Leitsatz (amtlich)
a) Die bei der Sächsischen Ärzteversorgung erworbenen Versorgungsanrechte sind angleichungsdynamisch i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 VAÜG.
b) Zur Berechnung des Höchstbetrages (§ 1587b Abs. 5 BGB), wenn dem ausgleichsberechtigten Ehegatten, der seinerseits nur angleichungsdynamische Rentenanrechte erworben hat, im Versorgungsausgleich sowohl angleichungs- als auch regeldynamische Rentenanrechte gutgebracht werden sollen.
Normenkette
VAÜG § 1 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 1587b Abs. 5
Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG (Beschluss vom 10.10.2003; Aktenzeichen 10 UF 129/03) |
AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 22.07.2002; Aktenzeichen 5.3 F 559/98) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des OLG Brandenburg v. 10.10.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das OLG zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 500 EUR.
Gründe
I.
Die 1969 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der 1964 geborene Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) haben am 4.6.1993 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde dem Ehemann am 25.2.1999 zugestellt. Das am 3.4.2001 verkündete Verbundurteil des AG - FamG - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
Während der Ehezeit (1.6.1993 bis 31.1.1999, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Rentenanwartschaften erworben. Die als Arzthelferin beschäftigte Ehefrau erwarb angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (früher: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) in monatlicher Höhe von 68,74 EUR (= 134,45 DM), bezogen auf den 31.1.1999. Der als Arzt tätige Ehemann erwarb Versorgungsanwartschaften bei der Sächsischen Ärzteversorgung (im Folgenden: SÄV) in monatlicher Höhe von 503,68 EUR (= 985,11 DM), ebenfalls bezogen auf den 31.1.1991. Daneben begründete der Ehemann weitere Versorgungsanwartschaften bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen (im Folgenden: ZVK) mit einem Nominalbetrag von monatlich 64,83 EUR (= 126,80 DM).
Das AG hat - nach Zurückverweisung - den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der SÄV auf dem Versicherungskonto der Ehefrau angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in monatlicher Höhe von 217,47 EUR, bezogen auf den 31.1.1999, begründet hat. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der SÄV hat das OLG im Wege des analogen Quasi-Splittings zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der SÄV auf dem Versicherungskonto der Ehefrau angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in monatlicher Höhe von 195,97 EUR, bezogen auf den 31.1.1999, begründet und wegen der weiter gehenden Anwartschaften des Ehemannes bei der SÄV und wegen seiner Anwartschaften bei der ZVK den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der SÄV, mit der sie die Berechnung des Höchstbetrages unter Heranziehung des aktuellen Rentenwertes (West) beanstandet.
II.
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
1. Das OLG ist davon ausgegangen, dass der Ehemann sowohl die werthöheren angleichungsdynamischen Anrechte (bei der SÄV) als auch die höheren - weil Einzigen - nichtangleichungsdynamischen Anrechte (bei der ZVK) erworben habe. Aus diesem Grunde sei gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1b VAÜG der Versorgungsausgleich vor der Einkommensangleichung durchzuführen.
Diese von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffene Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Allerdings ist es in Rechtsprechung und Literatur umstritten, welcher Dynamik diejenigen Versorgungsanrechte unterliegen, die bei der SÄV oder anderen ärztlichen Versorgungswerken im Beitrittsgebiet erworben worden sind (für Angleichungsdynamik: OLG Dresden v. 11.11.1997 - 20 UF 63/96, FamRZ 1998, 630; v. 25.6.1996 - 20 UF 313/95, FamRZ 1997, 615, Zahnärzteversorgung Sachsen; OLG Jena v. 18.7.2001 - 1 UF 414/00, OLGReport Jena 2001, 381 = FamRZ 2002, 397, Ärzteversorgung Thüringen; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1 VAÜG Rz. 4; Sander in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1 VAÜG Rz. 8; Götsche, FamRZ 2002, 1235 [1236]; Gutdeutsch, FamRZ 2004, 1114; für Regeldynamik: OLG Naumburg v. 28.8.2003 - 3 UF 20/02, OLGReport Naumburg 2004, 54 = FamRZ 2004, 641 f.; NJ 2000, 262 f., Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt; Friederici, NJ 2003, 511 [512]; AnwKomm/Rehbein, BGB, § 1 VAÜG Rz. 6). Nach Auffassung des Senats sind die von dem Ehemann bei der SÄV erworbenen Versorgungsanrechte als angleichungsdynamische sonstige Anrechte i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 VAÜG zu qualifizieren.
a) Die SÄV ist eine berufsständische Versorgungseinrichtung in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung). Pflichtmitglieder des Versorgungswerkes sind alle Ärzte und Tierärzte, die Pflichtmitglieder der Sächsischen Landesärztekammer oder Landestierärztekammer geworden sind, soweit sie das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und nicht berufsunfähig sind (§ 9 der Satzung i.V.m. § 6 des Gesetzes über Berufsausübung, Berufsvertretungen und Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker im Freistaat Sachsen - Sächsisches Heilberufekammergesetz v. 24.5.1994, GVBl. 1994, 935). Angestellte Ärzte können sich gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zu Gunsten der SÄV von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen. Als Beiträge sind bei selbständigen Ärzten im Regelfall jährlich 9 % des reinen Berufseinkommens aus ärztlicher Tätigkeit zu zahlen (§ 15 der Satzung). Angestellte Ärzte, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, zahlen den Beitrag, der ohne die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten wäre; rentenversicherungspflichtig beschäftigte Ärzte zahlen neben ihren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung einen Mindestbeitrag (§ 16 der Satzung). Durch die Beitragszahlung erwerben die Mitglieder jährliche "Punktwerte", die das Verhältnis ihrer individuellen Beitragsleistung zum Durchschnittsbeitrag des betreffenden Kalenderjahres wiedergeben.
Die SÄV gewährt ihren Mitgliedern als Pflichtleistungen insb. Altersruhegelder und Ruhegelder bei Berufsunfähigkeit (§ 27 der Satzung). Die Bemessung des Ruhegeldes erfolgt als Prozentsatz einer variablen Rentenbemessungsgrundlage, wobei der individuelle Prozentsatz der Summe der durch Beitragszahlung erworbenen Punktwerte entspricht (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Die jährliche Rentenbemessungsgrundlage wird in einem versicherungsmathematischen Gutachten als Ergebnis der versicherungstechnischen Bilanz ermittelt (§ 28 Abs. 3 der Satzung).
b) Für die Charakterisierung eines Versorgungsanrechts als angleichungsdynamisches Anrecht erfüllt die gesetzliche Rentenversicherung eine Leitbildfunktion. Angleichungsdynamische Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Beitrittsgebiet bis zur Einkommensangleichung erworben worden sind und einer höheren Dynamik unterliegen als ein im früheren Bundesgebiet erworbenes Vergleichsanrecht. § 1 Abs. 2 Nr. 2 VAÜG überträgt diesen Gedanken auf sonstige, im Beitrittsgebiet bis zur Einkommensangleichung erworbene Versorgungsanrechte, wobei nach der gesetzlichen Regelung als Maßstab für die Beurteilung der Dynamik nicht die in ähnlich strukturierten Versorgungssystemen im früheren Bundesgebiet erworbenen Anrechte heranzuziehen sind, sondern die Vergleichbarkeit sich allein an den angleichungsdynamischen Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG) orientiert. Aus diesem Grunde kann es nicht gegen die Beurteilung eines Versorgungsanrechtes als angleichungsdynamisch sprechen, wenn das Versorgungsniveau zwar in einer den angleichungsdynamischen Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Weise angepasst wird, aber im Übrigen keine höhere Dynamik aufweist als ähnliche Versorgungssysteme in den alten Bundesländern (zutreffend OLG Jena v. 11.4.2005 - 1 UF 232/00, OLGReport Jena 2005, 538 [540]; Gutdeutsch, FamRZ 2004, 1114).
aa) Nach der Gesetzesbegründung betrifft § 1 Abs. 2 Nr. 2 VAÜG solche im Beitrittsgebiet erworbenen Anwartschaften und Aussichten auf eine Versorgung, deren Wert - wie der Wert der Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung - in einem unmittelbaren Bezug zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen steht und deren Veränderungen in die Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den neuen Bundesländern eingebunden sind. Für die Vergleichbarkeit mit den Entwicklungen der Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung ist es entscheidend, dass die Anrechte ähnlich der dynamischen Rentenversicherung ohne weiteren Vermögenseinsatz des Inhabers an der Angleichung der Lebensverhältnisse in den beiden früheren deutschen Staaten teilhaben (BT-Drucks. 12/405, 177). Allerdings darf der anzulegende Maßstab nicht zu eng sein. Der Gesetzgeber hat bei Erlass des VAÜG in Betracht gezogen, dass im Beitrittsgebiet die Entwicklung vielfältiger Versorgungstypen mit unterschiedlichen Sicherungszielen und Finanzierungssystemen bevorstand. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erforderlich, dass die zu erwartende Versorgungsentwicklung des betroffenen Anrechtes mit dem am Einkommensfortschritt orientierten Anpassungsmechanismus der gesetzlichen Rentenversicherung vollständig übereinstimmt. In den Eigentümlichkeiten des Versorgungssystems begründete Abweichungen vom Leitbild der gesetzlichen Rentenversicherung stehen der Annahme der Angleichungsdynamik nicht entgegen (BT-Drucks. 12/405, 177; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl., § 1 VAÜG Rz. 5 Soergel/Minz, BGB, 13. Aufl., § 1 VAÜG Rz. 6). Es ist demzufolge auch nicht schädlich, wenn der allein auf der Einkommensangleichung beruhende Einfluss auf das Versorgungsniveau zeitweise durch andere, für den spezifischen Anpassungsmechanismus des betroffenen Versorgungssystems maßgebliche Faktoren - z.B. Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, Entwicklung des Mitgliederbestandes, allgemeine wirtschaftliche Lage der aktiven Mitglieder des Versorgungssystems - ganz oder teilweise kompensiert wird. Derartige Effekte sind auch der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr fremd, wie insb. durch die Ergänzung der Rentenanpassungsformel um den Nachhaltigkeitsfaktor (§ 68 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 4 SGB VI i.d.F. des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Nachhaltigkeitsgesetz v. 21.7.2004, BGBl. I, 1791) verdeutlicht wird. Durch den Nachhaltigkeitsfaktor ist das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung teilweise von der Einkommensentwicklung der aktiven Beitragszahler abgekoppelt und an gesamtgesellschaftliche Veränderungen, insb. an die demographische Entwicklung und den Beschäftigungsstand, angebunden worden.
bb) Sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium bestimmt sich der Wertzuwachs der Versorgungsanrechte bei der SÄV nach einer überindividuellen Entwicklung der finanziellen Grundlagen des Versorgungswerkes. Dies ergibt sich daraus, dass die Leistungsfähigkeit aller im offenen Deckungsplanverfahren finanzierten Versorgungswerke nicht nur auf Erträgen aus den Vermögenswerten beruht, die mit den jeweiligen individuellen Beiträgen der Mitglieder aus der Vergangenheit gebildet wurden, sondern dass die Leistungen auch mit den laufenden Beiträgen der noch nicht versorgungsberechtigten Mitglieder finanziert werden. Dieses Finanzierungsverfahren ermöglicht die Anpassung in der Weise, dass Anwartschaften und Versorgungsleistungen jeweils in dem gleichen Umfang gemäß den vorhandenen Mitteln erhöht werden; dieses System entspricht insoweit dem System der gesetzlichen Rentenversicherung (BGH, Beschl. v. 25.9.1991 - XII ZB 97/90, MDR 1991, 1173 = FamRZ 1991, 1420 [1421]; v. 20.9.1995 - XII ZB 86/94, MDR 1996, 72 = FamRZ 1996, 97 [98]).
cc) Ob der Wert der bei der SÄV erworbenen Anrechte in gleicher Weise oder wenigstens in nahezu gleicher Weise steigt wie die kraft Gesetzes angleichungsdynamischen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, lässt sich i.d.R. aus der Rückschau auf einen längerfristigen vergangenen Zeitraum bis in die jüngste Zeit vor der Entscheidung ableiten. Die Dynamisierung der gezahlten Renten in der SÄV betrug im Zeitraum Januar 1992 bis Dezember 2000 im jährlichen Durchschnitt rund 8,22 % (OLG Naumburg v. 28.8.2003 - 3 UF 20/02, OLGReport Naumburg 2004, 54 = FamRZ 2004, 641 f.). Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Wert der angleichungsdynamischen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahresdurchschnitt um rund 8,33 %. Seit Januar 2001 unterlagen die Anrechte der SÄV und der gesetzlichen Rentenversicherung (Ost) folgenden weiteren Anpassungen:
|
SÄV: |
ges. RV (Ost): |
2001: |
0,0 % (Ärzteblatt Sachsen 2000, 408) |
2,11 % |
2002: |
1,0 % (Ärzteblatt Sachsen 2001, 327) |
2,89 % |
2003: |
0,0 % (Ärzteblatt Sachsen 2002, 323) |
1,19 % |
2004: |
0,0 % (Ärzteblatt Sachsen 2003, 329) |
0 % |
2005: |
4,0 % (Ärzteblatt Sachsen 2004, 423) |
0 % |
Daraus errechnet sich im Zeitraum von 1992 bis 2005 für die Anrechte der SÄV eine durchschnittliche jährliche Anpassung von rund 5,64 % und für die angleichungsdynamischen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung eine durchschnittliche jährliche Anpassung von rund 5,80 %. Die bei der SÄV erworbenen Anrechte halten daher erkennbar mit den angleichungsdynamischen Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung Schritt.
Lässt der Wertzuwachs der Versorgungsanrechte der SÄV in den Jahren nach 1992 die Beurteilung einer nahezu gleichen Steigerung wie bei den Leistungserhöhungen der angleichungsdynamischen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung zu, so kann hierin i.d.R. ein ausreichendes Indiz für eine vergleichbare zukünftige Entwicklung gesehen werden, insb. soweit es um die Prognose geht, ob die Höhe der Versorgung in der Zukunft weiterhin durch den Wertzuwachs beeinflusst wird, der auf der Einkommensangleichung zwischen alten Bundesländern und Beitrittsgebiet beruht. Diese Prognose wird derzeit auch dadurch gestützt, dass das für die Höhe der laufenden Beitragseinnahmen des Versorgungswerkes maßgebliche Einkommen der selbständigen und angestellten Ärzte im Beitrittsgebiet weiterhin durch Honorar- und Vergütungsabschläge mitbestimmt wird.
2. Das OLG hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschl. v. 20.10.1993 - XII ZB 109/91, MDR 1994, 802 = FamRZ 1994, 90 [92]) weiter ausgeführt, dass im Interesse einer gleichmäßigen Belastung der Versorgungsträger alle in Betracht kommenden Versorgungen des Ausgleichspflichtigen grundsätzlich anteilsmäßig nach der Quotierungsmethode zum Ausgleich heranzuziehen seien. Verbleibe jedoch nach ihrer Anwendung ein schuldrechtlich auszugleichender Restbetrag, sei dem Gericht ein Ermessen eingeräumt, einzelne Versorgungen in stärkerem Maße zum Ausgleich heranzuziehen, sofern dem Ausgleichsverpflichteten mindestens die Hälfte eines jeden Anrechtes verbleibe. Eine solche Sachverhaltsgestaltung liege hier vor, weil die Einhaltung der Höchstgrenze gem. § 1587b Abs. 5 BGB zur Folge habe, dass nach Anwendung der Quotierungsmethode schuldrechtlich auszugleichende Restbeträge verbleiben, die sich auch nicht durch die Anwendung des § 3b VAHRG vermeiden ließen. Für den Wertausgleich durch analoges Quasi-Splitting gem. § 1587b Abs. 2 S. 1 BGB (richtig: § 1 Abs. 3 VAHRG) könne daher allein das Anrecht des Ehemannes bei der SÄV in Anspruch genommen werden; einer Umrechnung des nicht volldynamischen Anrechtes bei der ZVK bedürfe es daher gegenwärtig nicht.
Diese Beurteilung durch das OLG ist jedenfalls im Ansatz zutreffend.
Zwar ist für die unmittelbare Anwendung der Quotierungsmethode im vorliegenden Fall kein Raum, weil die angleichungsdynamischen und die nichtangleichungsdynamischen Anrechte nicht verrechnet werden können und kraft Gesetzes getrennt voneinander auszugleichen sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 VAÜG). Würde allerdings der vollständige In-Sich-Ausgleich aller nach § 1 Abs. 3 VAHRG im analogen Quasi-Splitting auszugleichenden angleichungsdynamischen und nichtangleichungsdynamischen Anrechte - wie hier - an der Höchstbetragsregelung scheitern und würden deshalb schuldrechtlich auszugleichende Restbeträge verbleiben, wird dem Gericht in gleicher Weise wie bei den Quotierungsfällen ein i.S.d. Ausgleichsberechtigten auszuübendes Ermessen dahin einzuräumen sein, in welcher Weise es die eine oder andere Versorgung bis zur Grenze des Höchstbetrages in Anspruch nimmt. Es gilt damit ähnliches wie für das Ermessen bei der Auswahl unter mehreren Versorgungsträgern für ein erweitertes Splitting gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG (BGH, Beschl. v. 25.3.1992 - XII ZB 8/90, MDR 1992, 1062 = FamRZ 1992, 921 [923]). Die Auswahl der in Anspruch genommenen Versorgungen muss auf sachgerechten Erwägungen beruhen, etwa auf dem Gedanken, dass eine der zur Auswahl stehenden Versorgungen im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich vollständig ausgeglichen werden kann und der Ausgleichsberechtigte bei einem vorzeitigen Tod des Ausgleichspflichtigen einen verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegen diesen Versorgungsträger nicht mehr durchsetzen muss (BGH, Beschl. v. 25.3.1992 - XII ZB 8/90, MDR 1992, 1062 = FamRZ 1992, 921 [923]; OLG Jena FamRZ 2005, 1570 [1571]).
Der angefochtene Beschluss lässt allerdings nicht erkennen, mit welchen Erwägungen das OLG bei der Heranziehung der angleichungsdynamischen Anrechte des Ehemannes bei der SÄV dieses Ermessen im Interesse der Ehefrau ausgeübt hätte. Diese Würdigung wird das OLG in tatrichterlicher Verantwortung nachzuholen haben.
3. Das OLG hat den Nominalbetrag der Anrechte, die für die Ehefrau im Wege des analogen Quasi-Splittings noch begründet werden können, im Ergebnis dadurch bestimmt, dass es die Zahl der für das Quasi-Splitting noch zur Verfügung stehenden Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert (West) vervielfältigt hat (hier: 8,0436 EP x 47,65 DM = 383,28 DM bzw. 195,97 EUR). Dem kann nicht gefolgt werden, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte - wie hier - in der Ehezeit ausschließlich angleichungsdynamische Anrechte erworben hat.
a) Ein Versicherter kann in der gesetzlichen Rentenversicherung aus Gründen der Gleichbehandlung innerhalb der Versichertengemeinschaft durch den Versorgungsausgleich keine höhere Rente erlangen als diejenige, die er bei Zahlung von Höchstbeiträgen in der Ehezeit selbst hätte erwerben können. Der in dieser Hinsicht gem. § 1587b Abs. 5 BGB i.V.m. § 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI zu beachtende Höchstbetrag will eine dieser Limitierung etwa entsprechende Begrenzung auf zwei Entgeltpunkte pro Jahr erreichen. Dies wird dadurch bewirkt, dass die Zahl der in die Ehezeit fallenden Kalendermonate durch sechs geteilt wird; das Ergebnis entspricht der Zahl der in der Ehezeit maximal erreichbaren Entgeltpunkte. Der über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigende Zuschlag an Entgeltpunkten darf zusammen mit den in der Ehezeit bereits vorhandenen Entgeltpunkten diesen Wert nicht übersteigen. Soweit ausschließlich angleichungsdynamische Anrechte betroffen sind, ist dieser Höchstbetrag als Geldbetrag auf der Grundlage des aktuellen Rentenwertes (Ost) zu ermitteln. Dies folgt aus § 264a Abs. 3 SGB VI, wonach bei Anwendung der Vorschriften über den Versorgungsausgleich - und damit auch für die Ermittlung des Höchstbetrages gem. § 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI - in Ansehung angleichungsdynamischer Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung die Entgeltpunkte (Ost) an die Stelle der Entgeltpunkte treten. Nur dadurch ist entsprechend dem Zweck der Höchstbetragsregelung sichergestellt, dass der Geldbetrag der von dem ausgleichsberechtigten Ehegatten erlangten angleichungsdynamischen Anrechte zusammen mit dem Geldbetrag seiner eigenen angleichungsdynamischen Anrechte nicht höher ist als der Geldbetrag, den er hätte erlangen können, wenn er selbst während der Ehe im Beitrittsgebiet zu Höchstbeiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen wäre (BGH, Beschl. v. 1.12.2004 - XII ZB 67/00, BGHReport 2005, 569 = MDR 2005, 634 = FamRZ 2005, 432 [433]).
b) An dieser grundlegenden Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn dem ausgleichsberechtigten Ehegatten im Versorgungsausgleich sowohl angleichungsdynamische wie auch regeldynamische Anrechte gutzubringen sind. Allerdings ist es dann besonders zu berücksichtigen, dass die zu übertragenden oder zu begründenden regeldynamischen Anrechte einer anderen Bewertung unterliegen. Dies kann in rechtlich bedenkenfreier Weise dadurch erfolgen, dass die dem ausgleichsberechtigten Ehegatten gutzubringenden regeldynamischen Anrechte nach dem Verhältnis des aktuellen Rentenwertes (Ost) zum aktuellen Rentenwert (West) in angleichungsdynamische Anrechte umgerechnet werden (OLG Jena FamRZ 2005, 1570 [1571]; zur Methode vgl. auch Kemnade, FamRZ 2004, 1650 [1651]).
4. Die angefochtene Entscheidung kann wegen der dargestellten Rechtsfehler keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung gibt dem OLG zugleich Gelegenheit zur Einholung neuer Versorgungsauskünfte für die Ehefrau, da die bisherige Auskunft v. 11.1.2000 naturgemäß die zwischenzeitlichen Änderungen der Rechtslage durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVermErgG - v. 21.3.2001 BGBl. I, 403) noch nicht berücksichtigt. Jedenfalls die Neubewertung der Berufsausbildungszeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung (§ 71 Abs. 1 S. 3 SGB VI) wird sich voraussichtlich auf die Rentenauskunft für die Ehefrau und damit auf die Höchstbetragsberechnung auswirken.
Fundstellen
Haufe-Index 1474849 |
BGHR 2006, 425 |
FamRZ 2006, 327 |
NJW-RR 2006, 435 |
NJ 2006, 217 |
FamRB 2006, 205 |