Entscheidungsstichwort (Thema)
Zzgl. Service Entgelt
Leitsatz (amtlich)
Die Sternchenwerbung für eine (bestimmte) Kreuzfahrt mit "EUR 555 p.P. zzgl. Service Entgelt*" und Bezugstext, wonach pro "beanstandungsfrei an Bord verbrachter Nacht" ein Entgelt i.H.v. 7 EUR zusätzlich anfalle, ist wegen fehlender Endpreisangabe unlauter und unzulässig.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; PAngV § 1 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 27.12.2012; Aktenzeichen 101 O 170/12) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 101 des LG Berlin vom 27.12.2012 - 101 O 170/12 - geändert:
Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher für Schiffsreisen mit der Ankündigung von Preisen zu werben, ohne den jeweiligen Endpreis zu nennen, insbesondere ohne ein obligatorisch erhobenes Serviceentgelt in den Endpreis einzurechnen, sofern dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 567 ff. ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die begehrte einstweilige Verfügung ist zu erlassen. Zu Unrecht hat das LG einen (dringenden) lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin verneint.
1. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG liegen - wovon zuletzt auch das LG in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 17.1.2013 in Ansehung des insoweit nachbessernden Beschwerdevorbringens mit Recht ausgegangen ist - vor. Insbesondere gehört dem Antragsteller eine erhebliche Anzahl von Unternehmen an (glaubhaft gemacht mit Anlagen A 7 und A 8), die Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art - hier: (Schiffs-) Reisen - auf demselben Markt vertreiben wie die Antragsgegnerin. Der Senat hat dies in einem vom Antragsteller erstrittenen Urteil aus dem Jahr 2011 umfassend geprüft und aufgrund der - auch hier vom Antragsteller glaubhaft gemachten - Mitgliedschaften der O.KG, V...GmbH, B.GmbH und Q...GmbH so angenommen (vgl. Senat Magazindienst 2012, 39, 40). Daher kann auch im Streitfall davon ausgegangen werden, zumal hier ferner die (aktuelle) Mitgliedschaft von (u.a.) zwei marktstarken Internet-Hotelübernachtungsvermittlern glaubhaft gemacht wird, nämlich B.GmbH und H...GmbH.
2. Der Unterlassungsanspruch (dessen Dringlichkeit gem. § 12 Abs. 2 UWG zu vermuten ist) folgt aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV.
a) Die seitens der Antragsgegnerin zu verantwortende Schaltung der im Verbotsausspruch wiedergegebenen Werbeanzeige in der "Berliner Zeitung" vom 10./11.11.2012 (Anlage A 1) stellt eine unlautere geschäftliche Handlung i.S.v. § 3 UWG dar. Denn gem. § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. So verhält es sich hier.
aa) Im Streitfall handelt die Antragsgegnerin der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV zuwider, bei welcher es sich um eine Marktverhaltensregelung im vorstehenden Sinne handelt (vgl. BGH GRUR 2010, 652, Tz. 11 - Costa del Sol). Nach dieser Vorschrift hat, wer - wie im Streitfall die Antragsgegnerin - als Anbieter von Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).
bb) In der streitgegenständlichen Anzeige wirbt die Antragsgegnerin gegenüber Letztverbrauchern für eine angebotene Kreuzfahrt von 8 Tagen und 7 Nächten auf einer bestimmten Route (mehrmals durchgeführt zu bestimmten Zeiten im November und Dezember 2012). In der Anzeige heißt es u.a.:
inkl. Flug ab/bis Berlin ab EUR 555 p.P. zzgl. Service Entgelt*
Der dazugehörige Sternchentext lautet:
*F...Preise zzgl. Service Entgelt. Am Ende der Kreuzfahrt fällt zusätzlich ein Entgelt i.H.v. EUR 7 pro Erw. und beanstandungsfrei an Bord verbrachter Nacht an. Ausführliche Informationen zum Service Entgelt finden Sie im aktuellen M...Kreuzfahrtenkatalog.
cc) Entgegen der Auffassung des LG ist die Angabe
ab EUR 555 p.P. zzgl. Service Entgelt
nicht der korrekte Endpreis. Dieser beträgt vielmehr (ab) 604 EUR (nämlich 555 EUR + 7x7 EUR). Denn das so bezeichnete "Service Entgelt" ist - so wie es sich in der Werbung darstellt - kein freiwillig zu entrichtender Betrag (etwa nach der Art eines "Trinkgeldes"), sondern ein verbindlicher Preisbestandteil und sonach in den Endpreis mit hineinzurechnen.
Es handelt sich bei dem Serviceentgelt - anders als das LG meint - sehr wohl um einen endgültig bezifferbaren Preisbestandteil. Denn die Zahl der Nächte steht fest (7). Und entgegen dem ...