Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberater-Hotline
Leitsatz (amtlich)
1. Der durch den Anruf bei einer Steuerberater-Hotline zu Stande kommende Beratungsvertrag wird im Zweifel mit dem den Anruf entgegennehmenden Steuerberater geschlossen und nicht mit dem - zur Steuerberatung nicht befugten - Unternehmen, das den Beratungsdienst organisiert und bewirbt.
2. Der Steuerberater, der sich an einer Steuerberater-Hotline beteiligt, verstößt damit nicht gegen berufsrechtliche Verbote. Insbesondere verstößt es nicht gegen § 13 Nr. 2 StBGebV, wenn ein Steuerberater, der von einem ihm nicht näher bekannten Mandanten um telefonische Beratung gebeten wird, hierfür eine im Minutentakt berechnete Zeitgebühr vereinbart.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; StBerG §§ 2, 5 Abs. 1 S. 1, § 64 Abs. 1; StBGebV §§ 4, 13, 21 Abs. 1 S. 1; BOStB § 45 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 09.10.2001; Aktenzeichen 5 U 3550/00) |
LG Berlin (Urteil vom 14.02.2000; Aktenzeichen 97 O 188/99) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des KG v. 9.10.2001 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des LG Berlin v. 14.2.2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte unterhält und bewirbt einen Telefonanschluss, über den Interessenten gegen Entgelt eine steuerliche Beratung erhalten können. Zur Durchführung der Beratung leitet die Beklagte die Anrufe, die über die in der Werbung angegebene 0190er-Telefonnummer bei ihr eingehen, unmittelbar an mit ihr vertraglich verbundene Steuerberater weiter. Die Deutsche Telekom stellt dem Inhaber des Anschlusses, von dem aus der Anruf erfolgt, mit der Telefonrechnung den Preis von 3,63 DM pro Minute in Rechnung. Hiervon zahlt die Deutsche Telekom 2,48 DM an die Beklagte aus. Die auf diese Weise von der Telekom eingenommenen Beträge leitet die Beklagte je nach Gesprächsaufkommen an die beteiligten Steuerberater weiter, von denen sie ihrerseits eine pauschale monatliche Teilnahmegebühr sowie eine zeitabhängige Nutzungsgebühr erhält.
Die Klägerin, eine Steuerberaterkammer, hat die Ansicht vertreten, die beanstandete Telefonberatung verstoße gegen das Steuerberatungsgesetz (StBerG) und die Gebührenverordnung für Steuerberater (StBGebV). Sie hat im Verhalten der Beklagten einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG a.F. gesehen und sie auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Steuerberatung zu einem Minutenpreis von 3,63 DM für den Anrufer per Telefon/Hotline anzubieten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG Berlin v. 14.2.2000 - 97 O 188/99, MMR 2001, 61 = DStRE 2000, 613). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (KG, Urt. v. 9.10.2001 - 5 U 3550/00, MMR 2002, 635 (Ls) = DStRE 2003, 316).
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat - noch vor der erst später ergangenen Senatsentscheidung "Anwalts-Hotline" (BGH v. 26.9.2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153 = MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = CR 2003, 424 - Anwalts-Hotline) - in dem beanstandeten Angebot einen Verstoß der mitwirkenden Steuerberater gegen die Gebührenregelungen in § 64 Abs. 1 StBerG, § 4 Abs. 1, § 13 S. 1 Nr. 2 StBGebV und § 45 Abs. 4 S. 1 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB) gesehen und der Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs aus § 1 UWG a.F. zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte fördere den unlauteren Wettbewerb der Steuerberater, die sich an der telefonischen Beratung beteiligten. Diese handelten wettbewerbswidrig, da die Gefahr bestehe, dass die gesetzlichen Gebühren unter- oder überschritten und nicht geschuldete Gebühren erhoben würden. Die Steuerberatervergütungsverordnung sei auch auf die telefonische Beratung durch Steuerberater anzuwenden. Die Erhebung einer Zeitgebühr nach § 13 S. 1 Nr. 1 StBGebV komme für eine telefonische Beratung nicht in Betracht. Außerdem dürfe die in der Verordnung vorgesehene Zeitgebühr die Vergütungssätze der Verordnung nicht unter-, sondern nur überschreiten (§ 4 StBGebV). Im Übrigen sei nicht gewährleistet, dass die Rahmengebühr des § 13 S. 2 StBGebV i.H.v. 37,50 DM bis 90 DM je angefangene halbe Stunde bei der Abrechnung der telefonischen Beratung nicht unterschritten werde: Bleibe ein Beratungsgespräch unter zehn Minuten, werde die Mindestzeitgebühr des § 13 S. 2 StBGebV nicht erreicht. Auch das Gebot der Angemessenheit der Gebühren aus § 64 Abs. 1 StBerG und § 45 Abs. 4 S. 1 BOStB könne ein Unterschreiten der Gebühren nicht rechtfertigen, da die bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigenden Umstände wie der Wert des Objekts, die Art der Aufgabe und der Schwierigkeitsgrad der Leistung bei der vorliegenden Zeitabrechnung unberücksichtigt blieben.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Das von der Klägerin beanstandete Verhalten stellt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als wettbewerbswidrig dar.
1. Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 8 UWG Rz. 3.33; Bergmann in Harte/Henning, UWG, § 8 Rz. 275). Insofern hat sich ggü. der Regelung in § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F., auf die das Berufungsgericht zu Recht abgestellt hat, nichts geändert (BGH v. 16.1.1981 - I ZR 29/79, BGHZ 79, 390 [392 ff.] = MDR 1981, 639 - Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft, m.w.N.). Mit ihrer Werbung für die Dienstleistung einer Steuerberatung hat sich die Beklagte in ein konkretes Wettbewerbsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) zu den Mitgliedern des klagenden Verbandes gestellt.
2. In dem beanstandeten Verhalten der Beklagten liegt kein Angebot einer verbotenen Hilfeleistung in Steuersachen. Der Klägerin steht daher kein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 StBerG zu.
Das Berufungsgericht geht ohne nähere Begründung, aber zutreffend, aber davon aus, dass bei dem beanstandeten Geschäftsmodell der Beklagten der Vertrag über die Beratungsleistung nicht mit der Beklagten, sondern mit dem jeweils telefonisch beratenden Steuerberater zu Stande kommt. Damit handelt es sich bei der Beratung um eine nicht von der Beklagten, sondern von dem jeweiligen Steuerberater erbrachte Dienstleistung. Zwar ist es nach den äußeren Umständen zweifelhaft, zwischen wem der Vertrag über die Erbringung der Steuerberatungsleistung geschlossen werden soll. Für den Vertragsschluss mit dem telefonisch beratenden Steuerberater spricht jedoch eindeutig der Grundsatz, dass der Wille der vertragschließenden Parteien im Zweifel auf eine den Vertragszweck nicht gefährdende Gestaltung gerichtet ist.
Wäre im Streitfall das Angebot des Anrufers auf einen Vertragsschluss mit der Beklagten gerichtet, wäre der Vertragszweck gefährdet. Nach § 2 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen (vgl. hierzu § 1 StBerG) geschäftsmäßig nur von Personen oder Vereinigungen ausgeübt werden, die dazu befugt sind. Die Beklagte gehört nicht zu diesem in §§ 3, 4 StBerG näher beschriebenen Kreis. Ihr ist es daher nach § 5 Abs. 1 S. 1 StBerG versagt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Käme der Vertrag über die Beratung in einer steuerlichen Angelegenheit mit der Beklagten zu Stande, wäre er auf eine unzulässige geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen gerichtet und damit nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (BGH v. 21.3.1996 - IX ZR 240/95, BGHZ 132, 229 [231 f.] = MDR 1996, 1296, m.w.N.). Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Vertragschließenden eine derartige, von ihrem Willen unabhängige Gefährdung des Vertragszwecks nicht beabsichtigen. Ist den Umständen nicht eindeutig zu entnehmen, an welchen von zwei möglichen Adressaten sich das Angebot zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags richtet, ist daher nur diejenige Auslegung nach beiden Seiten interessengerecht, die die Nichtigkeit des angestrebten Vertrags vermeidet. Auf den Streitfall bezogen bedeutet dies, dass bei verständiger Würdigung in dem Anruf - in Ermangelung eines erkennbaren entgegenstehenden Willens des Anrufers - das Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags mit dem jeweils sich meldenden Steuerberater zu den in der Werbung im Einzelnen wiedergegebenen Bedingungen liegt (vgl. hierzu eingehend BGH v. 26.9.2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153 [157 ff.] = MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = CR 2003, 424 - Anwalts-Hotline).
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in dem von der Beklagten mit ihrem Geschäftsmodell geförderten Verhalten des telefonisch eingeschalteten Steuerberaters kein Wettbewerbsverstoß, für den die Beklagte als Teilnehmerin haftbar gemacht werden könnte. Der Steuerberater, der dem Rat Suchenden für jede Minute der Beratung 2,48 DM berechnet (die Differenz zu den insgesamt in Rechnung gestellten 3,63 DM sind die an die Deutsche Telekom fließenden Telefongebühren), verstößt nicht gegen die preisrechtlichen Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den berufsrechtlichen Mindest- oder Höchstpreisvorschriften des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung um Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG handelt (BGH v. 26.9.2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153 [162] = MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = CR 2003, 424 - Anwalts-Hotline, zur Rechtsanwaltsgebührenordnung; ferner Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 Rz. 11.139 f.). Im Falle des Verstoßes gegen derartige Bestimmungen steht Mitbewerbern und Verbänden, die - wie die Klägerin - die gewerblichen Interessen von Mitbewerbern wahrnehmen, ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, § 3 UWG zu.
b) Mit dem von der Beklagten organisierten und geförderten Steuerberatungsdienst sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine unzulässigen Gebührenunter- oder -überschreitungen verbunden.
aa) Es stellt keinen Verstoß gegen die Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung dar, dass dem Rat Suchenden für die Beratung im Streitfall eine zeitabhängige Vergütung in Rechnung gestellt wird.
Nach § 64 Abs. 1 S. 1 StBerG ist ein Steuerberater an die durch das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung erlassene Gebührenverordnung gebunden. Die Höhe der Gebühren darf nach § 64 Abs. 1 S. 3 StBerG den Rahmen des Angemessenen nicht übersteigen und hat sich nach Zeitaufwand, Wert des Objekts und Art der Aufgabe zu richten. Die telefonische Beratung wird im Allgemeinen den Gebührentatbestand des § 21 Abs. 1 S. 1 StBGebV erfüllen. Danach erhält der Steuerberater für einen mündlichen Rat oder eine Auskunft, wenn die Beratung nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, eine Gebühr i.H.v. einem Zehntel bis zehn Zehntel der vom Gegenstandswert abhängigen vollen Gebühr. Im Falle einer Erstberatung darf diese Gebühr nach § 21 Abs. 1 S. 2 StBGebV jedoch 180 EUR nicht übersteigen, was - wenn eine Mittelgebühr von 5,5/10 zu Grunde gelegt wird - ab einem Gegenstandswert von mehr als 6.000 EUR zu einer betragsmäßigen Begrenzung des Gebührenanspruchs führt.
Darüber hinaus sieht § 13 StBGebV ausdrücklich auch die Möglichkeit der Abrechnung nach einer Zeitgebühr vor. Dies gilt nach § 13 S. 1 Nr. 1 StBGebV für die in der Verordnung ausdrücklich vorgesehenen Fällen sowie nach § 13 S. 1 Nr. 2 StBGebV für den Fall, dass es keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts gibt. Ob die Anhaltspunkte genügen, ist insb. im Hinblick darauf zu beurteilen, ob der Steuerberater in der Lage ist, den Gegenstandswert ohne langwierige Zusatzermittlungen zu schätzen (Goez in Meyer/Goez, StBGebV, 4. Aufl., § 13 Rz. 10). Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob sich daraus für die Praxis in Zweifelsfällen - wie im Schrifttum teilweise angenommen (Goez in Meyer/Goez, StBGebV, 4. Aufl., § 13 Rz. 11; enger dagegen Eckert/Crusen, StBGebV, 4. Aufl., § 13 Rz. 1) - sogar generell eine Wahlmöglichkeit des Steuerberaters zwischen Wert- und Zeitgebühr ergibt. Denn ein Steuerberater, der von einem ihm nicht näher bekannten Mandanten um eine telefonische Beratung in einer Steuerangelegenheit gebeten wird, verstößt nicht gegen die Preisbestimmungen des Steuerberatungsgesetzes und der Steuerberatergebührenverordnung, wenn er hierfür unter Berufung auf § 13 S. 1 Nr. 2 StBGebV eine Zeitgebühr ansetzt. In vielen Fällen werden von vornherein Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswertes fehlen. Aber auch in den Fällen, in denen solche Anhaltspunkte an sich ermittelt werden könnten, wäre der Steuerberater vollständig auf die Angaben des ihm nicht näher bekannten Rat Suchenden angewiesen, die er in keiner Weise überprüfen könnte. Hinzu kommt, dass sich ein Anrufer, der sich an einen der von der Beklagten vermittelten Steuerberater wendet, durch seinen Anruf mit der Vereinbarung einer Zeitvergütung einverstanden erklärt. Mit der Zeitvergütung wählen die Parteien des Beratungsvertrages bewusst eine Berechnungsweise, die sich von der gegenstandswertabhängigen Berechnung vollständig löst. Dies ist für sich genommen im Streitfall nicht zu beanstanden (vgl. für den Fall der anwaltlichen Beratung, für den andere gesetzliche Gebührenbestimmungen gelten, BGH v. 26.9.2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153 [160 f.] = MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = CR 2003, 424 - Anwalts-Hotline).
bb) Die von der Beklagten vermittelten Steuerberater verstoßen auch nicht deswegen gegen die gebührenrechtlichen Bestimmungen, weil die von ihnen in Rechnung gestellten Gebühren den in der Steuerberatergebührenverordnung gesetzten Rahmen unterschreiten.
Die Zeitgebühr, die der Abrechnung eines Steuerberaters zu Grunde gelegt wird, beträgt nach § 13 S. 2 StBGebV zwischen 19 und 46 EUR je angefangene halbe Stunde. Die zeitabhängige Mindestgebühr wird damit bei der von der Klägerin beanstandeten telefonischen Beratung, für die dem Rat Suchenden ein Betrag von 2,48 DM pro Minute berechnet wird, nach 15 Minuten erreicht, die Höchstgebühr wird auch nach 30 Minuten nicht überschritten. Eine Unterschreitung des Gebührenrahmens des § 13 S. 2 StBGebV bei Gesprächen von weniger als 15 Minuten ist daher nicht auszuschließen. Erfolgt die Gebührenberechnung nicht nach Zeit, sondern nach Gegenstandswerten, liegt die Mittelgebühr (5,5/10) nach der Steuerberatergebührenverordnung mindestens bei 13,75 EUR (Gegenstandswert bis zu 300 EUR); auch bei Ausschöpfung des Gebührenrahmens (1/10 bis 10/10) darf sie 10 EUR nicht unterschreiten (§ 3 StVGebV). Bei einem Gegenstandswert von 1.500 EUR beträgt die Mittelgebühr bereits 57,75 EUR. Dies macht deutlich, dass die im Rahmen des beanstandeten Beratungsdienstes vereinbarte Vergütung i.H.v. 2,48 DM pro Minute die nach Gegenstandswerten berechneten gesetzlichen Gebühren häufig unterschreiten würde.
Die in der Steuerberatergebührenverordnung vorgesehenen Mindestgebühren betreffen jedoch allein den Fall der Abrechnung nach den gesetzlichen Gebühren. Im Streitfall geht es dagegen um die Berechnung einer vereinbarten Vergütung. Für den Fall der Gebührenvereinbarung enthält die Steuerberatergebührenverordnung keine ausdrückliche Regelung über zu beachtende Mindestsätze. Die Bestimmung des § 4 StBGebV legt lediglich die Voraussetzungen für die Vereinbarung einer höheren als der gesetzlich vorgesehenen Vergütung fest. In der Begründung zur Verordnung werden Abweichungen von den vorgesehenen Gebühren - auch hinsichtlich Gebührenunterschreitungen - in zivil- und preisrechtlicher Hinsicht ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Vielmehr wird es den beruflichen Selbstverwaltungskörperschaften überlassen, die berufsrechtlichen Grenzen einer Unter- oder Überschreitung aufzuzeigen und deren Einhaltung zu überwachen (zitiert bei Eckert/Winkler, StBGebV, 4. Aufl., § 4 Rz. 1). Dementsprechend ist in § 45 Abs. 4 S. 1 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB) v. 2.6.1997 (DStR, Beihefter zu Heft 26/1997), zuletzt geändert durch Beschluss der Satzungsversammlung v. 24.10.2001 (Satzungsversammlung, Beschl. v. 24.10.2001, DStR 2002, 518), geregelt, dass eine Unterschreitung der angemessenen Vergütung berufswidrig ist. Die Berufsordnung knüpft damit ausdrücklich nicht an die in der Steuerberatergebührenverordnung genannten Mindestgebühren, sondern an eine angemessene Vergütung an.
Unter den gegebenen Umständen kann im Streitfall in der Berechnung einer Vergütung, die den Mindestsatz des § 13 S. 1 Nr. 2 StBGebV nicht erreicht, kein Unterschreiten der angemessenen Vergütung gesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Betrag, der dem Rat Suchenden vereinbarungsgemäß für eine halbstündige Beratung in Rechnung gestellt wird, bei etwa 38 EUR und damit durchaus im Rahmen des § 13 S. 1 Nr. 2 StBGebV liegt. Die Unterschreitung ergibt sich allein dadurch, dass für eine kürzere Inanspruchnahme des Steuerberaters auch nur eine anteilige Vergütung in Rechnung gestellt wird. In dieser Abweichung von der Gebührenregelung in § 13 S. 1 Nr. 2 StBGebV liegt kein Unterschreiten der angemessenen Vergütung, sondern nur eine Abweichung im Modus der Gebührenberechnung. Während die Verordnung aus nahe liegenden Praktikabilitätsgründen einen 30-Minuten-Takt vorsieht, kommt dem Rat Suchenden, der die Vermittlung der Beklagten in Anspruch nimmt, der günstigere Zeittakt zugute, der bei der telefonischen Beratung keinerlei praktische Schwierigkeiten aufwirft. Hierin liegt keine berufswidrige Unterschreitung einer angemessenen Vergütung.
cc) Eine Gebührenüberschreitung durch den vermittelten Steuerberater ist mit dem Geschäftsmodell der Beklagten nicht verbunden. Denn die Vergütung, die der Rat Suchende dem Steuerberater über seine Telefonrechnung zahlt, überschreitet in keinem Fall den durch § 13 S. 1 Nr. 2 StBGebV gesetzten Rahmen.
dd) Gegenüber dem telefonischen Beratungsdienst kann auch nicht eingewandt werden, der vermittelte Steuerberater nehme die Vergütung auch in Fällen ein, in denen er sich - aus welchen Gründen auch immer - nicht in der Lage sehe, die erbetenen Hilfe in Steuersachen zu leisten. Es ist einem Steuerberater im Rahmen des § 13 StBGebV nicht verwehrt, mit dem Mandanten eine Zeitvergütung für ein Beratungsgespräch von angemessener Dauer auch für den Fall zu vereinbaren, dass sich der konkrete Sachverhalt nicht für eine telefonische Auskunft eignet oder es sich empfiehlt, sich hierfür an einen Steuerberater mit speziellen Kenntnissen und Erfahrungen zu wenden (BGH v. 26.9.2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153 [163] = MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = CR 2003, 424 - Anwalts-Hotline).
III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1332585 |
BB 2005, 1300 |
DStR 2005, 714 |
DStRE 2005, 680 |
DStZ 2005, 580 |
HFR 2005, 907 |
WPg 2005, 425 |
NJW 2005, 1268 |
Inf 2005, 282 |
NWB 2005, 1192 |
BGHR 2005, 856 |
Stbg 2005, 422 |
CR 2005, 442 |
GRUR 2005, 436 |
StuB 2005, 563 |
WuB 2006, 532 |
ZAP 2005, 390 |
ZIP 2005, 1192 |
MDR 2005, 1020 |
WRP 2005, 602 |
GuT 2005, 127 |
MMR 2005, 311 |
StBW 2005, 1 |
Mitt. 2005, 238 |
SJ 2005, 38 |