Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. März 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 362,63 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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1. Die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
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a) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Beschwerde zulässigerweise ohne mündliche Verhandlung entschieden.
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Allerdings hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 3. Januar 2005, in dem er auf die entsprechende Anfrage des Gerichts antwortete, dass er „ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Rahmen eines Gerichtsbescheides einverstanden” sei, nicht wirksam sein Einverständnis nach § 101 Abs. 2 VwGO zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung abgegeben (vgl. BFH, Urteil vom 4. September 2002 – BFH XI R 67/00 – BFHE 200, 1 m.w.N.). Die an seine Einverständniserklärung geknüpfte Bedingung, nur „im Rahmen eines Gerichtsbescheides” auf die mündliche Verhandlung verzichten zu wollen, zeigt, dass er sich die Option des § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragen zu können, grundsätzlich offen halten wollte. Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein wirksamer Verzicht auf mündliche Verhandlung klar, eindeutig und vorbehaltlos erklärt werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1982 – BVerwG 2 C 78.81 – Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 13 m.w.N.).
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Auf diesen eine wirksame Einverständniserklärung nach § 101 Abs. 2 VwGO zunächst hindernde Vorbehalt der Entscheidung durch Gerichtsbescheid kann sich der Kläger indes zur Begründung seiner Verfahrensrüge nicht mehr mit Erfolg berufen. Denn das Berufungsgericht hat durch ein Schreiben des Berichterstatters vom 10. Januar 2005 den Kläger darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 84 VwGO über den Gerichtsbescheid im Berufungsverfahren keine Anwendung finde und das Gericht deshalb die Verzichtserklärung des Klägers „als Verzicht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO” verstehe. Da der Kläger mit seinem Schreiben vom 3. Januar 2005 eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern an eine im Berufungsverfahren nicht zur Verfügung stehende prozessuale Gestaltungsmöglichkeit geknüpft hatte, war es nun an ihm, auf die berechtigte Nachfrage des Gerichts zur Klarstellung seiner Erklärung ggf. mitzuteilen, dass er die Interpretation des Gerichts, er sei uneingeschränkt mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden, ablehne. Denn der Kläger ist, wie jeder Verfahrensbeteiligte, gehalten, die ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zur Verwirklichung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, der hier durch den Gesetzgeber in seinem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung konkretisiert ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1965 – BVerwG 8 C 1.65 – BVerwGE 22, 271 ≪272 f.≫), wahrzunehmen, wenn er nicht sein Recht, eine Verletzung dieses Anspruchs rügen zu können, verlieren will (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1976 – BVerwG 6 B 77.75 – Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 5 m.w.N.). Da das Urteil des Berufungsgerichts erst mehr als zwei Monate nach dem Hinweis des Berichterstatters an den Kläger ergangen ist, hätte er ausreichend Gelegenheit gehabt, die Auffassung des Berufungsgerichts klarzustellen und auf einer mündlichen Verhandlung zu bestehen. Seine Lage ist hier nicht vergleichbar mit dem Fall, in dem ein Beteiligter auf eine erste Anfrage des Gerichts, ob er mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden ist, nicht antwortet.
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Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Berufungsverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Er bedurfte keiner Vertretung durch einen Rechtsanwalt, da er als Steuerberater nach § 67 Abs. 1 Satz 5 VwGO in Abgabenangelegenheiten vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst vertretungsberechtigt war. Auch der Streit um den Erlass der Grundsteuer ist eine solche Abgabenangelegenheit. Zudem kann die Einverständniserklärung nach § 101 Abs. 2 VwGO nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Anwaltsprozess auch durch einen nicht vertretenen Beteiligten wirksam abgegeben werden (BVerwG, Urteil vom 28. April 1981 – BVerwG 2 C 51.78 – juris Rn. 17, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 62,169, m.w.N.).
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b) Soweit die Beschwerde es als einen Gehörsverstoß beanstandet, dass der Beschluss des Berufungsgerichts vom 18. Juni 2002 über die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht begründet worden sei, genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn die Beschwerde zeigt weder auf, an welchem entscheidungserheblichen Vortrag der Kläger hierdurch gehindert gewesen sein will, obwohl die Gründe des angefochtenen Urteils nunmehr vorliegen. Die Beschwerde legt auch nicht näher dar, weshalb der Kläger durch die fehlende Begründung des Berufungszulassungsbeschlusses daran gehindert gewesen sein soll, sich umfassend mit der Berufungsbegründung des Beklagten auseinander zu setzen.
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c) Der von der Beschwerde schließlich geltend gemachte Verstoß des Berufungsgerichts gegen die richterliche Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist bereits nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde beanstandet, das Berufungsgericht hätte nicht „von einer nachhaltigen, strukturell bedingten fehlenden Nachfrage nach Wohnungen” ausgehen dürfen, ohne diese Frage vorher weiter aufzuklären. Auf Seite 5 der Entscheidungsgründe geht das Berufungsgericht indes nicht davon aus, dass eine solche Situation im Gemeindegebiet der Beklagten vorliege, sondern führt lediglich aus, dass für Mietausfälle aufgrund einer nachhaltigen, strukturell bedingt fehlenden Mietnachfrage die für einen Grundsteuererlass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen außergewöhnlichen (atypischen) Umstände nicht vorliegen. Auf Seite 6 (erster Absatz) der Urteilsgründe unterstellt das Berufungsgericht zugunsten des Klägers die von ihm geltend gemachten „langjährigen strukturellen Schwierigkeiten auf dem regionalen Mietmarkt”, weist aber zugleich darauf hin, dass sie als Anknüpfungspunkt für den begehrten Erlass nach § 33 GrStG außer Betracht bleiben müssen. Es kann der Beschwerde nicht entnommen werden und ist auch nicht erkennbar, weshalb dem Berufungsgericht sich ausgehend von diesem Rechtsstandpunkt die von der Beschwerde vermisste Sachaufklärung hätte aufdrängen sollen.
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2. Die Beschwerde vermag auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) aufzuzeigen. Eine in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung benennt die Beschwerde weder ausdrücklich, noch lässt sie sich dem Beschwerdevorbringen sinngemäß entnehmen. Die Beschwerde erschöpft sich vielmehr im Wesentlichen darin, die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und dessen Sachverhaltswürdigung in der Art einer Berufungsbegründung anzugreifen. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kann sie damit nicht erreichen.
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Soweit die Beschwerde grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erhebung der Grundsteuer geltend macht, zeigt sie schon nicht auf, wie sich hieraus eine für das Revisionsverfahren erhebliche Grundsatzfrage ergeben sollte, obwohl der Bescheid über die Festsetzung der Grundsteuer gegenüber dem Kläger bestandskräftig geworden, Gegenstand des Berufungsverfahrens hingegen allein das Begehren des Klägers auf Erlass der festgesetzten Grundsteuer ist. Aus eben diesem Grund kann es in dem angestrebten Revisionsverfahren auch nicht auf die vom Kläger angesprochenen Fragen zu europarechtlichen Einflüssen auf die Aufhebbarkeit von Bewilligungs- oder sonstigen Grundlagenbescheiden ankommen.
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3. Die Rüge einer Abweichung des Berufungsurteils von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Mai 1991 (BVerwG 8 C 13.89 – Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 24) entspricht schließlich ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde legt nicht, wie danach geboten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26), dar, dass das Berufungsgericht einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen habe.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3, § 47 GKG.
Unterschriften
Hien, Vallendar, Prof. Dr. Eichberger
Fundstellen
Haufe-Index 1494954 |
NWB 2006, 311 |