Entscheidungsstichwort (Thema)
Angebot von geschlossenen Immobilienfonds in Prospekt
Leitsatz (redaktionell)
Beim Vertrieb von Anlagemodellen unter Verwendung von Prospekten insbesondere beim Angebot von geschlossenen Immobilienfonds, besteht eine Pflicht zur Ausweisung von Innenprovisionen, die der Veräußerer an die von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt. Dies gilt zwar nicht in jedem Fall, wohl aber ab einer gewissen Größenordnung derartiger Provisionen. Unabhängig von der Gesamthöhe der Innenprovisionen müssen im Prospekt diesbezügliche Angaben zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr darf nicht bestehen.
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 30.09.2002) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 30.9.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärung v. 30.9.1997 eine Beteiligung als Kommanditist mit einem Betrag von 90.000 DM plus 5 % Agio an der D. GmbH & Co. W. KG ("Grundrenditefonds W. 2/ R. Straße"; im Folgenden: W. 2). Diese Kapitalanlage war dem Kläger durch die Beklagte unter Verwendung des von der Objektgesellschaft herausgegebenen Prospekte vermittelt worden.
Der Kläger behauptet, der Immobilienfonds befinde sich in einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage, da die tatsächlichen Mieteinnahmen für die Gewerbeeinheiten in erheblichem Umfang hinter den zugesagten Mieten zurückgeblieben seien. Er verlangt von der Beklagten Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligung entstandenen Aufwendungen, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung. Die Haftung der Beklagten leitet der Kläger aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung - mit der Behauptung, der Prospekt für den Immobilienfonds sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft gewesen - und daraus her, dass die Beklagte ihm gegenüber (vor-)vertragliche Aufklärungspflichten verletzt habe.
LG und OLG haben die Klage abgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung i. e. S., weil die Beklagte nur für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zuständig gewesen sei und nicht zu dem von der Rechtsprechung in Betracht gezogenen Kreis der Prospektverantwortlichen gehört habe. Eine vom Kläger behauptete Mitwirkung der Beklagten an dem Prospekt sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen, auch nicht, dass die Beklagte Einfluss auf die Konzeptionierung der Anlagefonds genommen habe. Auch ein Einfluss der Beklagten auf die Zusammensetzung des für den Fonds verantwortlichen Personenkreises, etwa die Benennung des Treuhänders, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Schließlich ergebe sich eine maßgebliche Einflussnahme der Beklagten auf das gesamte Projekt nicht daraus, dass die Beklagte die einzige Vertriebsfirma gewesen wäre, die für einen Vertrieb des Objekts in Frage gekommen wäre.
Das Berufungsgericht lehnt auch eine Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung i. w. S. wegen eines ihr zur Last fallenden Verschuldens als Anlageberater oder -vermittler ab. In diesem Zusammenhang würdigt das Berufungsgericht die Tätigkeit der Beklagten als die eines Anlagevermittlers, nicht eines Anlageberaters: Die Beklagte sei schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht als unabhängige Beraterin aufgetreten, sondern als Werberin für das zu vermittelnde Kommanditkapital der Fondsgesellschaft. Insbesondere die Tatsache, dass die Beklagte das unternehmerische Konzept der Gewerbezentren nicht selbständig bewertet, sondern auch nach dem Vortrag des Klägers insoweit allein auf den Prospekt verwiesen und nur zu den steuerlichen Fragen ein Votum abgegeben habe, zeige, dass sie nur die Rolle der Anlagevermittlerin habe übernehmen wollen und dies den Anlegern auch deutlich gemacht habe.
Ihren Verpflichtungen als Anlagevermittlerin, so das Berufungsgericht weiter, sei die Beklagte nachgekommen. Weder sei der Beklagten anzulasten, dass sie einen fehlerhaften und unklaren Prospekt verwendet, noch dass sie eine Plausibilitätsprüfung des Prospekts unterlassen habe. Der Emissionsprospekt für W. 2 erfülle die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen hinsichtlich Klarheit und Wahrheit. Auch die Verflechtung der Projektentwicklungsfirmen werde zutreffend offen gelegt. Eine Verpflichtung, die Bonität der Mieter der Gewerbezentren zu prüfen, habe die Beklagte als Anlagevermittlerin nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass es zum damaligen Zeitpunkt Kenntnisse über betrügerisches Verhalten von Beteiligten gegeben habe, seien nicht ersichtlich. Darauf, ob die Mietgarantien im Zeitpunkt der Prospektherausgabe schon vertraglich eingeräumt worden waren und eine Bankbürgschaft in der prospektierten Höhe schon vorlag, komme es nicht an. Die Beklagte habe sich die darauf bezogenen Verträge so lange nicht vorlegen zu lassen brauchen, als keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben im Prospekt aufgetreten seien.
Schließlich meint das Berufungsgericht, eine Haftung der Beklagten komme auch nicht deswegen in Betracht, weil sie den Kläger nicht über an sie gezahlte Innenprovisionen aufgeklärt habe. Eine Aufklärung über den Erhalt von Innenprovisionen sei nicht in jedem Fall geboten. Gegen eine grundsätzliche Aufklärungspflicht spreche, dass die Gefahr, verdeckte Kosten zu Lasten der Anleger dem eingezahlten Kapital zu entnehmen oder in anderen Posten zu verstecken, z. B. in überteuerten Grundstückspreisen, in erster Linie dann bestehe, wenn die Gesellschaften, zu deren Gunsten die Provisionen gezahlt würden, mit der Initiatorenseite wirtschaftlich, kapitalmäßig und persönlich verflochten seien und insoweit eine Interessenkollision zu Lasten der Anleger bestehe. Gebe es eine solche Verflechtung nicht, könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die Provision zahlende Verkäuferin der Grundstücke diese Kosten bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt habe. Da der Kaufpreis den potenziellen Anlegern jedoch durch den Prospekt bekannt werde, seien sie über die anfallenden Kosten aufgeklärt und es bestehe die Möglichkeit zu prüfen, ob diese Kosten überteuert seien oder nicht. Überdies sei im Prospekt für W. 2 darauf hingewiesen worden, dass die Beklagte von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren eine weitere Vergütung (Werbekostenzuschuss) erhalte; die Anleger seien also darüber aufgeklärt worden, dass eine Innenprovision gezahlt werde. Die Aufklärung über die Höhe sei schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil es jedem Anleger unbenommen gewesen wäre, wegen der Tatsache, dass eine Innenprovision gezahlt wird, von einer Beteiligung abzusehen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn (vgl. Siol, DRiZ 2003, 204), wie sie an sich auch für Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds der vorliegenden Art in Betracht zu ziehen ist (vgl. BGH Urt. v. 10.10.1994 - II ZR 95/93, MDR 1995, 275 = NJW 1995, 130), hier nicht als gegeben angesehen hat, weil die Beklagte nicht zu den Prospektverantwortlichen des Anlagemodells W. 2 gehörte.
a) Für den Prospektinhalt müssen in erster Linie diejenigen einstehen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen (BGH BGHZ 71, 284 [287 ff.]; Siol, DRiZ 2003, 204 [207]), einschließlich der so genannten "Hintermänner" (BGH BGHZ 72, 382 [387]; v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 [340] = MDR 1981, 648; v. 22.3.1982 - II ZR 219/81, BGHZ 83, 222 [224] = MDR 1982, 647; v. 26.9.1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213 [217 f.] = MDR 1992, 157 =; v. 7.9.2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121 [127] = MDR 2001, 206 = BGHReport 2001, 74). Darüber hinaus haften auch diejenigen, die auf Grund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder auf Grund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung getreten sind (BGH BGHZ 77, 172 [176 f.]; v. 31.5.1990 - VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314 [319 f.] = MDR 1991, 140; Urt. v. 31.3.1992 - XI ZR 70/91, MDR 1992, 767 = NJW-RR 1992, 879 [883]; Siol, DRiZ 2003, 204 [207]).
Vorliegend erschöpfte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Mitwirkung der Beklagten an W. 2 in der Übernahme des Vertriebs. Eine weiter gehende verantwortliche Mitwirkung im Sinne einer Mitgestaltung des Anlagemodells oder der (Mit-)Verantwortlichkeit für den Prospekt hat es auf Grund seiner Beweisaufnahme nicht festzustellen vermocht.
b) Die Rügen, die die Revision gegen diese Würdigung, die weitgehend im tatrichterlichen Bereich liegt und daher als solche im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden kann, erhebt, sind unbegründet.
aa) Die Revision führt an, das Berufungsgericht gebe zwar die Grundsätze, nach denen die Rechtsprechung den Kreis der Prospektverantwortlichen bestimmt, richtig wieder, es verkenne jedoch die maßgebliche Rolle, welche die Beklagte sowohl nach dem Prospektinhalt als auch nach ihrem tatsächlichen Einfluss auf Konzept und Durchführung des Anlageobjekts gespielt habe, und lasse deren wirtschaftliches Eigeninteresse außer Acht.
Indessen liegt hierin und in den von der Revision dazu vorgebrachten einzelnen Gesichtspunkten nur der Versuch einer eigenen, abweichenden Würdigung an Stelle derjenigen des Tatrichters. Dies ist der Revision versagt. Die angesprochenen Gesichtspunkte sind im Kern vom Berufungsgericht nicht verkannt worden. Rechtsfehler zeigt die Revision in diesem Zusammenhang nicht auf.
bb) Das gilt auch für die Rüge der Revision, dem Berufungsgericht seien bei der Würdigung der Zeugenaussagen zu diesem Punkt Verfahrensfehler unterlaufen. Von einer näheren Begründung sieht der Senat ab (§ 564 ZPO).
2. Folgerichtig hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten, soweit sie die in Rede stehende Vermögensanlage (Fondsbeteiligung) unter Verwendung von Prospekten vertrieben hat, nur nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinn (vgl. BGH v. 22.3.1982 - II ZR 114/81, BGHZ 83, 222 [227] = MDR 1982, 644; Siol, DRiZ 2003, 204), also nur unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss bzw. wegen einer ihr zur Last fallenden Pflichtverletzung als Anlageberater oder Anlagevermittler in Betracht gezogen.
a) Hierbei hat das Berufungsgericht die von der Beklagten bei dem Vertrieb der Anlagen entwickelte Tätigkeit gegenüber dem Kläger rechtsfehlerfrei als Anlagevermittlung, nicht als Anlageberatung, eingeordnet.
aa) Das Berufungsgericht hat die für die Abgrenzung maßgeblichen Merkmale (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.1993 - III ZR 25/92, MDR 1993, 956 = NJWRR 1993, 1114 f.; fortgeführt mit Urt. v. 13.1.2000 - III ZR 62/99, MDR 2000, 405 = NJWRR 2000, 998) zutreffend erkannt und tatrichterlich einwandfrei umgesetzt.
bb) Ohne Erfolg rügt die Revision insoweit Verfahrensfehler des Berufungsgerichts. Die tatrichterliche Gesamtwürdigung des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte, die auch nach dem Vortrag des Klägers nicht als unabhängige Beraterin, sondern als Werberin für das zu vermittelnde Kommanditkapital der Fondsgesellschaft aufgetreten sei und unbeschadet der Abgabe eines Votums zu den steuerlichen Fragen deutlich gemacht habe, dass sie nur die Rolle der Anlagevermittlerin übernehmen wollte, kann von der Revision nicht mit Erfolg mit dem Hinweis auf Vortrag des Klägers in den Tatsacheninstanzen in Frage gestellt werden, wonach seitens der Beklagten (des Zeugen M.) "eine gezielte, auf die Bedürfnisse des Klägers zugeschnittene Anlageberatung" stattgefunden habe; der von der Revision zitierte Vortrag erschöpft sich in der Behauptung, der Zeuge M. habe sich gegenüber dem Kläger als "Banker" ausgegeben und dem Kläger, nachdem dieser ihm seine Steuerrückerstattungsquote von unter 35 % bei 100 % Verlustzuweisungen klar gemacht gehabt habe, "ganz deutlich ... die Anlageabsicht in Richtung eines Renditefonds W. 2 ..." angeraten. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen nicht übergangen, sondern ersichtlich der Sache nach in seine Gesamtwürdigung miteinbezogen.
b) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Anlagevermittler im Rahmen des zwischen ihm und dem Anlageinteressenten stillschweigend zu Stande gekommenen Vertrags auf Auskunftserteilung zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet ist, die für den Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung sind. Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, so muss er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten "Plausibilitätsprüfung" (BGH, Urt. v. 13.1.2000 - III ZR 62/99, MDR 2000, 405 = NJW-RR 2000, 998) den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind.
c) Soweit das Berufungsgericht meint, der Beklagten seien keine Verstöße gegen die betreffenden (vor-)vertraglichen Aufklärungspflichten als Anlagevermittlerin vorzuwerfen, bringt die Revision mehrere Rügen an, von denen jedenfalls eine durchgreift, nämlich in Bezug auf die Beurteilung der von der Beklagten vereinnahmten Innenprovisionen, die in dem Prospekt nicht hinreichend ausgewiesen waren. Auf die übrigen Beanstandungen der Revision braucht daher hier nicht eingegangen zu werden. Das Berufungsgericht hat Gelegenheit, sich in der neuen Verhandlung damit auseinander zu setzen.
aa) Es ist im Revisionsverfahren bezüglich der Innenprovisionen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Nach dem Investitionsplan für W. 2 sollte der Gesamtaufwand für die Anlage 37.920.000 DM betragen. Hiervon waren 19.200.000 DM (ohne Agio) als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern aufzubringen. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen über den Umfang der an die Beklagte als Vertriebsfirma insgesamt gezahlten (Innen-)Provisionen. Das waren zunächst einmal die im Prospekt als solche ausgewiesenen 11 % von 27 Mio. DM (5 % Agio und weitere 6 % des vermittelten Kommenditkapitals). Der Kläger hat im Berufungsverfahren weitere Zahlungen an die Beklagte, insbesondere seitens der Veräußerer der Galerie R. Straße (A. AG) und der W. -Galerie 2 (D. AG), i. H. v. ca. 14 % behauptet. Die Revision macht darüber hinaus geltend, es sei in den Tatsacheninstanzen die Zahlung von (weiteren) Innenprovisionen i. H. v. 20 % behauptet worden, also eine Gesamtprovision von 30 (31) %. Die Beklagte legt in ihrer Revisionserwiderung die Zahlung weiterer 14 % zu Grunde. Revisionsrechtlich ist also davon auszugehen, dass die Beklagte mindestens weitere 14 %, insgesamt also 25 % auf das von ihr beschaffte Kommanditkapital von 19.200.000 DM an Innenprovisionen erhalten hat.
Hiervon deckte der Prospekt über die bereits genannten 11 % hinaus nur auf, dass die Vermittlungsgesellschaft eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuss) ... von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren ... erhält ...", ohne jedoch weitere Beträge zu nennen.
bb) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Vergütungen, die der Veräußerer an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt (sog. Innenprovision), in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen, ist höchstrichterlich nicht geklärt und im Schrifttum sowie in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten (vgl. zum Meinungsstand die Hinweise in dem BGH, Urt. v. 7.9.2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121 [129] = MDR 2001, 206 = BGHReport 2001, 74; außerdem Gallandi, WM 2000, 279; Kiethe, NZG 2001, 107; Rohlfing, MDR 2002, 738; Schirp/Mosgo, BKR, 2002, 354. In den Urteilen BGH, Urt. v. 7.9.2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121 [129] = MDR 2001, 206 = BGHReport 2001, 74; und v. 13.11.2003 - VII ZR 26/03, MDR 2004, 161 = NJW 2004, 288), die Bauträgermodelle betreffen, hat der VII. Zivilsenat des BGH diese Frage ausdrücklich offen gelassen, ebenso der V. Zivilsenat für den Fall des Verkaufs von Eigentumswohnungen (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 308/02, MDR 2003, 865 = BGHReport 2003, 719 = NJW 2003, 1811 [1812]).
Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht eine Pflicht zur Ausweisung von Innenprovisionen bei dem Vertrieb von Anlagemodellen der Art, wie sie im Streitfall dem Publikum unter Verwendung von Prospekten angeboten wurden - also insbesondere auch für geschlossene Immobilienfonds -, zwar nicht in jedem Fall, wohl aber ab einer gewissen Größenordnung derartiger Provisionen. Unabhängig von der Gesamthöhe der Innenprovisionen müssen im Prospekt diesbezügliche Angaben zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr darf nicht bestehen (s.a. das für BGHZ vorgesehene BGH, Urt. v.12.2.2004 - III ZR 359/03).
(1) Insbesondere bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage können sich aus der Existenz und der Höhe solcher Innenprovisionen - die als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen - Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit des Objekts und die Rentabilität der Anlage ergeben. Dies gilt für den Fall, dass, wie hier, Kapitalanleger sich an einer Immobiliengesellschaft beteiligen, nicht nur für Provisionszahlungen der Objektgesellschaft an die Vertriebsfirma als Teil des "Gesamtaufwands", sondern auch für Provisionszahlungen des in das Anlagemodell einbezogenen Unternehmens, das seinerseits das betreffende Objekt (Grundstück und Bauvorhaben) an die Objektgesellschaft veräußert hat , zumal bei diesem Veräußerungsvorgang eine eigentliche geldwerte "Vermittlung" überhaupt nicht stattfindet.
Wie der BGH für den Fall des Verkaufs einer (dort "gebrauchten") Immobilie ausgesprochen hat, begründet allerdings der Umstand, dass bei dem Käufer eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, für sich selbst dann noch keine Offenbarungspflicht, wenn die Höhe der Provision(en) tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert der Immobilie - erheblich - übersteigt (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 308/02, MDR 2003, 865 = BGHReport 2003, 719 = NJW 2003, 1811 f.). Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers (zu diesem Fall vgl. BGH v. 19.1.2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 [301 ff.] = MDR 2001, 683 = BGHReport 2001, 269) bleibt es vielmehr den Vertragsparteien überlassen, welchen Preis sie vereinbaren. Mithin besteht für den Verkäufer grundsätzlich selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjektes, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt. Im Regelfall muss der Verkäufer auch den Käufer nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 308/02, MDR 2003, 865 = BGHReport 2003, 719 = NJW 2003, 1811 f. m. w. N.; vgl. auch - für den Erwerb finanzierende Kreditinstitute - Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, MDR 2003, 225 = BGHReport 2003, 235 = NJW 2003, 424); unberührt bleiben Schadensersatzansprüche des Käufers für den Fall, dass der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben zur Rendite gemacht hat, die sich als unzutreffend erweisen, oder Schadensersatzansprüche aus einem besonderen Beratungsvertrag (BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 308/02, MDR 2003, 865 = BGHReport 2003, 719 = NJW 2003, 1811 f. m. w. N.). Nichts Anderes dürfte i. d. R. in den Fällen gelten, in denen ein wesentlicher Teil des Anlageobjekts aus einem von dem Veräußerer (neu) zu errichtenden Bauwerk besteht. Es ist im Grundsatz Sache des Unternehmers, wie er den Preis für sein Werk kalkuliert, insbesondere auch, was er darin für den "Vertrieb" ansetzt. Umgekehrt muss auch der Erwerber einer noch zu bebauenden Immobilie immer damit rechnen, dass der ihm genannte Erwerbspreis einen gewissen Vertriebskostenanteil enthält.
(2) Der Aufklärungsbedarf für den Anlageinteressenten (Verbraucher) ist jedoch - jedenfalls zu diesem erörterten Punkt - typischerweise größer, wenn und soweit ihm das Anlage-"Modell" vom Anbieter oder vom Vertreiber mittels eines Prospekts vorgestellt wird.
Anlagemodelle wie etwa auch geschlossene Immobilienfonds sind dadurch gekennzeichnet, dass die Initiatoren, sog. Hintermänner und Prospektherausgeber maßgeblichen Einfluss auf die Vorbereitung und Durchführung haben und mit den Prospektinformationen, für die sie verantwortlich sind, Vertrauen der Erwerber in Anspruch nehmen. Die zur Akquisition verwendeten Prospekte dienen dazu, dem Erwerber die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu liefern, damit er die Anlage beurteilen und die Risiken einschätzen kann (vgl. BGH v. 22.5.1980 - II ZR 209/79, BGHZ 77, 172 [176] = MDR 1980, 911; v. 7.9.2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121 [125] = MDR 2001, 206 = BGHReport 2001, 74). Solche Prospekte sind naturgemäß allgemein dahin ausgerichtet, die angebotenen Anlagen als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, dass der Preis der Anlage - abgesehen von in den "Gesamtaufwand" mit hineingenommenen einzelnen Dienstleistungen, die häufig im Wesentlichen auf Steuerersparnisse abzielen - jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht. Das schließt nach dem nächstliegenden Verständnis durchschnittlicher Verbraucher normalerweise zugleich die Vorstellung aus, in dem "Gesamtaufwand" (Preis) könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Veräußerer oder den Vertreiber (Letztere in Form von Innenprovisionen) stecken, dass die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage von vornherein in Frage gestellt sein könnte.
Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für den Anleger der Prospekt bei solchen Modellen oftmals die Einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung ist (BGH v. 7.9.2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121 [125] = MDR 2001, 206 = BGHReport 2001, 74) und dass dem Anleger eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Vorhaben kaum möglich ist, eine besondere Schutzwürdigkeit des Anlegers. Dieser wiederum entspricht die Verpflichtung der Prospektverantwortlichen und derjenigen, die sich des Prospekts zum Vertrieb bedienen, im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten Auskunftserteilung, sämtliche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig darzustellen (vgl. BGH v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 [109 f.] = AG 1994, 32 = MDR 1993, 1068).
(3) Zu den für die Anlageentscheidung des Anlegers "bedeutsamen" Umständen gehört es aber - im Hinblick auf die erörterte Verknüpfung mit der Werthaltigkeit des Objekts - auch, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Immobilienanlage, die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken. Dabei mag allerdings die übliche Provisionshöhe für normale Maklerleistungen (etwa 3 bzw. 6 %; vgl. BGH v. 16.2.1994 - IV ZR 35/93, BGHZ 125, 135 [129] = MDR 1994, 444) nicht unbedingt den für eine Übertragung auf den geschäftsmäßigen Vertrieb solcher Anlagemodelle geeigneten Vergleichsmaßstab darstellen. Nach einzelnen Hinweisen im Schrifttum sollen in diesem Bereich Innenprovisionen um 15 % als üblich gelten (Kiethe, NZG 2001, 107 [110]; vgl. auch Schirp/Mosgo, BKR, 2002, 354. In den Urteilen BGH, Urt. v. 7.9.2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 359 = MDR 2001, 206 = BGHReport 2001, 74). Selbst wenn dies zutreffen sollte, braucht jedoch der Verbraucher nicht ohne weiteres mit (internen) Vertriebskosten, die der Kapitalanlage nicht zugute kommen, in dieser Größenordnung zu rechnen.
cc) Der Senat ist der Auffassung, dass der Anleger über einen "Abfluss" dieser Art jedenfalls dann, wenn er 15 % überschreitet, generell unterrichtet werden muss.
Eine nähere Festlegung erübrigt sich im Streitfall. Denn hier liegt die objektive Pflichtverletzung schon darin, dass die in dem Prospekt gemachten Angaben, was die Innenprovisionen angeht, unvollständig (unrichtig) und irreführend waren. Im Prospekt für W. 2 verschleiert nämlich der bloße Hinweis, dass von Seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch "eine weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuss)" gezahlt werde, den Umstand, dass diese Zahlungen (weitere 14 %) betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausgingen, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte.
Die insoweit unvollständigen Prospektangaben waren geeignet, beim Kläger (Anlageinteressent) Fehlvorstellungen über die geflossenen Innenprovisionen und damit über die Werthaltigkeit der Anlage hervorzurufen.
II.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts lässt sich danach, soweit das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten als Vermittlerin der vorliegenden Anlage verneint hat, nicht aufrechterhalten.
Da Entscheidungsreife im Revisionsrechtszug nicht gegeben ist (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO), muss die Sache zur tatrichterlichen Prüfung der weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1121194 |
EWiR 2004, 543 |
ZfIR 2004, 396 |
ZBB 2004, 316 |
JWO-VerbrR 2004, 105 |