, sie habe das Geld sofort zurücküberwiesen. Vom 27. September 2000 an gerechnet ist die Wiedereinsetzungsfrist erst am 11. Oktober 2000 abgelaufen. Wenn der Prozeßbevollmächtigte der Antragsgegnerin unter den gegebenen Umständen nicht sofort Berufung einlegen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen wollte, hätte er seine Mandantin zumindest auf die drohende Gefahr hinweisen müssen. Daß er statt dessen ohne Rücksicht und ohne Hinweis auf eventuell laufende Fristen lediglich den gegnerischen Prozeßbevollmächtigten aufgefordert hat, das Geld nun an ihn zu überweisen, gereicht ihm zum Vorwurf.
Unterschriften
Blumenröhr, Hahne, Gerber, Weber-Monecke, Wagenitz
Fundstellen
BGHR 2001, 977 |
FamRZ 2002, 1704 |