Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 85/337/EWG. Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren. Recht zur Anfechtung von Entscheidungen über die Genehmigung von Projekten, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist
Beteiligte
Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening |
Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening |
Stockholms kommun genom dess marknämnd |
Tenor
1. Ein Projekt wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das die Ableitung von in den Stromleitungstunnel eindringendem Wasser und die Einleitung von Wasser in den Grund oder das Gestein, um eine etwaige Grundwasserabsenkung auszugleichen, einschließlich der Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Ableitung und Einleitung betrifft, fällt unabhängig von der endgültigen Bestimmung des Grundwassers und insbesondere unabhängig von einer späteren Verwendung des Grundwassers unter Nr. 10 Buchst. l des Anhangs II der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung.
2. Den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung muss es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte.
3. Art. 10a der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung steht einer nationalen Rechtsvorschrift entgegen, die das Recht auf Anfechtung einer Entscheidung über einen Vorgang im Sinne dieser Richtlinie in geänderter Fassung Umweltschutzvereinigungen vorbehält, die mindestens 2 000 Mitglieder haben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Högsta domstol (Schweden) mit Entscheidung vom 29. Mai 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juni 2008, in dem Verfahren
Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening
gegen
Stockholms kommun genom dess marknämnd
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer J.-C. Bonichot (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterin C. Toader sowie der Richter C. W. A. Timmermans, K. Schiemann und L. Bay Larsen,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, vertreten durch P. Schönning und G. Högberg Björck, jur kand,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, K. Petkovska, C. Meyer-Seitz und S. Johannesson als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-B. Laignelot und P. Dejmek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 2. Juli 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/337).
Rz. 2
Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening (Umweltschutzvereinigung für Djurgården-Lilla Värtan, im Folgenden: Miljöskyddsförening) und der Stockholms kommun genom dess marknämnd (Gemeinde Stockholm, im Folgenden: Stockholms kommun).
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Die Richtlinie 2003/35
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 2003/35 bestimmt:
„Ziel dieser Richtlinie ist es, zur Erfüllung der Pflichten aufgrund des [im Namen der Europäischen Gemeinschaft mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005, ABl. L 124, S. 1, abgeschlossenen] Århus-Übereinkommens [über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten] beizutragen, insbesondere durch
- Bestimmungen über eine Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und
- eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung sowie Bestimmungen über den Zugang zu den Gerichten im Rahmen der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates.”
Die Richtlinie 85/337
Rz. 4
Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 sieht Folgendes vor:
„Im Sinne dieser Richtlinie sind:
…
‚Öffentlichkeit’: Eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in ...