Leitsatz (amtlich)
Zu den gem. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG mitzuteilenden Informationen gehört auch die Angabe der Rechtsform des werbenden Unternehmens.
Normenkette
UWG § 5a Abs. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Köln vom 7.9.2011 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln vom 19.4.2012 abgeändert:
Der Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern wie im Urteil des LG Köln vom 19.4.2012 wiedergegeben zu werben und zur Identität des Anbieters lediglich mitzuteilen, "E. U."
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Beklagte betreibt als Einzelkaufmann unter der Firma E. U. e.K. einen Einzelhandel mit Elektro- und Elektronikgeräten. Er bewarb am 14.9.2011 unter der Überschrift "BRANDNEU VON DER IFA!" Produkte in einer mehrseitigen Zeitungsbeilage. Im unteren Drittel des Deckblatts der Beilage befanden sich die folgenden Angaben zu dem werbenden Unternehmen:
Rz. 2
Der Kläger ist der in Köln ansässige Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe e.V., zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder und insb. die Bekämpfung des unlauteren Geschäftsverkehrs gehört. Er sieht in der Angabe "E. U." ohne den Rechtsformzusatz "e.K." i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB einen Verstoß gegen § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG, weil die Identität des Werbenden nicht deutlich werde.
Rz. 3
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern wie nachstehend wiedergegeben zu werben und zur Identität des Anbieters lediglich mitzuteilen, "E. U." (es folgt die Ablichtung aus der Werbebeilage).
Rz. 4
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln WRP 2013, 191). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
I. Das Berufungsgericht hat eine im Streitfall allein in Betracht kommende Irreführung durch Unterlassen von Angaben über die Identität des anbietenden Unternehmens gem. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG verneint. Hierzu hat es ausgeführt:
Rz. 6
Zwar habe der Beklagte in der beanstandeten Werbung seine Waren so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen könne, so dass er nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG zur Angabe über seine Identität verpflichtet sei. Welche identifizierenden Angaben nach dieser Vorschrift gemacht werden müssten, bedürfe aber der Bewertung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände. Entscheidend sei, ob der Werbende seine Identität verschleiere oder ob sich die Identifizierung des Unternehmens hinreichend aus den Umständen ergebe, so dass der Verbraucher ohne Schwierigkeiten Kontakt mit ihm aufnehmen könne. Insoweit seien abkürzende und von der im Handelsregister verzeichneten vollständigen Firma abweichende Unternehmensbezeichnungen unschädlich, wenn an der Identität des Unternehmens kein Zweifel bestehe. So liege es im Streitfall. Über die Identität des unter der in der Werbung angegebenen Adresse ansässigen Unternehmens seien unter den konkreten Umständen des Streitfalls begründete Zweifel nicht ersichtlich. Eine Verwechslungsgefahr mit einem anderen tatsächlich existierenden Unternehmen habe der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt. Nichts anderes gelte für den Umstand, dass der auf den bürgerlichen Namen des Inhabers zurückgehende Firmenbestandteil "U." dem Namen eines nahegelegenen anderen Ortsteils der Gemeinde Mechernich entspreche.
Rz. 7
II. Die Revision hat Erfolg. Der Unterlassungsantrag ist begründet.
Rz. 8
Die Annahme des Berufungsgerichts, die fehlende Angabe über die Rechtsform des vom Beklagten als Einzelkaufmann betriebenen Handelsunternehmens verstoße nicht gegen § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 9
1. Gemäß § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern i.S.d. § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen der Kommunikationsmittel wesentlich ist. Nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG gilt die Information über die Identität und Anschrift des Unternehmers als wesentlich, wenn Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, es sei denn, diese Informationen ergeben sich unmittelbar aus den Umständen.
Rz. 10
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte gem. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG in der angegriffenen Werbebeilage über seine Identität informieren musste, weil in der Beilage Waren im Sinne dieser Vorschrift so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können (vgl. EuGH, Urt. v. 12.5.2011 - Rs. C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR 2011, 930 Rz. 33 = WRP 2012, 189 - Konsumentombudsmann/Ving Sverige). In der Werbebeilage des Beklagten sind konkret bezeichnete, in ihren technischen Eigenschaften beschriebene und abgebildete Elektronikprodukte unter Angabe des Preises und der Anschrift des Handelsgeschäfts des Beklagten beworben worden. Aufgrund dieser Angaben ist der Verbraucher in der Lage, eine Kaufentscheidung zu treffen.
Rz. 11
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erfordert die Pflicht zur Information über die Identität des Unternehmers i.S.v. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG auch die Angabe der Rechtsform des werbenden Unternehmens (ebenso OLG Hamm, Beschl. v. 13.10.2011 - I-4 W 84/11, juris-Rz. 20; Beschl. v. 11.8.2011 - I-4 W 66/11, juris-Rz. 6; OLG Hamburg, Beschl. v. 20.10.2011 - 5 W 134/11, juris-Rz. 5; OLG München WRP 2012, 230; Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5a Rz. 50; Seichter in jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 5a Rz. 80 f.; Nordemann in Götting/Nordemann, UWG, 2. Aufl., § 5a Rz. 140).
Rz. 12
a) Dies ergibt sich aus der Bestimmung des Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die mit § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG ins deutsche Recht umgesetzt worden ist. Danach gilt als wesentliche Information die "Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, wie sein Handelsname". Daraus folgt die Pflicht zur Identifizierung des Vertragspartners. Denn der Handelsname dient wie ein Firmenzeichen dazu, ein Geschäft und nicht Waren oder Dienstleistungen zu bezeichnen (EuGH, Urt. v. 11.9.2007 - Rs. C-17/06, Slg. 2007, I-7074 = GRUR 2007, 971 Rz. 21 = WRP 2008, 95 - Céline). Der Rechtsformzusatz ist Bestandteil der Firma und des Namens eines Einzelkaufmanns (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB), einer Personengesellschaft (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 und 3 HGB) und einer Partnerschaftsgesellschaft (§ 2 Abs. 1 PartGG). Entsprechendes gilt für Kapitalgesellschaften (§§ 4, 279 AktG; § 4 GmbHG) und Genossenschaften (§ 3 GenG).
Rz. 13
b) Die grundsätzliche Pflicht zur Angabe der Rechtsform folgt ferner aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Mit dem in Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG geregelten Transparenzgebot geht es darum sicherzustellen, dass dem Verbraucher diejenigen Basisinformationen mitgeteilt werden, die er benötigt, um eine informationsgeleitete geschäftliche Entscheidung treffen zu können (vgl. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2005/29/EG). Für eine solche informationsgeleitete Entscheidung muss der Verbraucher wissen, wer sein Vertragspartner wird (Fezer/Peifer, a.a.O., § 5a Rz. 50; Nordemann in Götting/Nordemann, a.a.O., § 5a Rz. 139), und zwar auf klare und unmissverständliche Weise (Dreyer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 5a Rz. 105). Diese Information ist zum einen erforderlich, damit der Verbraucher ohne Schwierigkeiten Kontakt mit dem anbietenden Unternehmen aufnehmen kann (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 5a Rz. 33); das ist aber nicht gewährleistet, wenn er im Falle der Auseinandersetzung mit dem Unternehmer erst dessen exakte Identität ermitteln muss (Seichter in jurisPK-UWG, a.a.O., § 5a Rz. 80.1). Darüber hinaus ist die Mitteilung der Identität des Vertragspartners aber auch für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, weil dieser dadurch in die Lage versetzt wird, den Ruf des Unternehmers im Hinblick auf Qualität und Zuverlässigkeit der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen, aber auch dessen wirtschaftliche Potenz, Bonität und Haftung einzuschätzen. Insbesondere die letztgenannten Umstände können auch von der Rechtsform des Unternehmens abhängen. Dem entspricht es, dass nach § 19 Abs. 1 HGB die Handelsfirma Angaben zur Rechtsform eines Einzelkaufmanns und einer Personengesellschaft enthalten muss. Auch dies dient dem Schutz des Geschäftsverkehrs und dem Interesse der Marktteilnehmer an der Ersichtlichkeit der Kaufmannseigenschaft und der Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse bei Personengesellschaften (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 19 Rz. 1). Nichts anderes gilt - wie dargelegt - für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften.
Rz. 14
c) Auch systematische Erwägungen sprechen dafür, dass unter den Begriff der Identität des Unternehmers i.S.v. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG auch die Angabe der Rechtsform fällt. So hat der Gesetzgeber in § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246 §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 EGBGB ebenfalls die Pflicht zur Information über die Identität des Unternehmers geregelt. Diese Bestimmungen beruhen wie § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG auf dem Grundgedanken, dass der Wettbewerbsauftritt nicht anonym erfolgen darf (Fezer/Peifer, a.a.O., § 5a Rz. 49). Für die Erfüllung der Pflicht zur Information über die Identität gem. § 312c BGB ist ebenfalls erforderlich, die Rechtsform mitzuteilen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 312c Rz. 3; Wendehorst in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 312c Rz. 17).
Rz. 15
d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es für den Umfang der nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG mitzuteilenden Informationen über die Identität des Unternehmers nicht darauf an, ob im Einzelfall konkrete Umstände dafür vorliegen, dass der Unternehmer ohne Angabe eines Rechtsformzusatzes mit einem anderen, tatsächlich existierenden Unternehmen verwechselt werden könnte. Ein solches Erfordernis lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Dem steht auch der Schutzzweck des Gesetzes entgegen, das eine klare und unmissverständliche Unterrichtung des Verbrauchers über die Identität seines Vertragspartners sicherstellen und Schwierigkeiten bei der Einholung von Informationen über den Vertragspartner und bei der Kontaktaufnahme mit ihm verhindern will. Der Umfang der Unterrichtungspflicht muss auch für den werbenden Unternehmer klar bestimmt sein und darf nicht von einer mit Unsicherheiten im Einzelfall belasteten Prüfung einer konkreten Verwechslungsgefahr abhängig gemacht werden.
Rz. 16
Nichts anderes ergibt sich aus § 5a Abs. 2 UWG. Das dort geregelte Erfordernis der Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels betrifft nicht die Frage, welche Anforderungen an die Mitteilung der Identität des Unternehmens zu stellen sind, sondern die Bewertung der Vorenthaltung dieser Information als unlauter. Anders als die gem. § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG mitzuteilenden Informationen enthält das Merkmal der Identität des Unternehmers i.S.v. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG auch keine wertenden Elemente wie "wesentlich" und "angemessen", die eine Einzelfallbetrachtung bereits auf dieser Ebene notwendig machen (vgl. zu Art. 7 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG EuGH GRUR 2011, 930 Rz. 55 f. - Konsumentombudsmann/Ving Sverige).
Rz. 17
III. Das Berufungsurteil kann daher nicht aufrechterhalten werden. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache nach den getroffenen Feststellungen zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Rz. 18
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.
Rz. 19
Wie dargelegt, erfordert die Pflicht zur Mitteilung der Identität des Unternehmers die Angabe der Rechtsform, an der es im Streitfall fehlt. Der Bewertung des Vorenthaltens der Angabe der Rechtsform als unlauter stehen im Streitfall auch nicht die Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels entgegen (§ 5a Abs. 2 UWG). Hier geht es um eine mehrseitige gedruckte Prospektwerbung. Es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich, dass es dem Beklagten nicht möglich oder zumutbar ist, dort zusätzlich zu seiner Angabe "E. U." die Bezeichnung "e.K." zu verwenden (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Da es im Streitfall um die Vorenthaltung von Informationen geht, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, ist zugleich geklärt, dass das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG erfüllt ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2011 - I ZR 190/10, GRUR 2012, 842 Rz. 25 = WRP 2012, 1096 - Neue Personenkraftwagen, m.w.N.).
Rz. 20
Die für den hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus der vom Berufungsgericht festgestellten Prospektwerbung vom 14.9.2011.
Rz. 21
IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, da keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung der Bestimmung des Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG bestehen (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 - Cilfit).
Rz. 22
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 5488794 |
DB 2013, 2327 |
DB 2013, 8 |
EBE/BGH 2013 |
GRUR 2013, 1169 |
NZG 2014, 839 |
ZIP 2013, 2329 |
JZ 2013, 677 |
MDR 2013, 1474 |
RDV 2013, 307 |
WRP 2013, 1459 |
GRUR-Prax 2013, 453 |
K&R 2013, 725 |
RdW 2013, 688 |
Mitt. 2014, 42 |