Entscheidungsstichwort (Thema)
Äquivalenzprinzip. Beitrag. Gleichbehandlungsgrundsatz. Handwerkskammer. Handwerkskammerbeitrag. Handwerksinnung. Handwerksinnungsbeitrag. Vorteil
Leitsatz (amtlich)
- Für die Gültigkeit untergesetzlicher Normen ist das Ergebnis des Rechtssetzungsaktes maßgeblich; eine Prüfung des Abwägungsvorgangs erfolgt nur, wenn eine besonders gestaltete Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven besteht.
- Es ist nicht geboten, den Beitrag zur Handwerkskammer deshalb zu ermäßigen, weil das Mitglied zugleich einer Handwerksinnung angehört.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; HwO §§ 52-54, 55 Abs. 2 Nr. 10, § 61 Abs. 2 Nr. 8, §§ 90-91, 113; IHKG § 3 Abs. 4
Verfahrensgang
VG Augsburg (Urteil vom 05.10.2005; Aktenzeichen 4 K 05.271) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin wurde am 15. Januar 1990 in die Handwerksrolle eingetragen und ist Pflichtmitglied der beklagten Handwerkskammer für Schwaben. Sie ist außerdem freiwilliges Mitglied in der Zimmerer-Innung Augsburg. Die Beklagte veranlagte sie mit Bescheid vom 9. Februar 2005 zur Zahlung des Handwerkskammerbeitrags für das Jahr 2005 in Höhe von 1 182,20 €. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2005 zurückgewiesen wurde.
Die Klägerin hat Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung der Bescheide. Sie hat insbesondere geltend gemacht, die Kammerbeiträge seien für Mitglieder, die zugleich Mitglied einer Handwerksinnung seien, nicht vorteilsgerecht bemessen worden. Zwischen der Handwerkskammer und den Innungen ergäben sich zahlreiche Aufgabenüberschneidungen. Auch “Nur-Kammermitglieder” profitierten von der Förderung ihres Handwerks durch die Innung, deren Mitglieder daher unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu Beiträgen veranlagt würden. Die Handwerksordnung lasse es zu, für “Auch-Innungsmitglieder” einen Beitragsbonus einzuführen.
Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil (GewArch 2005, 487) im Wesentlichen aus folgenden Gründen abgewiesen:
Rechtsgrundlage für den Erlass des Beitragsbescheides sei § 113 Abs. 1 und 2 der Handwerksordnung (HwO) i.V.m. § 1 Abs. 1, §§ 2, 5 und 6 der Beitragsordnung der Handwerkskammer für Schwaben vom 1. Januar 2005 und dem Beitragsbeschluss der Beklagten aus dem Jahre 2005. Die Beklagte könne zur Deckung der durch die Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammer entstehenden Kosten nach Maßgabe des § 113 HwO von ihren Mitgliedern einen jährlichen Kammerbeitrag erheben. Gemäß § 4 Abs. 1 der Beitragsordnung setze sich der Beitrag aus einem Grundbeitrag und einem Zusatzbeitrag zusammen. Der Grundbeitrag bestehe nach § 5 Abs. 1 der Beitragsordnung aus einem einheitlichen oder gestaffelten Betrag, auf den Zuschläge erhoben werden könnten. Nach § 6 der Beitragsordnung sei darüber hinaus ein Zusatzbeitrag zu erheben, der sich aus dem Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder wenn, ein solcher nicht vorliege, aus dem Gewinn aus dem Einkommenssteuergesetz errechne. Die Bemessungsgrundlage sowie die Beitragshöhe ergäben sich aus dem Beitragsbeschluss der Vollversammlung für das Jahr 2005. Die Beitragsberechnung anhand der dargestellten Rechtsgrundlagen werde von der Klägerin nicht beanstandet und biete auch keinen Anlass für eine erneute Überprüfung.
Die Klägerin könne aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Zimmerer-Innung Augsburg eine Reduzierung des Kammerbeitrags nicht verlangen. Eine solche Ermäßigung sei in der Beitragsordnung nicht vorgesehen. Auch § 113 HwO differenziere hinsichtlich der Beitragserhebung nicht nach dem Kriterium der Innungszugehörigkeit. Obwohl dem Gesetzgeber das Innungs- und Kammerwesen bekannt gewesen sei, habe er lediglich eine Staffelung nach der Leistungsfähigkeit ermöglicht. Im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Leistungsfähigkeit sei die Zahlung von Innungsbeiträgen bereits berücksichtigt worden. Die Zahlung von Innungsbeiträgen mindere als Betriebsausgabe den Gewerbeertrag und damit indirekt auch die betriebliche Leistungsfähigkeit.
Eine darüber hinausgehende Beitragsermäßigung sei nicht möglich. Die Aufnahme der Leistungskraft als Differenzierungskriterium mache im Umkehrschluss deutlich, dass eine weitere Staffelung der Kammerbeiträge vom Gesetzgeber nicht gewollt sei. Weder der Wortlaut noch die Systematik des § 113 HwO ließen insoweit einen Spielraum bei der Beitragserhebung erkennen. Daher seien § 113 HwO und die auf dieser Grundlage erlassene Beitragsordnung der Beklagten einer Auslegung unter Einbeziehung des genannten Unterscheidungsmerkmals nicht zugänglich. Ein Bonussystem für “Auch-Innungsmitglieder” könne demgemäß nur durch einen gesetzgeberischen Akt eingeführt werden.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 113 HwO bestünden keine Bedenken. Weder das Gleichbehandlungsgebot in der Ausprägung der Beitragsgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) noch der verfassungsrechtlich verankerte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz seien verletzt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Sprungrevision der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem ersten Rechtszug ihren Klageantrag weiter verfolgt und außerdem geltend macht, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Revision ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO zurückzuweisen.
1. Die Klägerin kann die Revision nicht mit Erfolg darauf stützen, dass das Verwaltungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe. Nach § 134 Abs. 4 VwGO kann die Sprungrevision nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden. Das Verbot des § 134 Abs. 4 VwGO schließt zwar nicht die Rüge von Verstößen gegen das Prozessrecht schlechthin aus (vgl. Urteile vom 11. Dezember 1978 – BVerwG 4 C 66.77 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 20 = NJW 1979, 1421 und vom 29. Juni 1983 – BVerwG 7 C 102.82 – Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 13 = NVwZ 1983, 610). Ausgeschlossen sind indessen – abgesehen von den von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmängeln – solche Rügen, die ausschließlich das Verfahren als solches betreffen, ohne materiellrechtliche Probleme aufzuwerfen. Der Vorwurf der Versagung des rechtlichen Gehörs betrifft ausschließlich das Verfahren auf dem Weg zum Urteil.
2. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
a) Nach § 113 Abs. 1 der Handwerksordnung, hier anzuwenden in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl I S. 3074), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2934) – HwO –, werden die durch die Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammer entstehenden Kosten, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, von den Inhabern eines Betriebs eines Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes nach einem von der Handwerkskammer mit Genehmigung der obersten Landesbehörde festgesetzten Beitragsmaßstab getragen. Nach § 113 Abs. 2 Satz 1 HwO kann die Handwerkskammer als Beiträge auch Grundbeiträge, Zusatzbeiträge und außerdem Sonderbeiträge erheben. Gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 HwO können die Beiträge nach der Leistungskraft der beitragspflichtigen Kammerzugehörigen gestaffelt werden.
Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum nicht revisiblen Recht richtet sich die Beitragsveranlagung nach § 1 Abs. 1, §§ 2, 5 und 6 der Beitragsordnung der Handwerkskammer für Schwaben vom 1. Januar 2005 in Verbindung mit dem Beitragsbeschluss der Beklagten aus dem Jahre 2005. Die Beklagte kann danach zur Deckung der durch die Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammer entstehenden Kosten nach Maßgabe des § 113 HwO von ihren Mitgliedern einen jährlichen Kammerbeitrag erheben. Gemäß § 4 Abs. 1 der Beitragsordnung setzt sich der Beitrag aus einem Grundbeitrag und einem Zusatzbeitrag zusammen. Der Grundbeitrag besteht nach § 5 Abs. 1 der Beitragsordnung aus einem einheitlichen oder gestaffelten Betrag, auf den Zuschläge erhoben werden können. Nach § 6 der Beitragsordnung ist darüber hinaus ein Zusatzbeitrag zu erheben, der sich aus dem Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, und wenn ein solcher nicht vorliege, aus dem Gewinn aus dem Einkommenssteuer- oder Körperschaftssteuergesetz errechnet. Die Bemessungsgrundlage sowie die Beitragshöhe ergeben sich aus dem Beitragsbeschluss der Vollversammlung für das Jahr 2005.
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Satzung der Beklagten nicht deshalb fehlerhaft, weil die zuständigen Organe bei ihrem Erlass nicht in ihre Abwägung eingestellt hätten, dass § 113 Abs. 1 und 2 HwO es zuließe, die gleichzeitige Mitgliedschaft eines Pflichtmitglieds in einer Handwerksinnung beitragsmindernd zu berücksichtigen.
Bei der richterlichen Kontrolle von (untergesetzlichen) Normen kommt es, soweit keine anderweitigen Rechtsvorschriften bestehen, auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, nicht aber auf die die Rechtsnorm tragenden Motive dessen an, der an ihrem Erlass mitwirkt. Soweit der Normgeber zur Regelung einer Frage befugt ist, ist seine Entscheidungsfreiheit eine Ausprägung des auch mit Rechtssetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens. Es wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zweckes der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Demgemäß beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle darauf, ob diese äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis überschritten sind. Die Rechtsprechung hat zu respektieren, dass der parlamentarische Gesetzgeber, der in § 113 HwO die Handwerkskammern ermächtigt hat, für die durch ihre Tätigkeit entstehenden Kosten nach einem von ihnen festzusetzenden Beitragsmaßstab die Pflichtmitglieder heranzuziehen, im Rahmen dieser Ermächtigung eigene Gestaltungsfreiräume an den Satzungsgeber weiterleitet und dass mit der Satzungsgebung vorbehaltlich gesetzlicher Beschränkungen die Bewertungsspielräume verbunden sind, die sonst dem parlamentarischen Gesetzgeber selbst zustehen. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung des Abwägungsvorgangs des Normgebers setzt daher bei untergesetzlichen Normen eine besonders ausgestaltete Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven voraus, wie sie etwa im Bauplanungsrecht vorgegeben sind. Sind solche – wie hier – nicht vorhanden, kann die Rechtswidrigkeit einer Norm mit Mängeln im Abwägungsvorgang nicht begründet werden. Entscheidend ist allein, ob das Ergebnis des Normsetzungsverfahrens den anzulegenden rechtlichen Maßstäben entspricht (zum Ganzen Beschlüsse vom 3. Mai 1995 – BVerwG 1 B 222.93 – Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 2 = GewArch 1995, 425 und vom 30. April 2003 – BVerwG 6 C 6.02 – BVerwGE 118, 128 ≪150≫ = Buchholz 442.066 § 43 TKG Nr. 2 S. 21).
c) § 113 HwO zwingt nicht dazu, die gleichzeitige Mitgliedschaft eines Pflichtmitglieds der Handwerkskammer in einer Innung bei der Bestimmung des Beitragsmaßstabes zu berücksichtigen. Ob die Vorschrift eine Beitragsbegünstigung für Handwerksinnungsmitglieder erlaubt, ist für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide unerheblich.
aa) Für die nach § 113 Abs. 1 HwO umzulegenden Kosten der Kammertätigkeit können gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 HwO als Beiträge Grund- und Zusatzbeiträge sowie Sonderbeiträge erhoben werden. Nähere Vorschriften über die Wahl der Beitragsart enthält das Gesetz nicht. Es steht somit weitgehend im normativen Ermessen der Kammern, ob und inwieweit sie umlagefähige Kosten außer durch Grundbeiträge durch Zusatzbeiträge oder Sonderbeiträge decken will. § 113 Abs. 2 Satz 2 HwO erlaubt eine Staffelung der Beiträge nach der Leistungskraft, fordert dies aber nicht zwingend (Beschluss vom 14. Februar 2002 – BVerwG 6 B 73.01 – Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 5 = GewArch 2002, 206). Soweit die Mitgliedschaft in einer anderen Organisation des Handwerks wegen der damit verbundenen Verpflichtungen die Leistungskraft des Pflichtmitglieds der Handwerkskammer im Sinne des § 113 Abs. 2 Satz 2 HwO berührt, kann dies nach dem Gesagten berücksichtigt werden, wie es nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts hier geschehen ist.
bb) Das Gesetz sieht nicht vor, dass bei der Erhebung des Beitrags zur Handwerkskammer beitragsmindernd berücksichtigt werden muss, dass das Pflichtmitglied zugleich einer Handwerksinnung angehört. Der Wortlaut des § 113 HwO gibt für eine derartige Verpflichtung nichts her. Auch systematische Gründe sprechen gegen eine obligatorische Begünstigung der Mitgliedschaft in einer Handwerksinnung. Handwerkskammern und Handwerksinnungen sind im selben Teil der Handwerksordnung über die Organisation des Handwerks geregelt worden. Wenn der Gesetzgeber die Vorstellung gehabt hätte, dass typischerweise die Mitgliedschaft in der Handwerksinnung den Vorteil des Pflichtmitglieds der Handwerkskammer aus seiner Zugehörigkeit dazu mindert, hätte es nahe gelegen, eine dies berücksichtigende Bestimmung über die Beitragserhebung zu treffen. Dies ist nicht geschehen. Demgegenüber hat der Gesetzgeber einer ähnlichen Situation durch Ermäßigung des Beitrags Rechnung getragen. Nach § 3 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl I S. 920) – IHKG – werden seit In-Kraft-Treten des Gesetzes vom 23. Juli 1998 (BGBl I S. 1887) Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind und daher regelmäßig einer Apothekerkammer angehören, (nur) mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Eine ähnliche Regelung gilt für Zugehörige zu anderen Kammern (§ 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG). Dem Gesetzgeber ist daher das Problem der Zugehörigkeit von Pflichtmitgliedern einer Kammer zu anderen Organisationen durchaus bewusst. Dennoch hat er keine Veranlassung gesehen, die Zugehörigkeit zu einer Handwerksinnung in § 113 HwO beitragsmindernd zu berücksichtigen. Daher kann nicht angenommen werden, dass dem Gesetz die Vorstellung einer Pflicht zur Berücksichtigung der Innungsmitgliedschaft zugrunde liegt.
d) Der von der Klägerin beanspruchte Beitragsrabatt ist auch nicht verfassungsrechtlich geboten.
aa) Die Mitgliedsbeiträge berufsständischer Kammern sind Beiträge im Rechtssinne (vgl. z.B. Urteile vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 = GewArch 1990, 398 und vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – BVerwGE 108, 169 = GewArch 1999, 193), deren Rechtmäßigkeit an den für Beiträge geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäben zu messen ist. Beiträge sind Gegenleistungen für Vorteile, die das Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammer zieht oder ziehen kann. Für die Beitragserhebung durch öffentlich-rechtliche Berufsorganisationen sind das Äquivalenzprinzip ebenso wie der Gleichheitssatz zu beachten (Beschluss vom 25. Juli 1989 – BVerwG 1 B 109.89 – Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 19 = GewArch 1989, 328 und Urteil vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – a.a.O.). Das Äquivalenzprinzip fordert, dass zwischen der Höhe des Beitrags und dem Nutzen des Mitglieds ein Zusammenhang besteht. Die Höhe des Beitrags darf nicht in einem Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den er abgelten soll (Urteile vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – a.a.O. und vom 3. September 1991 – BVerwG 1 C 24.88 – Buchholz 451.45 § 73 HwO Nr. 1 S. 3 = GewArch 1992, 28). Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, niemanden im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, ohne dass zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen (Urteil vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 45.87 – a.a.O.). Für die Erhebung vorteilsbezogener Mitgliedsbeiträge durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bedeutet dies, dass wesentlichen Verschiedenheiten der Mitglieder Rechnung getragen werden muss. Die Beiträge müssen auch im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht bemessen werden (Urteil vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – BVerwGE 108, 169 ≪179≫ = Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 4 S. 17 = GewArch 1999, 193 ≪195≫)
bb) Weder das Äquivalenzprinzip noch der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordern es, die Zugehörigkeit eines Pflichtmitglieds der Handwerkskammer zur Handwerksinnung bei der Veranlagung zum Handwerkskammerbeitrag zu berücksichtigen. Eine derartige Doppelmitgliedschaft reduziert weder in signifikanter Weise den durch die Mitgliedschaft in der Handwerkskammer vermittelten Vorteil, noch führt sie zu einer vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigten Gleichbehandlung von “Nur-Kammermitgliedern” und “Auch-Kammermitgliedern”. Die Ungleichheiten der beiden Gruppen sind im Hinblick auf den Vorteil aus der Mitgliedschaft in der Handwerkskammer nicht so bedeutsam, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Dies gilt umso mehr, als einer etwaigen faktischen Ungleichheit in der tatsächlichen Inanspruchnahme von Kammerleistungen wegen der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft in der Handwerksordnung ohne weiteres ausgewichen werden kann. Die Einschätzung des Gesetzgebers, die Mitgliedschaft in der Handwerksinnung müsse nicht zur Bildung einer dies berücksichtigenden Gruppe gesondert zu behandelnder beitragspflichtiger Kammermitglieder führen, ist daher nicht zu beanstanden.
(1) Handwerkskammern und Handwerksinnungen sind als Körperschaften öffentlichen Rechts (§ 90 Abs. 1 HwO, § 53 Satz 1 HwO) Teile der im weiteren Sinne staatlichen Verwaltung (vgl. für Innungen BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 1984 – 1 BvR 35, 356, 794/82 – BVerfGE 68, 193 ≪208≫). Die Handwerkskammern werden von der obersten Landesbehörde errichtet (§ 90 Abs. 5 Satz 1 HwO).
Zur Handwerkskammer gehören nach § 90 Abs. 2 HwO die Inhaber eines Betriebs eines Handwerks und eines handwerksähnlichen Gewerbes des Handwerkskammerbezirks sowie die Gesellen, andere Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und die Lehrlinge dieser Gewerbetreibenden. Ferner gehören dazu unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auch die Personen, die im Kammerbezirk eine gewerbliche Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HwO ausüben (§ 90 Abs. 3 HwO).
Zu einer Handwerksinnung können sich gemäß § 52 Abs. 1 HwO Inhaber von Betrieben des gleichen zulassungspflichtigen Handwerks oder des gleichen handwerksähnlichen Gewerbes oder solcher Handwerke oder handwerksähnlicher Gewerbe, die sich fachlich oder wirtschaftlich nahe stehen, zur Förderung ihrer gemeinsamen gewerblichen Interessen innerhalb eines bestimmten Bezirks zusammenschließen. Nach § 59 HwO kann die Handwerksinnung auch Gastmitglieder aufnehmen, die dem Handwerk, für das die Innung gebildet ist, beruflich oder wirtschaftlich nahe stehen. Gesellen, andere Arbeitnehmer und Lehrlinge gehören den Innungen nicht an.
Handwerkskammern stellen sich danach als vom Staat gegründete, auf Pflichtmitgliedschaft beruhende Körperschaften öffentlichen Rechts dar, während die Handwerksinnungen durch Eigengründung und freiwillige Zugehörigkeit gekennzeichnete Körperschaften öffentlichen Rechts sind, die in ihrem Bestand auch vom Willen ihrer Mitglieder abhängen (§ 61 Abs. 2 Nr. 8, § 55 Abs. 2 Nr. 10 HwO). Die Mitgliedschaft in den Handwerkskammern setzt sich aus den Betriebsinhabern, Gesellen, Arbeitnehmern und Lehrlingen zusammen, während Mitglieder der Innungen lediglich Betriebsinhaber sind.
Die Bezirke der Handwerkskammern decken sich gemäß § 90 Abs. 5 HwO in der Regel mit dem der höheren Verwaltungsbehörde. Der Innungsbezirk bestimmt sich gemäß § 52 Abs. 2 und 3 HwO nach verschiedenen Kriterien und deckt sich tatsächlich in der Regel mit dem Gebiet einer kreisfreien Stadt oder eines Landkreises (Detterbeck, GewArch 2005, 271 ≪273≫).
Handwerkskammern werden zur Vertretung des Interesses des Handwerks errichtet (§ 90 Abs. 1 HwO). Der Aufgabenbereich der Handwerkskammern ist in § 91 HwO im Wesentlichen, aber nicht abschließend aufgeführt. Danach obliegt es der Handwerkskammer, die Interessen des Handwerks zu fördern und für einen gerechten Ausgleich der Interessen der einzelnen Handwerke und ihrer Organisationen zu sorgen, die Behörden in der Förderung des Handwerks durch Anregungen, Vorschläge und durch Erstattung von Gutachten zu unterstützen und regelmäßig Berichte über die Verhältnisse des Handwerks zu erstatten (§ 91 Abs. 1 Nr. 1, 2 HwO). Weitere Aufgaben sind u.a., die Handwerks- und Lehrlingsrolle zu führen, die Berufsausbildung zu regeln, Prüfungsordnungen zu erlassen (Nr. 3, 4, 4 a, 5, 6), die technische und betriebswirtschaftliche Fortbildung der Meister und Gesellen zur Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit des Handwerks zu fördern (Nr. 7), Sachverständige zu bestellen und zu vereidigen (Nr. 8), Vermittlungsstellen zur Beilegung von Streitigkeiten einzurichten (Nr. 11), Ursprungszeugnisse über die in Handwerksbetrieben gefertigten Erzeugnisse auszustellen (Nr. 12) sowie Maßnahmen zur Unterstützung Not leidender Handwerker, Gesellen und anderer Arbeitnehmer zu treffen und zu unterstützen (Nr. 13). Diese und weitere Aufgaben (Stellungnahmen nach § 8 Abs. 3 HwO, § 21 Abs. 7 HwO, § 24 Abs. 3 HwO, Genehmigung der Innungssatzung nach § 56 HwO, Bescheinigung über Zugehörigkeit zum Innungsvorstand nach § 66 Abs. 3 HwO, Genehmigung bestimmter Beschlüsse der Innungsversammlung nach § 61 Abs. 3 HwO, Aufsicht über die Innung und Auflösung der Innung nach §§ 75, 76 HwO) sind Pflichtaufgaben.
Aufgabe der Handwerksinnung ist, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern (§ 54 Abs. 1 Satz 1 HwO). Insbesondere hat sie den Gemeingeist und die Berufsehre zu pflegen und ein gutes Verhältnis zwischen Meistern, Gesellen und Lehrlingen anzustreben (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 HwO), entsprechend den Vorschriften der Handwerkskammer die Lehrlingsausbildung zu regeln und zu überwachen sowie für die berufliche Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern, die Gesellenprüfungen abzunehmen und hierfür Gesellenprüfungsausschüsse zu errichten, sofern sie von der Handwerkskammer dazu ermächtigt ist (§ 54 Abs. 1 Nr. 3 und 4 HwO), das handwerkliche Können der Meister und Gesellen zu fördern (§ 54 Abs. 1 Nr. 5 HwO), bei der Verwaltung der Berufsschulen gemäß den bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen mitzuwirken (§ 54 Abs. 1 Nr. 6 HwO), das Genossenschaftswesen im Handwerk zu fördern (§ 54 Abs. 1 Nr. 7 HwO), über Angelegenheiten der in ihr vertretenen Handwerke den Behörden Gutachten und Auskünfte zu erstatten (§ 54 Abs. 1 Nr. 8 HwO), die sonstigen handwerklichen Organisationen und Einrichtungen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen (§ 54 Abs. 1 Nr. 9 HwO) und die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen (§ 54 Abs. 1 Nr. 10 HwO). Die Handwerksinnung soll darüber hinaus nach § 54 Abs. 2 HwO zwecks Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe ihrer Mitglieder Einrichtungen zur Verbesserung der Arbeitsweise und der Betriebsführung schaffen und fördern, bei der Vergebung öffentlicher Lieferungen und Leistungen die Vergebungsstellen beraten und das handwerkliche Pressewesen unterstützen. Außerdem haben die Handwerksinnungen nach § 54 Abs. 3 HwO bestimmte fakultative Aufgaben namentlich im Bereich des Abschlusses von Tarifverträgen und der Unterstützungskassen. Die Handwerksinnung kann schließlich nach § 54 Abs. 4 HwO auch sonstige Maßnahmen zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Innungsmitglieder durchführen.
Diese Aufgabenverteilung führt zu dem Schluss, dass die Handwerkskammern auf die Vertretung der Interessen des Handwerks insgesamt und auf einen Ausgleich der Interessen der einzelnen Handwerke ausgerichtet sind. Die Aufgaben der Handwerkskammern werden vom Gesetz als so bedeutsam angesehen, dass ihre Wahrnehmung durch eine Selbstverwaltungskörperschaft die Anordnung einer Zwangsmitgliedschaft der Gewerbetreibenden rechtfertigt (vgl. Urteil vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – (Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 4 = GewArch 1999, 193).
Demgegenüber beschränkt sich die Aufgabenwahrnehmung der Handwerksinnungen im Wesentlichen auf die einzelnen Gewerke und auf die Förderung der Interessen ihrer Mitglieder, also der Betriebsinhaber. Ihre Aufgaben sind teilweise Pflichtaufgaben, zu einem nicht unerheblichen Teil aber Soll- oder Kann-Aufgaben. Die Aufgabenwahrnehmung erfordert nach der Wertung des Gesetzes keine Pflichtmitgliedschaft. Innungen sind, soweit sie keine Pflichtaufgaben erfüllen, Interessenvertretungen ihrer Mitglieder (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 31. Oktober 1984 – 1 BvR 35, 356, 794/82 – BVerfGE 68, 193 ≪208≫ und vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 449, 523, 700, 728/82 – BVerfGE 70, 1 ≪20≫). Sie sind jedenfalls auch berufsständische Organisationen, denen unter den Voraussetzungen des § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO sogar Tariffähigkeit zukommen kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1966 – 1 BvL 24/65 – BVerfGE 20, 317 = GewArch 1967, 83).
Nach alledem bestehen zwischen den Handwerkskammern und den Innungen ungeachtet ihrer gemeinsamen Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Handwerksorganisation sowohl mit Blick auf ihre personelle Grundlage als auch – und vor allem – hinsichtlich ihres Auftrages und des Einrichtungszwecks wesentliche Unterschiede, die Aufgabenüberschneidungen weitgehend ausschließen. Wie bereits ausgeführt, besteht die Grundaufgabe der Handwerkskammer gemäß § 90 Abs. 1 HwO in der Vertretung der Interessen des Handwerks (und, wie gemäß § 91 Abs. 4 HwO hinzuzufügen ist, derjenigen der handwerksähnlichen Gewerke). Diese Aufgabe geht über die in § 54 Abs. 1 HwO den Innungen zugewiesene Aufgabe der Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Inhaber von Betrieben des gleichen zulassungspflichtigen Handwerks oder des gleichen zulassungsfreien Handwerks oder sich fachlich nahe stehender Handwerke oder handwerksähnlicher Gewerke weit hinaus. Zudem erstreckt sich die den Handwerkskammern auferlegte Vertretung der Interessen des Handwerks auf einen regelmäßig größeren räumlichen Bereich mit entsprechend weiterem Entscheidungspotential der als Ansprechpartner der Kammer in Betracht kommenden Entscheidungsträger in Verwaltung und Wirtschaft. Die von Pflichtmitgliedern getragenen Handwerkskammern haben ihre Aufgaben grundsätzlich unabhängig davon zu erfüllen, ob und inwieweit in ihrem Bezirk zugleich aufgrund der Initiative der Betriebsinhaber für einzelne Handwerke Innungen bestehen, welche die Interessen ihres jeweiligen Handwerks fördern. Soweit dies der Fall ist, handelt es sich um eine zusätzliche Aufgabenerfüllung aus der Sicht der einzelnen Handwerke und damit im Ergebnis um eine sich wechselseitig verstärkende, umfassende Förderung der berufsständischen Belange des Handwerks unter verschiedenen Gesichtspunkten (vgl. Detterbeck, GewArch 2005, 321). Das Verhältnis zwischen den Handwerkskammern und den Innungen ist daher nicht von Aufgabenüberschneidungen, sondern von Komplementarität der Aufgabenerfüllung gekennzeichnet.
Soweit sich Aufgabenüberschneidungen hinsichtlich konkreter Aufgabenzuweisungen im Einzelnen ergeben können, z.B. im Rahmen der Förderung des Genossenschaftswesens, der Erstattung von Gutachten, der Erteilung von Auskünften, der Betriebs-, Steuer- und (soweit zulässig) der Rechtsberatung, der Errichtung von Inkassostellen, der Berufsbildung (im Einzelnen Detterbeck, GewArch 2005, 271 ≪273 f.≫), betrifft dies nur einen beschränkten Teil der Gesamtaufgaben der Handwerkskammern und trägt in diesem Umfang dem Gedanken Rechnung, dass die gesamte Handwerksorganisation auch dem einzelnen Handwerker durch Rat und Tat zur Seite stehen soll (Urteil vom 16. Mai 1957 – BVerwG 1 C 174.54 – BVerwGE 5, 74 ≪78≫), kann aber nicht die grundsätzlichen Unterschiede in der Aufgabenzuweisung verwischen. Dafür ist es ohne Bedeutung, ob sich aus der Ausgestaltung bestimmter Aufgaben der Handwerksinnung als Soll- oder als Kann-Aufgaben ableiten lässt, dass darin der Gedanke der Subsidiarität der Innungsaufgaben gegenüber den der Handwerkskammer als Pflichtaufgaben übertragenen Tätigkeitsfeldern zum Ausdruck kommt (so Badura/Kormann, GewArch 2005, 99 ≪105≫). Auch wenn die Innungen auch insofern originäre Aufgaben wahrzunehmen haben sollten oder doch jedenfalls nicht durch eine gleichartige Aufgabenwahrnehmung durch die Handwerkskammer an ihrer Erfüllung gehindert wären, hätte diese angesichts des abweichenden personellen und räumlichen Bezugs nur eine beschränkte Bedeutung, die die Aufgabenwahrnehmung durch die Handwerkskammer nicht im Kern berührt.
(2) Unter diesen Umständen verstößt die Beitragserhebung der Handwerkskammern ohne Beitragsrabatt für Innungsmitglieder – entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin und Detterbecks, auf dessen Abhandlung (GewArch 2005, 271, 321) sie sich wesentlich stützt – nicht deshalb gegen das Äquivalenzprinzip, weil wegen der Wahrnehmung von Aufgaben der Handwerkskammern auch durch die Innungen die Mitgliedschaft in der Handwerkskammer für die Innungsmitglieder geringeren (auch sog. “mitgliedschaftlichen”) Nutzen hätte (vgl. S. 323 a.a.O.). Wie ausgeführt, ist eine gleichgerichtete Aufgabenwahrnehmung durch Handwerkskammern und Handwerksinnungen wegen der unterschiedlichen Grundaufgaben, der unterschiedlichen Mitgliederstruktur und des unterschiedlichen räumlichen Wirkungskreises der genannten Institutionen eher selten und bei typisierender Betrachtungsweise fast zu vernachlässigen. Der Nutzen der Kammermitglieder aus der Kammertätigkeit ergibt sich aus der umfassenden und ausgleichenden Interessenwahrnehmung durch die Handwerkskammer. Er wird nicht dadurch gemindert, dass Handwerksinnungen sektorspezifisch der Interessenwahrnehmung der Betriebsinhaber verpflichtet sind. Dieser Umstand verringert nicht die Möglichkeit dieser Kammermitglieder, die Vorteile aus der Aufgabenwahrnehmung durch die Handwerkskammer in Anspruch zu nehmen. Soweit die Handwerkskammer ähnlich wie die Innungen neben der Verfolgung der gemeinschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder spezielle Leistungen für einzelne Betriebe oder Betriebsinhaber anbieten, verhält es sich nicht wesentlich anders. Auch insoweit können alle Kammermitglieder die durch die Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammer vermittelten Vorteile in gleicher Weise in Anspruch nehmen, und zwar unabhängig davon, ob sie als Mitglieder der Handwerksinnung deren Leistungen in Anspruch nehmen. Der Vorteil aus der Kammerzugehörigkeit, der die Erhebung des Beitrags rechtfertigt, besteht bereits in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der gebotenen Leistungen und wird durch ein ähnliches Leistungsangebot der Innung nicht oder jedenfalls nicht in rechtserheblicher Weise reduziert. Sollten einzelne Aufgaben von beiden Organisationen deckungsgleich erfüllt werden, so stellte sich überdies mit Blick auf die gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft und die darin zum Ausdruck kommende erhöhte Bedeutung der Handwerkskammern allenfalls die Frage nach der Notwendigkeit einer Aufgabenwahrnehmung durch die betreffenden Handwerksinnungen.
Soweit sich die gesetzliche Aufgabe der Handwerkskammer auf bestimmte Gruppen von Betrieben nicht erstreckt, können diese allerdings nicht zu Beiträgen zur Deckung von Kosten herangezogen werden, die in Erfüllung dieser Aufgabe entstehen; ein Vorteil, der die Erhebung eines Beitrags rechtfertigen könnte, scheidet insoweit von vornherein aus (vgl. Urteil vom 3. September 1991 – BVerwG 1 C 24.88 – Buchholz 451.45 § 73 HwO Nr. 1 = GewArch 1992, 28 ≪zu Innungsbeiträgen von Mischbetrieben≫). Dem Gesetz lässt sich indessen nichts dafür entnehmen, dass die Aufgabenwahrnehmung durch die Handwerkskammern sich ganz oder teilweise nicht auf Innungsmitglieder erstreckt. Ob und in welchem Umfang mögliche Leistungen der Handwerkskammer durch Handwerksinnungsmitglieder tatsächlich in Anspruch genommen werden, ist, wie bereits ausgeführt, ohne Bedeutung.
(3) Es ist auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) erkennbar. Die von der Klägerin (im Anschluss an Detterbeck, GewArch 2005, 321 ≪324≫) befürwortete Gruppenbildung von “Nur-Handwerkskammermitgliedern” einerseits und “Auch-Handwerksinnungsmitgliedern” andererseits ist weder in der Handwerksordnung angelegt noch zur Wahrung des in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten Gleichbehandlungsgebots geboten. Der Hinweis auf das bereits angeführte Urteil vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – (BVerwGE 108, 169 ≪179≫ = Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 4 S. 17 = GewArch 1999, 193 ≪195≫) geht fehl. In dieser Entscheidung waren Sonderbeiträge zur Deckung von Kosten der überbetrieblichen Ausbildung zu beurteilen, die hinsichtlich der einzelnen Gewerke deutlich unterschiedliche Höhe haben konnten. Insoweit war eine Gruppenbildung nach einzelnen Gewerken zur Erzielung der Beitragsgerechtigkeit in Betracht zu ziehen. Hier geht es nicht um Sonderbeiträge, sondern um die Beiträge zur Deckung der anderweitig nicht gedeckten Kosten der Wahrnehmung der allgemeinen Aufgaben der Handwerkskammer. Aus den dargestellten Gründen ist nicht zu erkennen, dass diese typischerweise in Bezug auf “Auch-Innungsmitglieder” einen geringeren Aufwand verursacht als hinsichtlich der “Nur-Kammermitglieder”. Das hat das Verwaltungsgericht auch nicht festgestellt.
Soweit auf den unterschiedlichen Gesamtbeitrag der “Nur-Kammermitglieder” und der “Auch-Innungsmitglieder” zur Förderung des Handwerks insgesamt hingewiesen wird (Detterbeck, GewArch 2005, 321 ≪325≫), muss dem die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft in der Handwerksinnung entgegengehalten werden. Es beruht allein auf der freien Entscheidung des “Auch-Innungsmitglieds”, wenn es durch die Doppelmitgliedschaft einen größeren Gesamtbeitrag zur Förderung des Handwerks insgesamt leistet. Die in der freiwilligen Mitgliedschaft zur Handwerksinnung zum Ausdruck kommende Wertschätzung der Innungsarbeit muss nicht in Bezug auf die mit Pflichtmitgliedschaft versehene Handwerkskammer beitragsmindernd berücksichtigt werden. Dass die Handwerkskammermitglieder, die auch Innungsmitglieder sind, aufs Ganze gesehen einen größeren Beitrag zur Förderung des Handwerks leisten als “Nur-Kammermitglieder”, ist nicht eine Folge des Handwerkskammerbeitrags, sondern des Umstandes, dass die Mitgliedschaft zur Handwerksinnung freiwillig ist, während für die Handwerkskammern eine Pflichtmitgliedschaft angeordnet ist. Infolgedessen können die zugleich einer Innung angehörenden Kammermitglieder von der Handwerkskammer nicht verlangen, dass diese ihnen mit dem Innungsbeitritt verbundene zusätzliche Beitragsbelastung teilweise abnimmt und damit zu Lasten der übrigen Kammermitglieder mittelbar zur Finanzierung der Innungstätigkeit beiträgt.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich, Vormeier, Dr. Bier
Fundstellen
BVerwGE 2006, 384 |
GewArch 2006, 341 |
BayVBl. 2007, 89 |
NordÖR 2006, 236 |
RÜ 2006, 598 |