Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich in Ost-West-Fällen: Durchführung des Versorgungsausgleichs im Leistungsfall durch erweitertes Rentensplitting

 

Leitsatz (amtlich)

Der Durchführung des Versorgungsausgleichs im sog. Leistungsfall durch erweitertes Rentensplittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG steht nicht die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG entgegen.

 

Normenkette

VAHRG § 3b Nr. 1; VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Urteil vom 03.11.2008; Aktenzeichen 97 F 300/07)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird das Urteil des AG Cottbus vom 3.11.2008 - Az. 97 F 300/07 - hinsichtlich der Entscheidung zum Versorgungsausgleich (Ziff. 2.) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten, Vers-Nr ..., werden auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten, Versicherungsnummer ..., Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 45 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.11.2007, übertragen.

Der Monatsbetrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges.

Die Beschwerdeführerin hat den übrigen Beteiligten die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

II. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Kiefel in Hoyerswerda bewilligt.

 

Gründe

Die gem. § 621e Abs. 1 und 3 i.V.m. § 517 Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten ist mit dem Ziel der Aussetzung des Versorgungsausgleichs letztlich unbegründet. Das AG hat den Versorgungsausgleich sachlich zutreffend durchgeführt. Die teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung beruht einzig auf eingetretenen Korrekturen von Rechengrößen bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs während des Beschwerdeverfahrens. Im Einzelnen:

1. Innerhalb der vom 1.5.1982 bis zum 30.11.2007 andauernden Ehezeit haben die Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung monatliche angleichungsdynamische Anwartschaften von 452,47 EUR (Antragsteller) bzw. von 504,76 EUR (Antragsgegnerin) und die Antragsgegnerin darüber hinaus monatliche nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften von 2,87 EUR erworben.

Daneben hat der Antragsteller aus zwei privaten Leibrentenversicherungen Anrechte begründet. Das ehezeitliche Deckungskapital bei der A Lebensversicherung AG beträgt 27.080,94 EUR, dasjenige bei der N Versicherung 5.455,81 EUR. Dieses Deckungskapital hat das AG jeweils sachlich und rechnerisch zutreffend in eine dynamische Rentenanwartschaft im Wert von 121,23 EUR bzw. 24,42 EUR umgewertet.

Die genannten Versicherungsunternehmen sind nicht öffentlich-rechtlich organisiert und lassen die Realteilung nicht zu.

Die Antragsgegnerin bezieht ausweislich des Bescheides der Beteiligten vom 14.5.2007 (Bl. 9 der Sonderakte VA) mindestens seit April 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die Ausgleichsbilanz ergibt somit folgendes Bild:

Art des Versorgungsrechtes

Antragsteller

Antragsgegnerin

1. angleichungsdynamische Rechte

- gesetzliche Rentenversicherung/Ost

452,47 EUR

504,76 EUR

2. nichtangleichungsdynamische Anrechte

- gesetzliche Rentenversicherung/West

-

2,87 EUR

- Leibrenten (umgewertet)

145,65 EUR

-

2. Der Umstand, dass im Streitfall die Antragsgegnerin zwar die werthöheren angleichungsdynamischen Anrechte, der Antragsteller aber die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften erworben hat, steht mit Blick auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist nämlich der Versorgungsausgleich vor der Einkommensangleichung durchzuführen, wenn aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht aufgrund des Versorgungsausgleichs bereits Leistungen zu erbringen sind. Im Streitfall bezieht die Antragsgegnerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr entzogen werden wird, wie sich aus dem Rentenbescheid vom 14.5.2007 (Bl. 9 der Sonderakte VA) eindeutig ergibt. Diese Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist nach Maßgabe der §§ 76, 100 Abs. 1 SGB VI aufgrund des Versorgungsausgleichs, sobald dieser rechtskräftig und wirksam ist, um einen Zuschlag an entsprechenden Entgeltpunkten zu erhöhen. Selbst die Beschwerdeführerin hat mit der Auswechselung ihrer Beschwerdegründe im Schreiben vom 9.1.2009 (Bl. 81 f. d.A.) zugestanden, dass hier ein sog. Leistungsfall vorliegt, der im Grundsatz die Durchführung des Versorgungsausgleichs rechtfertigt.

3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin steht im Streitfall der Durchführung des Versorgungsausgleichs vor der Einkommensangleichung im Wege des erweiterten Rentensplittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG nicht die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG entgegen.

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