Entscheidungsstichwort (Thema)
widersprechende Allgemeine Geschäftsbedingungen. UN-Kaufrecht. Milchpulver. widersprechende Gutachten
Leitsatz (amtlich)
Zum Zustandekommen und zum Inhalt eines Vertrages nach dem UN-Kaufrecht (CISG), wenn die Parteien einander widersprechende Allgemeine Geschäftsbedingungen wechseln.
Zur Verpflichtung des Gerichts, bei einem dem gerichtlichen Gutachten widersprechenden Privatgutachten eine ergänzende Stellungnahme einzuholen.
Normenkette
CISG Art. 19; ZPO § 412 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. Oktober 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin und die Zedentin, die N. S. M. b.v., die beide in den Niederlanden ihren Sitz haben und mit Milcherzeugnissen handeln, bezogen in der ersten Jahreshälfte 1998 auf Grund mehrerer Verträge von der in Deutschland ansässigen Beklagten und deren Mehrheitsaktionärin, der Molkerei A. M. GmbH & Co. KG (künftig: Molkerei M. KG), insgesamt 2.557,5 t Milchpulver. Hiervon veräußerten die Klägerin und die Zedentin 7,5 t an die niederländische Firma I. und 2.550 t an die algerische Gesellschaft G. I. des P. L. s.p.a. (künftig: G. s.p.a.), vormals O. R. s.p.a.. Der Inhalt der jeweils telefonisch erfolgten Bestellungen wurde von der Klägerin und der Zedentin bzw. der Beklagten und der Molkerei M. KG in schriftlichen Bestätigungen festgehalten. Die Lieferbestätigungen der Beklagten und der Molkerei M. KG, deren Produktionsstätte in L. die Beklagte Anfang 1998 unter Eintritt in die bestehenden Vertragsverhältnisse übernommen hatte, enthielten in der Fußzeile jeweils folgenden Text:
„Wir verkaufen ausschließlich zu unseren Geschäftsbedingungen. Entgegenstehende gesetzliche Bedingungen oder entgegenstehende Geschäftsbedingungen des Käufers werden ausdrücklich nicht anerkannt und sind demzufolge nicht Vertragsbestandteil.”
Die in Bezug genommenen Geschäftsbedingungen enthalten folgende Gewährleistungsklausel:
„VI. Gewährleistung und Mängelrüge
Der Abnehmer ist verpflichtet, die Ware bei Anlieferung unverzüglich zu untersuchen und Beanstandungen auf dem Lieferschein zu vermerken …
Bei Anlieferung der Ware nicht erkennbare Mängel können längstens bis zum Ablauf der aufgeprägten Haltbarkeitsdauer gerügt werden …
Der Abnehmer hat uns die beanstandete Ware oder Proben hiervon in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen, andernfalls kann der Abnehmer keine Gewährleistungsansprüche gegen uns geltend machen.”
In den von der Klägerin herangezogenen sogenannten M.P.C.-Bedingungen heißt es unter „Paragraph 10. Probeentnahme und Reklamation” zu Nr. 8:
„Unbeschadet einer eventuellen Verpflichtung des Verkäufers zur Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises, oder eines Teils davon, beschränkt sich die Haftung des Verkäufers für erlittenen (und/oder noch zu erleidenden) Schaden zu allen Zeiten ausschließlich auf den Rechnungsbetrag des Gelieferten.”
Das von der Beklagten abgepackt gelieferte Milchpulver wurde von der Klägerin bzw. der Zedentin unter Einschaltung des I. S. Nederland b.v. (künftig: I. S.) stichprobenartig ohne besonderen Befund untersucht, im Hafen von Antwerpen neu palettiert und sodann nach Algerien und – soweit an die Firma I. veräußert – nach Aruba/Niederländische Antillen verschifft.
Nach der Verarbeitung des nach Algerien gelieferten Milchpulvers durch dortige Tochterunternehmen der G. s.p.a. wies die produzierte Trinkmilch teilweise einen ranzigen Geschmack auf. Daraufhin beanstandete die G. s.p.a. bei der Klägerin und der Zedentin insgesamt 207,6 t sowie eine bereits zu 10.000 l Trinkmilch verarbeitete Teilmenge des Milchpulvers als mangelhaft. Zur Klärung der Frage einer Entschädigung der G. s.p.a. fanden am 24. Juni und 19. August 1998 in A. verschiedene Besprechungen statt, an denen Vertreter der G. s.p.a., der Klägerin, der Zedentin und der Beklagten teilnahmen. Das Ergebnis dieser Verhandlungen, bei denen die Klägerin und die Zedentin der G. s.p.a. jeweils eine bestimmte Entschädigung zusagten, wurde in vier „Protokollen der gütlichen Einigung” festgehalten; diese Schriftstücke wurden auch von dem Vertreter der Beklagten unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 24. August 1998 teilte die von der Beklagten mit der Abwicklung der Angelegenheit betraute Rechtsabteilung der Molkerei M. KG der Klägerin und der Zedentin unter anderem folgendes mit:
„Wir haben zur Kenntnis genommen, daß von dem aufgrund der Lieferbestätigungen vom … gelieferten Milchpulver in einer Gesamtmenge von 3.495 t eine Teilmenge von 177 t nicht den vertraglichen Anforderungen entspricht.
Wir bestreiten nicht, daß Ihnen aus der Qualitätsabweichung Gewährleistungsansprüche zustehen, wobei jedoch grundsätzlich die beiden folgenden Aspekte zu berücksichtigen sind:
- …
- Sämtliche oben genannten Lieferbestätigungen nehmen Bezug auf unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche somit für unser Rechtsverhältnis maßgebend sein müssen.
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, daß sich die S. AG mit Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen, die seitens der Firma G. gestellt werden, nicht auseinanderzusetzen hat.
… Wir betonen an dieser Stelle ausdrücklich, daß wir Ihnen bzw. der Fa. A. gegenüber in Ansehung der mangelhaften 177 t zur Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses … bereit sind. Weitergehende Ansprüche, die die Firma G. gegebenenfalls an Sie bzw. an die Firma A. stellt, sind sachlich nicht gerechtfertigt und werden von uns nicht übernommen.”
Mit Schreiben vom 1. September 1998 machte die Zedentin bei der Beklagten eine Schadensersatzforderung in Höhe von 198.150,36 $ geltend; diese Forderung trat sie am 30. November 1998 an die Klägerin ab.
Die Firma I. beanstandete gegenüber der Klägerin ebenfalls die Lieferung von 7,5 t, unter anderem wegen eines sauren Geschmacks des Milchpulvers, und forderte Schadensersatz von 29.256 hfl, den die Klägerin daraufhin leistete.
Die Klägerin hat behauptet, der bei den Endabnehmern festgestellte ranzige Geschmack sei auf einen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits angelegten Lipasebefall des Milchpulvers zurückzuführen, der auf der fehlerhaften Verarbeitung der Frischmilch beruhe. Dieser Mangel sei erst nach der Lieferung erkennbar geworden und von ihr unverzüglich gerügt worden. Ihre Gewährleistungspflicht habe die Beklagte sowohl in den in Algerien protokollierten Vereinbarungen als auch in ihrem Schreiben vom 24. August 1998 anerkannt. Für den Schaden, der ihr – der Klägerin – und der Zedentin auf Grund der Schadensersatzleistungen an die Abnehmer und der Reisekosten für die Besprechungen in A. entstanden sei und der insgesamt 780.506,46 DM betrage, hafte die Beklagte nach den Bestimmungen des CISG; dieses sei durch die Allgemeinen Geschäfts- und Lieferbedingungen der Beklagten nicht ausgeschlossen.
Die Beklagte hat behauptet, der Lipasebefall des nach Algerien gelieferten Milchpulvers sei erst nach Gefahrübergang entstanden, zumindest aber nicht von ihr verursacht. Das an die Firma I. gelieferte Pulver sei allein durch Insektenbefall ungenießbar geworden. Im übrigen sei die Anwendbarkeit des CISG durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen. Daher sei das deutsche BGB maßgebend mit der Folge, daß der Klägerin, weil dem gelieferten Milchpulver keine zugesicherte Eigenschaft gefehlt habe, keine Schadensersatzansprüche zustünden.
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung des obengenannten Betrages abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht – nach Einholung eines mündlich erstatteten Sachverständigengutachtens zur Ursache des Mangels – der Klage in Höhe von 633.742,45 DM stattgegeben und die Berufung im übrigen, insbesondere soweit die Klage die letzte Teillieferung an die G. s.p.a. vom 6. Juli 1998 (650 t) und die Lieferung an die Firma I. betrifft, zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die von der Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht geltend gemachten Gewährleistungsansprüche seien nach den Vorschriften des UN-Kaufrechts (CISG) begründet. Das CISG sei weder durch die Allgemeinen Geschäfts- und Lieferbedingungen der Beklagten noch durch die von der Klägerin verwendeten M.P.C.-Bedingungen ganz oder teilweise abbedungen worden. Letztere seien in die mit der Zedentin geschlossenen Verträge schon nicht einbezogen und im übrigen insgesamt durch die Abwehrklausel in den AGB der Beklagten verdrängt worden. Der Umstand, daß die beiderseitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen teilweise miteinander kollidierten, stehe dem wirksamen Abschluß der Kaufverträge nicht entgegen, weil die Parteien diesen Widerspruch nicht als Hindernis für die Durchführung der Verträge angesehen hätten.
Die Beklagte sei der Klägerin nach den Art. 74, 75 CISG zum Schadensersatz verpflichtet, da 177,6 t des gelieferten Milchpulvers als mangelhaft anzusehen seien, die Mängel rechtzeitig gerügt worden seien und die Haftung der Beklagten nicht nach Art. 79 CISG ausgeschlossen sei. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. sei das Milchpulver mit Lipase befallen gewesen. Da die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 24. August 1998 die Mangelhaftigkeit von insgesamt 177,6 t Milchpulver anerkannt und dies nach dem insoweit maßgebenden unvereinheitlichten deutschen Recht eine Umkehr der Beweislast bewirkt habe, obliege es ihr, darzutun und zu beweisen, daß das Milchpulver im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vertragsgerecht gewesen sei. Einen solchen Beweis habe die Beklagte nicht erbracht. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. sei nicht auszuschließen, daß das Milchpulver bei Gefahrübergang mit inaktiven Lipasen behaftet gewesen sei. Diese Annahme werde nicht durch die Erwägungen des von der Beklagten eingeschalteten Privatgutachters Prof. Dr. B. erschüttert, die darauf beruht hätten, daß bei der Begutachtung des Milchpulvers durch das I. S. keine Lipaseaktivitäten zu diagnostizieren gewesen seien; der Gutachter befasse sich nämlich nicht damit, ob eine Kontamination mit inaktiven Lipasen hätte festgestellt werden können. Daher sei die von der Beklagten beantragte Einholung eines weiteren Gutachtens entbehrlich, zumal der Sachverständige Prof. Dr. F. bekundet habe, daß es 1998 noch keine wissenschaftlich anerkannte Methode zur quantitativen Feststellung von inaktiven Lipasen im Milchpulver gegeben habe.
Die Behauptung der Beklagten über die bei ihr durchgeführte umfassende sensorische, physikalische und mikrobiologische Untersuchung des Milchpulvers könne als richtig unterstellt werden, da auch hierdurch keine Erkenntnisse über das Vorhandensein inaktiver Lipasen zu gewinnen gewesen seien. Selbst wenn – wie von der Beklagten behauptet – das Milchpulver in Algerien bei einer hohen Temperatur und sehr hoher Luftfeuchtigkeit gelagert worden sei, müsse nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F. offen bleiben, ob die Ursache für die geschmackliche Beeinträchtigung erst nach Gefahrübergang entstanden sei oder ob das Milchpulver von vornherein mit Lipasen behaftet gewesen sei. Zumindest sei eine nochmalige mündliche Verhandlung insoweit nicht veranlaßt, weil die unsachgemäße Lagerung nur eine mögliche Erklärung für die geschmacklichen Beeinträchtigungen sei, durch die lipasebedingte Oxydationsprozesse aber nicht ausgeschlossen werden könnten. Schließlich sei eine bereits bei der Ablieferung vorhandene Kontamination mit inaktiven Lipasen auch nicht dadurch zu widerlegen, daß der lipaseinduzierte Geschmack schon beim Anrühren des Milchpulvers aufgetreten sein solle, weil dieser Geschehensablauf mit im Milchpulver vorhandenen inaktiven Lipasen ohne weiteres zu erklären sei.
Die Voraussetzungen einer Befreiung von der Schadensersatzpflicht nach Art. 79 Abs. 1 CISG habe die Beklagte nicht hinreichend dargetan. Ob diese Vorschrift überhaupt auf den Fall einer Vertragswidrigkeit der Ware anzuwenden sei, könne dahingestellt bleiben; jedenfalls habe die Beklagte nicht dargelegt, daß die Ursachen für die inaktiven Lipasen außerhalb ihres Einflußbereichs gelegen hätten. Zwar sei auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. F. zu Gunsten der Beklagten auszuschließen, daß das Milchpulver (bei Gefahrübergang) mit lipasebildenden Mikroorganismen oder mit inaktiven Lipoproteinlipasen verseucht gewesen sei. Es bleibe jedoch die Möglichkeit der Kontamination mit inaktiven Lipasen, die entweder in der von den Milcherzeugern angelieferten Milch oder im Produktionsprozeß bei der Beklagten gebildet worden sein müßten; für beides habe die Beklagte einzustehen. Im übrigen habe die Beklagte auch nicht dargetan, daß der Lipasebefall für sie nicht zu vermeiden gewesen sei. Zwar müsse nach dem Gutachten des Sachverständigen davon ausgegangen werden, daß selbst bei größter Sorgfalt das Vorhandensein thermoresistenter Lipasen im Milchpulver nicht verläßlich auszuschließen sei. Dies besage aber nichts darüber, ob die unwiderlegt vorhandenen Lipasen auf einer für die Beklagte schicksalhaften Entwicklung oder auf der Nichteinhaltung optimaler Standards beruhten.
Der zugesprochene Schadensersatz sei nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin und der Zedentin zu kürzen. Die Beklagte habe sich mit der zwischen der Klägerin, der Zedentin und der G. s.p.a. vereinbarten Schadensabwicklung einverstanden erklärt und könne sich deshalb jetzt nicht darauf berufen, daß ihr das mangelhafte Milchpulver nicht mehr zurückgegeben werden könne.
II. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Mängel des Milchpulvers auf Ursachen beruhen, für die die Beklagte nicht nach Art. 36, 45, 74 CISG einzustehen hat.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Schadensersatzregeln des CISG für die Ansprüche der Klägerin nicht durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen („M.P.C.-Bedingungen”) abbedungen sind, die erhebliche Haftungsbeschränkungen für den Verkäufer vorsehen, unter anderem einen etwa zu leistenden Schadensersatz auf den Rechnungsbetrag des Gelieferten begrenzen.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der teilweise Widerspruch zwischen den jeweils in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin und der Beklagten nicht zu einem Scheitern des Vertragsschlusses im Sinne des Art. 19 Abs. 1 und Abs. 3 CISG wegen fehlender Willensübereinstimmung (Dissens) geführt hat. Seine tatrichterliche Würdigung, die Parteien hätten aufgrund der Durchführung des Vertrages zu erkennen gegeben, daß sie die fehlende Übereinstimmung zwischen den beiderseitigen Vertragsbedingungen nicht als im Sinne von Art. 19 CISG wesentlich erachtet hätten, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision ausdrücklich hingenommen.
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, die für die Beklagte günstigen Gewährleistungsklauseln in den von der Klägerin verwendeten M.P.C.-Bedingungen seien durch die Abwehrklausel der Beklagten verdrängt worden. Die von der Revision hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.
Die Frage, in welchem Umfang kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen im Anwendungsbereich des CISG Vertragsbestandteil werden, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Nach der wohl herrschenden Meinung werden teilweise voneinander abweichende Allgemeine Geschäftsbedingungen (nur) insoweit Vertragsbestandteil, als sie sich nicht widersprechen; im übrigen gelten die gesetzlichen Regeln (sog. Restgültigkeitstheorie; z.B. Achilles, Komm. zum UN-Kaufrechtsübereinkommen, Art. 19 Rdnr. 5; Schlechtriem/Schlechtriem, CISG, 3. Aufl., Art. 19 Rdnr. 20, insbes. S. 226; Staudinger/Magnus, CISG (1999), Art. 19 Rdnr. 23). Ob ein derartiger, die Einbeziehung hindernder Widerspruch besteht, kann nicht allein nach dem Wortlaut einzelner Klauseln, sondern nur auf Grund einer Gesamtwürdigung aller einschlägigen Regelungen festgestellt werden. Das verkennt die Revision, wenn sie lediglich die eingeschränkte Abwehrklausel der Beklagten mit den für diese günstigen Gewährleistungsregeln der Klägerin vergleichen will. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, enthalten die niederländischen M.P.C.-Bedingungen erhebliche Abweichungen von dem gewährleistungsrechtlichen Regelungsgefüge des CISG – das bei Zugrundelegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten im wesentlichen anwendbar bliebe – und ist nicht davon auszugehen, daß die Klägerin die in sich ausgewogenen M.P.C.-Bedingungen gegen sich gelten lassen wollte, soweit sie spürbar nachteiliger als die gesetzlichen Regelungen sind, ohne in den Genuß der ihr günstigen Klauseln zu gelangen. Umgekehrt ist nichts dafür ersichtlich, daß die Beklagte sich die für sie ungünstigen Klauseln der M.P.C.-Bedingungen entgegenhalten lassen wollte.
Nichts anderes gilt dann, wenn man der Gegenmeinung folgt (Theorie des letzten Wortes; zum Meinungsstand und zu den Bedenken gegen die Anwendung dieser Theorie im Geltungsbereich des CISG vgl. Schlechtriem/Schlechtriem aaO Rdnr. 20 und dort Fn. 62). Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (Art. 7 Abs. 1 CISG) durfte die Beklagte, auch soweit sie bei den Vertragsverhandlungen ihre Geschäftsbedingungen zuletzt gestellt hatte, nicht annehmen, die Frage, ob bestimmte Regelungen der gegnerischen Bedingungen ihren eigenen widersprächen, könne isoliert für einzelne Klauseln beantwortet werden mit der Folge, daß die jeweiligen sie begünstigenden Bestimmungen anwendbar blieben.
2. Als ebenso unbegründet erweist sich die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe der Beklagten zu Unrecht die Beweislast dafür auferlegt, daß die beanstandete Teilmenge von 177,6 t des gelieferten Milchpulvers bei der Ablieferung vertragsgerecht gewesen sei.
a) Nach der vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Senats hat im Anwendungsbereich des CISG nach rügeloser Abnahme der Ware durch den Käufer allerdings dieser ihre Vertragswidrigkeit und nicht der Verkäufer ihre Vertragsmäßigkeit darzulegen und zu beweisen (BGHZ 129, 75, 81). Zwar ist im vorliegenden Fall eine Rüge bei der Abnahme nicht erfolgt. Zu Recht hat das Berufungsgericht aber angenommen, das Schreiben der Molkerei M. KG vom 24. August 1998 habe zu einer Umkehr der Beweislast geführt. Dagegen wendet sich die Revision vor allem mit dem Argument, das CISG regele die Fragen der Beweislast mit, so daß ein Rückgriff auf das nationale Recht versperrt sei; das CISG kenne jedoch eine Beweislastumkehr auf Grund tatsächlicher Anerkenntnisse nicht. Es verbleibe daher bei dem Regel-Ausnahme-Prinzip, das für die Beweislastverteilung im Geltungsbereich des CISG maßgebend sei. Infolgedessen habe die Klägerin zu beweisen, daß die Ware bereits bei der Ablieferung vertragswidrig gewesen sei; die vom Berufungsgericht festgestellte Unsicherheit gehe daher insgesamt zu Lasten der Klägerin. Dem kann nicht gefolgt werden.
b) Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Revision, daß das CISG die Beweislast ausdrücklich (etwa in Art. 79 Abs. 1) oder konkludent (Art. 2 Buchst. a) mit regelt, daß infolgedessen ein Rückgriff auf das nationale Recht insofern verwehrt ist und daß das CISG dabei dem Regel-Ausnahme-Prinzip folgt (vgl. dazu im Einzelnen Baumgärtel/Laumen/Hepting, Handbuch der Beweislast, Bd. 2, 2. Aufl., Einf. vor Art. 1 UN-Kaufrecht, Rdnr. 4 ff und 16 ff; Achilles aaO, Art. 4 Rdnr. 15; Schlechtriem/Ferrari aaO, Art. 4 Rdnr. 48 ff; Staudinger/Magnus aaO, Art. 4 Rdnr. 63 ff; inzidenter ebenso Senatsurteil BGHZ 129, 75, 81). Die Revision übersieht aber, daß die Beweislastregeln des CISG nicht weiter reichen können als sein materieller Geltungsbereich. Dieser ergibt sich aus Art. 4 Satz 1 CISG; danach regelt das Übereinkommen ausschließlich den Abschluß des Kaufvertrages und die aus ihm erwachsenden Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers. Die Frage, ob und gegebenenfalls welche beweisrechtlichen Folgen ein tatsächliches Anerkenntnis hat, zählt nicht dazu. Sie betrifft – ebenso wie etwa die Bedeutung von Willensmängeln, die Abtretung, Aufrechnung oder ähnliches – kein spezifisches kaufrechtliches Problem, sondern einen rechtlichen Gesichtspunkt allgemeiner Art; sie steht in keinem inneren Zusammenhang mit den tatsächlichen und rechtlichen Aspekten des internationalen Warenhandels, die den Regelungsgegenstand des CISG bilden.
c) Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht in dem Schreiben der Molkerei M. KG vom 24. August 1998 eine Erklärung gesehen hat, die grundsätzlich geeignet ist, als tatsächliches Anerkenntnis eine Beweislastumkehr herbeizuführen, und daß es weiter auf Grund der ihm obliegenden tatrichterlichen Auslegung des Schriftstücks zu dem Ergebnis gelangt ist, die Molkerei M. KG habe darin – mit Wirkung für und gegen die Beklagte – das Vorliegen eines Mangels, für den sie einzustehen habe, anerkannt. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Schreibens, das von einer „nicht den vertraglichen Anforderungen” entsprechenden Teilmenge beziehungsweise von „mangelhaftem” Milchpulver und von einer „Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses” spricht, greift die Rüge der Revision nicht durch, das Schreiben habe allein der Klarstellung gedient, daß der Zedentin Schadensersatzansprüche schon von Rechts wegen nicht zustünden. Die von dem Berufungsgericht herangezogenen besonderen Umstände des Falles – Entsendung zweier Mitarbeiter der Beklagten zu der algerischen Abnehmerin der Klägerin, wobei jedenfalls einer von ihnen eigene Erkenntnisse über die Beschaffenheit des Milchpulvers und der aus dem Milchpulver hergestellten Trinkmilch gewinnen konnte, bei der Beklagten vorhandene eigene Sachkunde – rechtfertigen die Wertung, daß der Inhalt des Schreibens eine Umkehr der Beweislast zur Folge hat und nicht lediglich eine Indizwirkung entfaltet.
d) Als ebenso unbegründet erweist sich der weitere Einwand der Revision, die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr seien auch deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin und die Zedentin nicht im Vertrauen auf das Schreiben von sonst gegebenen Aufklärungsmöglichkeiten Abstand genommen hätten und ihnen somit dadurch keine Beweisschwierigkeiten entstanden seien; denn, so meint die Revision, der Beweis, ob das Milchpulver mit inaktiven Lipasen belastet gewesen sei, habe sich weder vor noch nach dem Schreiben vom 24. August 1998 erbringen lassen. Die Revision führt aus, von der Fallgruppe von Wissenserklärungen aufgrund eigener Wahrnehmung der Partei abgesehen, sei nur unter der Voraussetzung eines solchen Vertrauensschutzes eine Umkehr der Beweislast in Betracht zu ziehen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1984 – VI ZR 64/82, NJW 1984, 799). Schon aus tatsächlichen Gründen kann diese Rüge keinen Erfolg haben. An der von der Revision in Bezug genommenen Stelle des Berufungsurteils hat das Berufungsgericht gerade dargelegt, nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. lasse das Analyseergebnis des I. S. – das auf einer stichprobenartigen Untersuchung des Milchpulvers bei der Ankunft in Antwerpen beruhe – keine Aussage über die „allein entscheidungserhebliche Frage” zu, ob das Pulver bei Gefahrübergang mit inaktiven Lipasen behaftet gewesen sei. Es erscheint daher nicht fernliegend, daß bei gezielten Nachforschungen nach dem 24. August 1998 – etwa wenn die Molkerei M. KG jegliche Vertragswidrigkeit bestritten hätte – das Vorhandensein inaktiver Lipasen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs hätte erwiesen werden können oder daß zumindest andere Ursachen, insbesondere also die nachträgliche Kontaminierung des Milchpulvers oder der Verderb durch unsachgemäße Lagerung, hätten ausgeschlossen werden können. Mithin ist die Beweislage dadurch zu Lasten der Klägerin und der Zedentin beeinträchtigt worden, daß sie auf die schriftliche Erklärung der Beklagten vom 24. August 1998 vertraut und deshalb von weiteren Untersuchungen abgesehen haben.
Nach alledem hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, auf Grund der durch das Schreiben vom 24. August 1998 herbeigeführten Beweislastumkehr habe die Beklagte dartun und beweisen müssen, daß das beanstandete Milchpulver im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vertragsgemäß war.
3. Diesen Beweis hat die Beklagte nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht erbracht, weil nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen mit dem Lehrgebiet Bioverfahrenstechnik, Prof. Dr. F., und den Untersuchungen des I. S. nicht auszuschließen sei, daß das Milchpulver in dem maßgebenden Zeitpunkt mit inaktiven Lipasen durchsetzt gewesen sei. Insofern beruht die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts jedoch auf einem Verfahrensfehler, so daß sie im Ergebnis keinen Bestand haben kann.
a) Auch die Revision geht davon aus, daß als Mangelursache entweder schon bei der Anlieferung vorhandene inaktive Lipasen oder aber Verunreinigungen im Verantwortungsbereich der Klägerin und der Zedentin bzw. ihrer Abnehmer in Betracht kommen. Sie macht jedoch geltend, die Beklagte habe in der ihr vorbehaltenen Stellungnahme zu der Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen unter Vorlage eines Gutachtens des Sachverständigen mit dem Lehrgebiet Biotechnologie, insbesondere Enzymtechnologie, Prof. Dr. B., den Nachweis angetreten, daß das Milchpulver – anders als vom Berufungsgericht nach Beweislastregeln unterstellt – bei der Ablieferung an die Klägerin bzw. die Zedentin durchaus mangelfrei gewesen sei. Zu Recht rügt die Revision als Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 156, 412 ZPO, daß das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet hat und diesem Beweisantritt nicht durch erneute Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen oder durch Einholung eines Obergutachtens nachgegangen ist.
b) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muß der Tatrichter, wenn ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten und ein sodann vorgelegtes Privatgutachten einander in einem entscheidungserheblichen Punkt widersprechen, bei fehlender eigener Sachkunde in der Regel zumindest eine ergänzende Stellungnahme des bisherigen gerichtlichen Sachverständigen zu dem gegenteiligen Privatgutachten einholen (BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 – X ZR 121/96 = BGHR ZPO § 412, Gutachten, widersprechende 5; Urteil vom 10. Oktober 2000 – VI ZR 10/00 = NJW 2001, 77 unter II 2). Ein solcher Widerspruch liegt hier vor, weil der Privatsachverständige der Beklagten anders als der vom Gericht bestellte Sachverständige die Reaktivierung inaktiver Lipasen als Mangelursache ausgeschlossen und dafür eine Begründung gegeben hat, die nicht bereits durch den Gerichtsgutachter widerlegt ist.
Bei der Erstattung seines mündlichen Gutachtens hat der gerichtliche Sachverständige erklärt, wenn unmittelbar nach Abschluß des Produktionsprozesses eine sensorische Prüfung keinen Lipasegeschmack ergebe und dieser bei der Wiederverarbeitung (Mischung des Milchpulvers mit Wasser) auftrete, müsse zwischen der Herstellung und der Wiederverarbeitung etwas passiert sein, was, sei nicht festzustellen. Bei diesem „nicht feststellbaren” Vorgang kann es sich nach Lage der Dinge – vorbehaltlich der unter c) zu erörternden dritten Möglichkeit – nur um eine nachträgliche Kontamination im Verantwortungsbereich der Klägerin/Zedentin bzw. ihrer Abnehmer oder um die „Reaktivierung” der bei Gefahrübergang bereits vorhandenen, im Zeitpunkt der sensorischen Prüfung der Beklagten und der S. -Analyse aber noch inaktiven Lipasen handeln. Einig sind sich beide Sachverständige darin, daß im „trockenen Milieu” inaktive Lipasen sich nicht entwickeln können. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der lipaseinduzierte Geschmack schon beim Anrühren des Milchpulvers, also unmittelbar nach der Zuführung von Wasser, entstanden ist. Hierzu hat der gerichtliche Sachverständige lediglich in allgemeiner Form bekundet, es sei möglich, daß eine ursprünglich vorhandene mikrobielle Lipasebelastung durch den Produktionsprozeß (hier: Herstellen von Trinkmilch bei den algerischen Abnehmern) wieder aktiviert werde. Welche Zeitspanne dafür erforderlich ist, hat er nicht angegeben. Auch das Berufungsgericht ist hierauf nicht eigens eingegangen; es führt lediglich aus, das sofortige Auftreten des Lipasegeschmacks beim Anrühren des Milchpulvers lasse sich mit bereits im Milchpulver vorhandenen inaktiven Lipasen ohne weiteres erklären.
Woher das Berufungsgericht die Sachkunde für diese Aussage nimmt, ist nicht ersichtlich. Auf die oben wiedergegebene Bekundung des gerichtlichen Sachverständigen hat es sich jedenfalls nicht gestützt und auch nicht stützen können; eigene Sachkunde hat es nicht dargetan. Die Revision hält dem entgegen, nach dem Privatgutachten stünde der Annahme einer Reaktivierung der durch den niedrigen Wassergehalt „eingefrorenen” Lipaseaktivitäten – also inaktiver Lipasen – entgegen, daß der Lipasegeschmack unmittelbar nach dem Anrühren des Milchpulvers aufgetreten sei, daß jedoch Mikroorganismen sich nach dem Anrühren des Pulvers erst vermehren müßten, um genügend Lipaseaktivität zu entwickeln. Da das gerichtliche Gutachten somit jedenfalls im Ergebnis durch das Privatgutachten erschüttert wurde und das Berufungsgericht nicht aufgrund eigener Sachkenntnis zu einer Widerlegung der Darlegungen des Privatsachverständigen zu der ungewöhnlich schwierigen Beweisfrage imstande war, wäre es im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens gehalten gewesen, eine Ergänzung des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen anzuordnen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 5. März 1987 – III ZR 265/85, und (Nichtannahme-)Beschluß vom 25. Februar 1988 – III ZR 258/86 = BGHR ZPO § 412 Abs. 1, Ermessen 1 und 2).
c) Es kommt hinzu, daß der Privatgutachter eine nachvollziehbare anderweitige Erklärung für den bei der Wiederverarbeitung aufgetretenen Lipasegeschmack gegeben hat, nämlich die – aufgrund der Behauptung der Beklagten revisionsrechtlich zu unterstellende – Lagerung des Milchpulvers bei 40° Celsius. Soweit das Berufungsgericht es in diesem Zusammenhang für möglich hält, daß sich die G. s.p.a. erst zu einer derart unsachgemäßen Lagerung des Milchpulvers entschlossen hat, nachdem sich dieses als mangelhaft erwiesen hatte, findet sich hierfür keine Stütze im Vorbringen der Klägerseite.
d) Nicht zutreffend ist die Erwägung des Berufungsgerichts, die Folgen einer etwaigen unsachgemäßen Lagerung seien auch nach der Darstellung des Privatgutachters nur eine mögliche Erklärung für die geschmacklichen Beeinträchtigungen, ohne andererseits lipasebedingte Oxydationsprozesse auszuschließen. In der Zusammenfassung seines Gutachtens hat der Sachverständige ausdrücklich erklärt, seines Erachtens seien die sensorischen Veränderungen allein auf die Lagerung bei zu hohen Temperaturen zurückzuführen. Damit hat er andere Ursachen jedweder Art erkennbar ausgeschlossen. Mit den von ihm herausgestellten temperaturbedingten Oxydationsprozessen und deren Folgen hat sich der gerichtliche Sachverständige nicht auseinandergesetzt; immerhin hat aber auch er eine „evident unsachgemäße Lagerung des Milchpulvers” als denkbare Ursache des festgestellten Mangels bezeichnet.
Es ist nicht auszuschließen, daß das angefochtene Urteil auf diesem Verfahrensmangel – der unterlassenen ergänzenden Anhörung des Sachverständigen F. – beruht. Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 und 3 ZPO).
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollte sich nach erneuter Verhandlung ergeben, daß eine Verseuchung des Milchpulvers mit mikrobiellen inaktiven Lipasen bei Gefahrübergang weiterhin nicht auszuschließen ist, wird es darauf ankommen, ob die Beklagte hierfür nach Art. 79 CISG nicht einzustehen hätte. Die Revision ist der Ansicht, Art. 79 CISG sei auch auf die Lieferung einer wegen eines Mangels vertragswidrigen Sache anwendbar (offengelassen im Senatsurteil BGHZ 141, 129, 132); sie macht geltend, eine Nichterfüllung der vertraglichen Leistungspflicht der Beklagten beruhe hier auf einem von ihr nach Art. 79 CISG nicht zu verantwortenden Hinderungsgrund, weil nach ihrem beweisbewehrten Vorbringen das Milchpulver nach aktuellen Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik hergestellt sei und etwa vorhandene Lipasebestände nur solche hätten sein können, die auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Verfahrens niemals auszuschließen seien. In diesem Zusammenhang wird vorsorglich darauf hingewiesen, daß eine Befreiung der Beklagten von der Schadensersatzpflicht für ihre vertragswidrige Leistung allenfalls in Betracht käme, wenn sie nachweisen könnte, daß ein etwaiger Lipasebefall der angelieferten Milch auch bei sorgfältiger Anwendung der gebotenen Untersuchungsmethoden vor der Weiterverarbeitung nicht erkennbar gewesen wäre und daß eine mögliche Verseuchung bei der Herstellung des Milchpulvers auf einem außerhalb ihres Einflußbereichs liegenden Hinderungsgrund beruhen würde. Für diese – solange die Ursache eines Lipasebefalls vor Gefahrübergang nicht feststellbar ist – kumulativ erforderlichen Entlastungsnachweise fehlt es an einem ausreichenden Anhalt im von der Revision in Bezug genommenen Tatsachenvortrag der Beklagten.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Beyer, Wiechers, Dr. Wolst, Dr. Frellesen
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 09.01.2002 durch Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 706761 |
NJW 2002, 1651 |
BGHR 2002, 265 |
EWiR 2002, 429 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 2002, 672 |
MDR 2002, 569 |
RIW 2002, 396 |
SGb 2002, 500 |
ELF 2002, 221 |
IHR 2002, 16 |